Text: Lara Wassermann         Foto: www.slawik.com

Schlechtes Heu, matschiger Paddock, zu wenig Einstreu: Dinge, die einen als Einsteller zur Weißglut treiben. Zoff zwischen Stallbetreibern und Einstellern gibt es an den meisten Ställen täglich. Doch warum? Und was kann man dagegen tun?

Wer ein Pferd besitzt und dieses in einem Pensionsstall untergebracht hat, der kennt auch die üblichen Probleme, mit denen jeder Pferdebesitzer immer wieder zu kämpfen hat: minderwertige Futterqualität, zu kleine Futterrationen, schlechter Mistservice, zu wenig Einstreu, schlechte Bodenverhältnisse von Reithalle oder Reitplatz, schlechte Paddockbedingungen, unverständliches Weidemanagement und so weiter. Diese Liste könnte ewig weitergeführt werden, jedoch erkennt sicherlich jeder Pferdehalter schon in dieser Aufzählung einige seiner Probleme am Pensionsstall, die einen täglich wieder ärgern. Immer fragt man sich: „Kann es denn richtig sein, dass ich so viel zahle und dieser Service mir trotzdem verwehrt bleibt?“ Oder noch schlimmer: „Geht es meinem Pferd unter diesen Bedingungen noch gut?“

Perfekt? Gut reicht auch

Die Probleme, die Einsteller mit den verschiedenen Ställen und daraus resultierend mit deren Stallbetreibern haben, füllen Bücher (z. B. „Servicewüste Pensionsstall? Wenn Pferdebesitzer zu Wandereinstellern werden“ von Regina Rheinwald) und natürlich die Foren und Social-Media-Gruppen im Internet. Das Problem, dass nicht nur die Bedürfnisse des Pferdes berücksichtigt werden müssen, sondern auch die des Menschen, scheint die meisten Ställe vor eine unlösbare Aufgabe zu stellen, die auf kurz oder lang zu Diskrepanzen zwischen Einsteller und Stallbetreiber führen. Auch die Stallgemeinschaft leidet unter einem schlechten Klima mit dem Stallbetreiber. Ist die Führung nicht klar und fair, so entstehen viele Probleme in der Gruppendynamik, und es ist kein harmonisches Miteinander möglich. Fakt ist: Wer ständig den Stall wechselt, der ist selbst schuld. Heißt: Irgendetwas, was nicht perfekt ist, gibt es immer. Dass der Wunsch an Perfektion hinsichtlich des Stalls vorliegt, ist nur verständlich. Schließlich ist das Pferd für viele ein wichtiges Familienmitglied, welches in der Obhut des Stallbetreibers versorgt wird, und zusätzlich möchte man sich selbst auch wohlfühlen. Denn häufig wird die wenige Freizeit, die man hat, am Stall verbracht. Dieser Wunsch nach Perfektion muss jedoch auch reflektiert werden. Man sollte sich bewusst machen, dass es an jedem Stall Dinge geben wird, die einem nicht zusagen. Werden diese jedoch von vielen positiven Punkten ausgeglichen, so ist es möglich, die negativen zu akzeptieren. Einen Stall zu finden, an dem es nicht allzu viel zu bemängeln gibt und das Pferd gut versorgt wird, ist schon schwer genug.

