Der Fehlerteufel hat sich in unsere Oktoberausgabe (Mein Pferd 10/2015) geschlichen! Leider haben wir versehentlich das gleiche Editorial wie in der Septemberausgabe abgedruckt, dafür möchten wir uns entschuldigen. Damit Sie trotzdem nicht auf den Text verzichten müssen, gibt es ihn hier zum nachlesen:

Von Gewinnern und Verlierern

Die Pferdeszene ist voller Sprüche, teils gut gemeinter, teils auch bösartiger, auf die man getrost verzichten könnte. Aber wenn es einen gibt, den ich niemals mit auf eine einsame Insel nehmen würde, fällt mir sofort dieser ein: „Wenn du deinem Pferd das durchgehen lässt, hat es gewonnen. Alleine das Schreiben dieses Satzes macht mich schon wütend. Denn es gibt kaum eine Aussage, die so falsch ist und zugleich von so vielen Menschen geglaubt wird – mit zum Teil schlimmen Folgen für die Pferde.

Worum geht es einem Pferd, aus seiner Sicht? Um das tägliche Überleben. Was gehört im Wesentlichen dazu? Futter, Wasser, Artgenossen. Ein Pferd hat dann gewonnen, wenn es überlebt, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Der Mensch versteht unter „gewinnen“ aber etwas völlig anderes. Gewinnen bedeutet für ihn, besser zu sein als der andere. Das meint auch: Höher stehen als der andere. Das Siegerpodest ist dafür das Symbol. Der Sieger thront über allen anderen. Der Zweite ist der erste Verlierer – ein schöner Spruch aus der Menschenwelt. Aber was, wenn der zweite eines Hundertmeterlaufs seine persönliche Bestzeit gelaufen hat, der erste aber „nur“ seine Viertschnellste? Wer war dann wirklich besser, hat eine größere Leistung erbracht? Ich bin der festen Überzeugung, dass jeder sich nur mit sich selbst messen sollte, nicht mit anderen. Dann geht es auch nicht mehr darum, um jeden Preis zu gewinnen, sondern aus der gegebenen Situation das Beste zu machen.

Auf die Pferdewelt übertragen bedeutet das: Möchte ein Pferd zum Beispiel partout nicht in den Hänger gehen, wird derjenige, der gewinnen möchte, alles dransetzen, damit es hineingeht – ohne nach den wahren Ursachen für das Verhalten seines Vierbeiners zu fragen. Der Mensch gewinnt, das Pferd verliert. Wer dagegen das Beste aus einer Situation machen möchte, stellt nüchtern fest, dass es ein „Problem“ gibt. Er versucht aus dieser Situation das Beste zu machen und gibt sich erst einmal mit wenig zufrieden. Dann versucht er die Situation aus Pferdesicht zu sehen und arbeitet mit dem Pferd an einer gemeinsamen Lösung. Es gibt keinen Gewinner und keinen Verlierer, weil es darum nicht geht.

Ihr Ilja van de Kasteele

(Foto: IMAGO/Westend61)

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