Text: Andreas Ackenheil, Rechtsanwalt     Foto: imago images/ Wavebreak Media

Der Spezialist für 
Pferderecht, Rechtsanwalt Andreas Ackenheil, gibt auch in dieser Ausgabe die besten rechtlichen Tipps 

In der heutigen digitalen Welt sind traditionelle Methoden des Kaufens und Verkaufens von Waren und Dienstleistungen zunehmend durch moderne Technologien ersetzt worden. Gerade über Instagram werden enorme Verkaufszahlen generiert. Dies gilt natürlich auch für den Pferdekauf und -verkauf. Eine dieser revolutionären Technologien ist auch WhatsApp, eine der beliebtesten Messaging-Apps weltweit. Schnell kann man sich über eine Sprachnachricht oder Emojis mit dem Gesprächspartner austauschen. Doch kann über eine WhatsApp-Nachricht tatsächlich auch ein rechtsgültiger Kaufvertrag zustande kommen? Die Antwort ist: Ja, dies aber nur unter bestimmten Bedingungen.

Wie kommt ein wirksamer Kaufvertrag zustande?

Was im „wahren Leben“ bei einem Vertragsschluss gilt, findet sich auch in der virtuellen Welt wieder. Auch hier ist es unter einigen wenigen Voraussetzungen möglich, unkompliziert einen Vertrag zu schließen. Ein Kaufvertrag kommt grundsätzlich immer dann zustande, wenn die folgenden Bedingungen gegeben sind:

Angebot und Annahme

Ein Kaufvertrag setzt traditionell ein Angebot und dessen Annahme voraus. In WhatsApp-Nachrichten können diese Elemente ebenfalls vorhanden sein. Wenn eine Person beispielsweise einem Freund eine Nachricht schickt und sagt: „Ich verkaufe mein Pferd für 12.000 Euro“, so stellt dies ein rechtsgültiges Angebot dar. Wird das Angebot akzeptiert, gilt es als angenommen.

Wie hat diese Zustimmung zur Annahme auszusehen? Muss sie gewissen Erfordernissen genügen?

Damit ein Kaufvertrag zustande kommt, muss die andere Partei (der Käufer) das Angebot eindeutig und ohne Vorbehalte akzeptieren. Dies kann in einer WhatsApp-Nachricht geschehen, indem der Käufer antwortet: „Ich nehme dein Pferd für 12.000 Euro.“ Die Zustimmung muss jedoch eindeutig erfolgen.
Damit ein Kaufvertrag wirksam zustande kommt, braucht es neben dem Angebot und der Annahme noch weitere vertragswesentliche Bestandteile. So gilt es zum Beispiel den Verkaufsgegenstand und den Kaufpreis genau zu benennen. Dies ist auch über WhatsApp problemlos möglich.

Gibt es spezielle Regelungen, wie ein Kaufvertrag geschlossen werden muss?

In Deutschland gilt das Prinzip der Vertragsfreiheit. Das bedeutet, dass die beteiligten Parteien die Bedingungen des Kaufvertrages selbst gestalten dürfen. Neben der Freiheit über die Wahl des Vertragspartners kann auch über den Vertragsgegenstand sowie die Art des Vertragsschlusses frei verfügt werden. Die Vertragsfreiheit stößt allerdings dort an ihre Grenzen, wo es sonst zu Kollisionen mit den rechtlich geschützten Interessen Dritter oder der Vertragspartner selbst kommen würde. In diesem Zusammenhang kann auch der Vertrag sittenwidrig sein. Auch wenn man in der Wahl der Art und Weise, wie der Vertrag zustande kommen soll, frei ist, sollte man dem rechtssicheren schriftlichen Kaufvertrag immer noch den Vorzug geben. Mögliche Arten, wie ein Kauf abgeschlossen werden kann, sind zudem folgende:

In Schriftform

Die wohl sicherste Möglichkeit, einen Kauf abzuschließen, ist das schriftliche Festhalten von Angebot und Annahme. Gerade bei Käufen, die über die Plattformen sozialer Medien abgewickelt werden, bietet sich die Schriftform an. So können auch WhatsApp-Nachrichten das Erfordernis der Schriftform erfüllen, da sie in digitaler Textform vorliegen und dadurch leicht nachweisbar sind.

Ein weiterer entscheidender Punkt bei schriftlich fixierten Vertragsverhandlungen ist die Beweisbarkeit. WhatsApp-Nachrichten lassen sich in der Regel problemlos speichern und vor Gericht als Beweismittel verwenden, falls Uneinigkeiten auftreten sollten.