Schwierige Voraussetzungen

Die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen sagt beispielsweise, dass das Heu mittlerweile so schlecht sei wie noch nie. Ein Drittel des Heus, welches an Pferde verfüttert wird, sei ungenießbar. Grund dafür seien meist Schimmel- und Schwärzepilze, Milben-, Bakterien- und Hefebefall sowie Verunreinigungen. Prof. Dr. Ellen Kienzle, Lehrstuhlinhaberin für Tierernährung und Diätetik der LMU München, sagt: „Die Pferde sterben davon nicht, aber sie werden langsam, aber sicher lungenkrank. Rund dreiviertel aller Pferde haben bereits Probleme, wenn man mit dem Endoskop in die Lunge schaut. Selbst wenn sie nur hin und wieder husten.“ Die Risiken von schlechtem Raufutter und Einstreu ist mittlerweile den meisten Pferdebesitzern bewusst, sodass darauf vermehrt Augenmerk gelegt wird. Stimmt also etwas mit dem Futter nicht, so sind die meisten schon alarmiert. Auch zu wenig Heu oder eine Fütterung nur zwei Mal täglich, die häufig zur Folge hat, dass Pferde lange Fresspausen haben, ist Einstellern ein Dorn im Auge. Zu Recht, denn der Pferdemagen bildet ständig Magensäure, da das Pferd unter natürlichen Bedingungen mindestens 18 Stunden am Tag frisst. Unweigerlich kommt es zu einer Übersäuerung des Magens, wenn Fresspausen von mehr als vier Stunden entstehen. Die Übersäuerung greift die Magenschleimhäute an, wodurch Magenprobleme und -geschwüre entstehen. Beim Fressen produziert der Pferdekörper Speichel, der Bikarbonate enthält, wodurch die Magensäure abgeschwächt wird und ein guter Verdauungsablauf gewährleistet ist. Dass Pferde außerdem genug freie Bewegungsmöglichkeit und Kontakt zu Artgenossen brauchen, sollte ebenfalls jedem Pferdebesitzer und Stallbetreiber klar sein. Gibt es diesbezüglich Probleme am Stall, so ist es absolut legitim ein Gespräch mit dem Stallbetreiber zu suchen und ihn auf die Missstände hinzuweisen. Doch was ist der Grund dafür, dass häufig die Wünsche der Einsteller als vollkommen überzogen dargestellt werden, wenn man bedenkt, dass Informationen zur richtigen Pferdehaltung doch jedem zugänglich und belegbar sind? Entstehen diese Probleme denn nur bei einem „Billig-Stall“, weil der Einsteller einfach einen günstigen Stall mit schlechtem Service hat? Einer Studie zufolge sind 890.000 Menschen in Deutschland Pferdebesitzer. Mehr als 60 Prozent haben nach der Studie ein überdurchschnittliches Einkommen von mehr als 2.500 Euro pro Monat zur Verfügung. Fast die Hälfte der Pferdebesitzer verfügt sogar über ein Einkommen von mehr als 3.500 Euro pro Monat. Das Geld für einen Stall, welcher allen Bedürfnissen nachkommen sollte, ist also da. Trotz der hohen Boxenpreise beschreiben die meisten Einsteller ihre Stallbetreiber als chronisch gestresst, unfreundlich oder sogar cholerisch, wodurch bei manchen ein häufiges Wechseln der Ställe entsteht. Denn hat sich erst einmal ein handfester Streit um das Pferdewohlsein entwickelt, so gibt es häufig keinen recht Ausweg.

…in der aktuellen Ausgabe klären wir, wie Streit zwischen Stallbetreibern und Einstellern entsteht und wie Sie ein harmonisches Miteinander erhalten können.

BUCHTIPP

Das Buch „Grundwissen zur Haltung, Fütterung, Gesundheit und Zucht –Richtlinien für Reiten und Fahren, Band 4“ von der Deutschen Reiterlichen Vereinigung e.V. (FN) gibt Anhaltspunkte für den artgerechten Umgang und der tiergerechten Haltung des Pferdes. Der Ratgeber vermittelt Kenntnisse über die Verhaltensweisen der Pferde, über ihre richtige Haltung und Fütterung sowie über angemessene Pflege- und Hygienemaßnahmen. Weiterhin werden in diesem Band die Grundlagen der Anatomie und Physiologie des Pferdes sowie die wichtigsten Pferdekrankheiten abgehandelt. Erschienen im FN-Verlag und hier für 18,90 Euro erhältlich.

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