Die Suche nach dem perfekten Stall für den geliebten Vierbeiner gleicht der Suche nach einer Wohnung in einer Großstadt: Es gibt viele Anforderungen, wenig Angebote und viele Enttäuschungen. Dennoch ist es möglich, den idealen Stall fürs Pferd zu finden. Unsere Experten erklären, worauf es ankommt und wo Sie Ihre Erwartungen eventuell zurückschrauben müssen
Allzu häufig kommt es zwischen Einstellern und Stallbetreibern zu Konflikten in Bezug auf die Haltung, die Fütterung – insbesondere in Bezug auf das Raufutter – und natürlich auch den Pensionspreis. Der Stallbetreiber hat häufig das Gefühl, für zu wenig Geld zu viel zu arbeiten. Wohingegen der Einsteller findet, zu viel Geld für zu wenig Leistung zu bezahlen. Um ein möglichst harmonisches Verhältnis zu erreichen, gibt es in Bezug auf die Haltung und Fütterung Anhaltspunkte, die der Einsteller zum Wohl seines Pferdes erwarten kann – dabei hat Qualität bekanntlich auch ihren Preis.
Pferdehaltung: Von Luft und Liebe leben …
… können weder Mensch noch Tier. Aus diesem Grund muss auf die Bedürfnisse des Pferdes als Herden- und Lauftier eingegangen werden. Da Pferde ausgeprägte Herdentiere sind, sollten sie wenn möglich auch in einer Gruppe gehalten werden beziehungsweise zumindest dauerhaften Sicht- und Geruchskontakt zu Artgenossen haben. Dauerhafte Einzelhaltung widerspricht dem natürlichen Sozialverhalten und den Bedürfnissen des Pferdes. „In der freien Wildbahn setzt sich die Herde natürlich selbst zusammen, während moderne Herdenhaltung immer eine Art Zwangsvergesellschaftung ist. Aus diesem Grund muss der Stallbetreiber über viel Erfahrung und Wissen verfügen, um eine harmonische Herdenstruktur zu gestalten“, erklärt die Biologin Dr. Christina Fritz. „Bei der Zusammenstellung kommt es sowohl auf das Alter, das Geschlecht, den Stand in der Rangordnung als auch auf die Rasse an.“ Das Gerücht, dass eine gemischte Herde am natürlichsten und somit auch am besten ist, hält sich nach wie vor. Allerdings hat Thorsten Hinrichs, Gründer des HIT-Aktivstallkonzepts, die Erfahrung gemacht, dass reine Stuten- oder Wallachherden meist ruhiger als gemischte Gruppen sind. Dr. Christina Fritz erklärt dies mit der natürlichen Lebensform von Pferden: „Die Trennung nach Geschlechtern entspricht der eigentlichen Natur des Pferdes: Üblicherweise gibt es eine Stutengruppe mit einem Hengst und eine Junggesellengruppe mit Hengsten aller Altersklassen.“ Außerdem spielen und raufen Wallache gerne mit ihren Artgenossen, wovon Stuten schnell genervt sind. Daher verhindert die Geschlechtertrennung in der Herdenhaltung häufig Unruhe. Dies bedeutet jedoch nicht, dass gemischte Herdenhaltung nicht funktioniert, sie bedarf nur einer genauen Beobachtung und einer guten Zusammenstellung. Feststeht, dass ein hengstiger Wallach, der auf die Stuten aufspringt, nichts in einer gemischten Herde zu suchen hat und in eine reine Wallachherde gehört – ansonsten ist die Verletzungsgefahr für Wallach und Stute sehr hoch. „In freier Wildbahn deckt der Hengst die Stute einmal, woraufhin diese tragend ist und vom Hengst in Ruhe gelassen wird. Ein Wallach kann die Stute nicht tragend machen und deckt sie daher immer wieder“, erklärt Dr. Christina Fritz. Nur eine gut zusammengestellte Herde funktioniert und kann so dem einzelnen Individuum Sicherheit vermitteln, was bei einem Fluchttier wie dem Pferd einen hohen Stellenwert einnimmt. Unabhängig von der Haltungsform – ob Boxenhaltung mit Auslauf, Offen- oder Aktivstall – benötigen Pferde als Herdentiere immer die Möglichkeit, Sozialkontakte zu pflegen.
Außerdem sind Pferde bekanntlich Lauftiere und bewegen sich in freier Wildbahn etwa 16 Stunden täglich (meist im Schritt) für die Nahrungsaufnahme. Dies bringt direkt zwei Anforderungen für die artgerechte Haltung domestizierter Pferde mit sich: Bewegung und permanente Nahrungaufnahme. Ein Pferd benötigt aufgrund seiner Charakteristik als Lauftier ausreichend Bewegung, wobei damit der freie Auslauf auf dem Paddock oder der Weide gemeint ist, und nicht die gezielte Bewegung im Training durch Reiten, Longieren oder Fahren.
Text: Nicole Buchholz Foto: www.Slawik.com