Mündliche Verträge

Ein Kauf kann zudem auch mündlich abgeschlossen werden. In einigen Fällen kann sogar ein mündlicher Vertrag über WhatsApp-Nachrichten rechtsgültig sein, wenn die Bedingungen eindeutig festgehalten wurden. Bei einem mündlichen Vertragsschluss von „face to face“ besteht keine Möglichkeit, bei einem gerichtlichen Verfahren einen genauen Beweis über den Wortlaut der Vertragsabreden zu erbringen. Über WhatsApp sieht das anders aus, hier können die Sprachnachrichten problemlos dem Gericht vorgelegt werden, sofern diese gespeichert wurden.

Die Doppeldeutigkeit von Nachrichten

Auch wenn ein Vertragsschluss über Social Media unkompliziert möglich ist, sollte auch an potenzielle „Stolperfallen“ gedacht werden, die sich in diesem Zusammenhang ergeben könnten:

Daumen-hoch-Emoji als Zustimmung

Auch wenn es kurios klingen mag, so ist einem kanadischen Landwirt das Daumen-hoch-Emoji wortwörtlich teuer zu stehen gekommen. Klägerin war eine kanadische Firma, die bei dem Landwirt mehrere Tonnen Flachs zu einem Kaufpreis von 17 kanadischen Dollar pro Einheit bestellen wollte. Während eines Telefonats kündigte die Firma an, einen schriftlichen Kaufvertrag per Textnachricht zu schicken. Die Firma bat um eine Bestätigung des Vertrages. Der Landwirt schickte daraufhin das Daumen-hoch-Emoji. Während der Landwirt mit diesem lediglich zum Ausdruck bringen wollte, dass ihn die Nachricht erreicht hat, sah die Firma darin eine Annahme ihres Angebotes. Sie sahen den Kaufvertrag als geschlossen an. Die Flachslieferung blieb aus, die Firma verklagte infolgedessen den Landwirt auf Schadensersatzzahlungen in Höhe von 82.200 kanadischen Dollar, da diese auf die Lieferung gesetzt hatten und die Flachspreise mittlerweile gestiegen waren. Aber kann hierin wirklich eine Zustimmung zu sehen sein?

Wie bereits erwähnt, kommt ein Kaufvertrag immer durch Angebot und Annahme zustande. Es braucht immer diese zwei Willenserklärungen. Kann ein Daumen-hoch-Emoji tatsächlich eine wörtliche und konkrete Zustimmung zum Geschäft ersetzen?
Prinzipiell ja, denn es kommt bei einer Willenserklärung immer darauf an, wie der Vertragspartner diese Willensäußerung im Gesamtkontext verstehen durfte.
Auch wenn das Verschicken oder Reagieren mit Emojis gängig ist, sollte im Rahmen von Vertragsabreden über Social Media daher vorsichtig mit ihnen umgegangen werden. Denn ein Gericht könnte sonst, wie in dem Fall aus Kanada, hierin ein Annahme des Vertrages sehen.

Der Zusammenhang

Nicht nur mit Emojis kann über Social Media aneinander vorbeigeredet werden, auch schriftliche Nachrichten können für Verwirrung sorgen. So gestaltet sich der situative Kontext für jeden Leser ein wenig anders. WhatsApp-Mitteilungen haben eine hohe Flüchtigkeit, sodass es durchaus passieren kann, dass bei mehreren Nachrichten, auf die geantwortet werden soll, schnell unklar wird, auf welche der vielen sich die Antwort tatsächlich bezieht. Kommt es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung, gilt auch hier wieder: Das Gericht interpretiert die Nachrichten und deren Abfolge so, wie sie aus dem objektiven Kontext heraus zu verstehen sind. Wie die gerichtliche Entscheidung letztlich ausfällt, ist einzelfallabhängig. Daher ist auch hier Achtung geboten.

Vorsicht, neues Kaufrecht!

Auch bei einem Verkauf über Social Media müssen die gesetzlichen Bestimmungen Berücksichtigung finden. Mit den Neuerungen der Kaufrechtsreform haben seit Anfang 2022 zusätzliche Vertragskriterien Einzug in das BGB gefunden. Insbesondere die Offenkundigkeitspflicht des Verkäufers gegenüber dem Käufer wurde verschärft. Zudem wurden Änderungen in Bezug auf die Fristen vorgenommen. Das gilt es nun bei einem Pferdeverkauf zu beachten:

Genaue Beschreibung

Um Schadensersatzansprüche zu vermeiden und den Anforderungen des neuen Kaufrechts gerecht zu werden, muss der Verkaufsgegenstand nun noch genauer auf etwaige Mängel beschrieben werden. Bei einem Pferdeverkauf bedeutet das im Besonderen, dass neben den Kerndaten, wie z.B. die Lebensnummer des Pferdes, insbesondere über Krankheiten und Unfälle aufgeklärt werden muss. Je mehr über das Pferd preisgegeben wird, desto besser. Das Bereitstellen dieser Informationen ist problemlos auch per WhatsApp oder sonstige Plattformen möglich.

Warum ein schriftlicher Kaufvertrag rechtlich sicherer ist

In der heutigen Welt der Digitalisierung und schnellen Kommunikation sind schriftliche WhatsApp- und Sprachnachrichten zwar in vielen Fällen rechtlich bindend, jedoch gibt es nach wie vor gute Gründe, warum ein separater schriftlicher Kaufvertrag als die sicherere Option angesehen wird. Hier sind einige der wichtigsten Gründe:

Klarheit und Eindeutigkeit

Ein schriftlicher Kaufvertrag ermöglicht es den Parteien, alle Vereinbarungen und Bedingungen detailliert und präzise festzuhalten. Dies minimiert das Risiko von Missverständnissen oder Interpretationsproblemen, da nun alle wichtigen Informationen schwarz auf weiß sowie vor allem komprimiert vorliegen und sich nicht mehr über viele Chatnachrichten erstrecken.

Beweisbarkeit

Ein schriftlicher Vertrag stellt einen klaren, dokumentierten Beweis für die getroffenen Vereinbarungen dar. Im Streitfall vor Gericht ist es deutlich einfacher, auf einen schriftlichen Vertrag als auf mündliche oder digitale Kommunikation zurückzugreifen, um die eigenen Ansprüche zu belegen.

Finanzielle Auswirkungen und langfristige Verbindlichkeiten

Bei Verträgen, die langfristige Verpflichtungen oder erhebliche finanzielle Auswirkungen haben, sollte ein schriftlicher Vertrag unverzichtbar sein. Dies gilt dementsprechend auch für den Kauf von Pferden. Gerade Sportpferde wechseln oft bei Kaufpreiszahlungen von mehreren 10.000 Euro den Eigentümer. Aber auch schon der Kauf eines Reitpferdes kann mit einem enormen finanziellen Risiko verbunden sein; dies insbesondere, wenn das Pferd krank ist und teure tierärztliche Behandlungen vonnöten sind.

Vertrauen

Das Vorhandensein eines schriftlichen Vertrags vermittelt Vertrauen und Professionalität. Es zeigt, dass die Parteien die Transaktion ernst nehmen und sich der rechtlichen Konsequenzen bewusst sind. Dies kann die Geschäftsbeziehung stärken und potenzielle Streitigkeiten von vornherein verhindern.

Vertragsänderungen

Wenn Änderungen an den ursprünglichen Vereinbarungen vorgenommen werden müssen, ist es weitaus einfacher, diese schriftlich in einem ergänzenden Vertrag festzuhalten, statt auf eine mündliche oder informelle Kommunikation zu vertrauen.

Pferderechtexperte Anwalt Ackenheil: 
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass ein schriftlicher Kaufvertrag aus rechtlicher Sicht sicherer ist, da er Klarheit, Beweisbarkeit und die Einhaltung gesetzlicher Anforderungen gewährleistet. Obwohl moderne Kommunikationstools wie WhatsApp-Nachrichten sicher, einfach und bequem sind, sollten sie nicht als Ersatz für schriftliche Verträge bei wichtigen Transaktionen oder langfristigen Verbindlichkeiten betrachtet werden. In solchen Fällen ist ein schriftlicher Vertrag nach wie vor die beste Option, um rechtliche Sicherheit zu gewährleisten. Vor Abschluss des Pferdekaufs sollten alle Einzelheiten und Bedingungen mit allen Vertragsparteien gründlich abgeklärt und in den Kaufvertrag aufgenommen werden, um Missverständnisse und spätere rechtliche Probleme zu vermeiden.

Andreas Ackenheil

veröffentlicht als Spezialist für Pferderecht regelmäßig in zahlreichen Fachzeitschriften und Online-Portalen juristische Fachbeiträge sowie Kommentare zu neuen Rechtsentscheidungen und hält Vorträge und Seminare. Zudem veröffentlichte der Rechtsanwalt einen großen Ratgeber für Tierrecht mit einem umfangreichen Kapitel zum Thema Pferderecht.

www.tierrecht-anwalt.de

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