Text: Andreas Ackenheil, Rechtsanwalt        Foto: www.Slawik.com

Der Spezialist für Pferderecht, Rechtsanwalt Andreas Ackenheil, gibt auch in dieser Ausgabe die besten rechtlichen Tipps rund ums Thema Pferd

Wer eine Leidenschaft für Pferde hat, für den sollte eine artgerechte Pferdehaltung ein wichtiger Aspekt sein, jedoch ist der faire Umgang während des Reitens bzw. bei der Ausübung des Sports mindestens genauso wichtig. Nicht nur aus tierschutzrechtlichen Aspekten ist die faire und artgerechte Betreuung im Reitsport relevant, auch aus haftungsrechtlichen Aspekten spielt der respektvolle Umgang mit seinem vierbeinigen Partner eine entscheidende Rolle. Um den richtigen und sicheren Umgang mit dem Pferd zu erlernen, hat die FN bereits für Kinder Lehrgänge und Abzeichen entwickelt, bei denen Kindern vermittelt wird, wie sie ein Pferd richtig halten, pflegen, satteln, trensen und reiten. Die Reitabzeichen reichen dabei von reinen Theorieprüfungen bis hin zu Reitabzeichen, wo das reiterliche Können überprüft und bewertet wird.

Das Reiten an sich kann dabei viele Gesichter haben, sei es zu Hause, auf Turnierplätzen oder im Gelände. Letztlich gelten jedoch überall die gleichen Regeln für einen fairen Umgang mit dem Pferd. Wer sich seinem Pferd gegenüber intolerant, überehrgeizig, hart oder uneinsichtig zeigt, wird seiner Beziehung zu diesem Lebewesen schaden.

Was zeichnet einen guten Reiter aus?

Für einen guten Reiter steht das Wohlbefinden seines Pferdes an oberster Stelle. Das gilt nicht nur für das Reiten selbst, sondern auch für dessen Haltung, Ausbildung und Training sowie den Umgang mit dem Pferd, wenn es nur noch teilweise oder gar nicht mehr reitbar ist. Der Umgang mit Pferden erfordert ein hohes Maß an Wissen und Können. Diesen Wissensstand kann man nicht von Beginn an innehaben, sodass Fehler grundsätzlich als „normal“ zu bewerten sind, jedoch sollte man von Anfang an von erfahrenen Ausbildern lernen und sich überprüfen lassen. Ob Anfänger, Fortgeschrittener oder Profi, jeder Reiter muss sich stets weiterbilden. Ein guter Reiter muss mit Einfühlungsvermögen erkennen, dass das Pferd nur in der gewünschten Weise reagiert, wenn es die Hilfe richtig verstanden hat.

Dabei darf der Reiter nicht vergessen, dass das Pferd auch stetig lernt und die geforderte Leistung nur abrufen kann, wenn es konzentriert ist und nicht anderweitig überfordert oder eingeschränkt ist durch Angst, Stress oder Schmerzen.
Der Reiter muss sich bewusst sein, dass ein Fehlverhalten seitens des Pferdes oder fehlende Kooperationsbereitschaft auch aus körperlichen und gesundheitlichen oder haltungsbedingten Mängeln oder aus früherer Überforderung entstehen können. Der Einsatz von Gewalt ist in jeglicher Form im Umgang mit dem Pferd strikt abzulehnen.
Somit zeichnet einen guten Reiter aus, nicht nur die eigene Tagesform zu erkennen und einzuschätzen, sondern auch die des Pferdes. Durch Bestrafung und Schmerzen wird die Beziehung zwischen Pferd und Reiter nachhaltig zerstört, sodass letztlich die Kooperationsbereitschaft des Pferdes schwindet und ungewünschtes Verhalten als Abwehrreaktion auf der Tagesordnung stehen könnte. Junge Pferde sollten daher nur von erfahrenen Reitern geritten werden, da sie selbst noch nicht so gefestigt sind, um reiterliches Unvermögen auszugleichen.

Wie wirkt sich reiterliches Unvermögen auf das Pferd aus?

Neben dem Schwinden der Vertrauensbasis kann ein unfairer und grober Umgang mit dem Pferd auch unerwünschtes Verhalten wie Steigen, Bocken, Beißen, Treten oder Verweigern verstärken. Auch negative gesundheitliche Entwicklungen können eine Begleiterscheinung von reiterlichem Unvermögen sein, wenn das Pferd stetig angespannt ist und sich Schmerzen entziehen möchte. Nicht zuletzt kann es zu schweren Unfällen kommen, wenn das Pferd plötzlich heftig reagiert.

Dabei gilt es zunächst die Ursache für das unkooperative Verhalten zu finden. Zum einen kann sich schlecht sitzende Ausrüstung auf die Leistungsfähigkeit auswirken, und auch der Fehlgebrauch von Gerten und Sporen darf in der Ausbildung und im Training nur über eine feine Hilfengebung eingesetzt werden und sollte niemals der körperlichen Züchtigung dienen. Unerlaubte Hilfsmittel und Manipulationen können reiterliches Nichtkönnen ebenfalls nicht ausgleichen und widersprechen zudem dem Tierschutzgedanken.
Eine zu harte Hand, wie sie bei einer zu starken Einwirkung auf das Gebiss anzunehmen ist, kann ebenfalls widersetzliches Verhalten beim Pferd auslösen. Entzieht sich das Pferd dann dem schmerzhaften Gefühl, kann sich das in Abwehrverhalten wie Steigen, Bocken oder Treten äußern und führt nicht selten zu Stürzen. Zu viele Wettbewerbseinsätze und zu kurze Erholungsphasen führen ebenfalls zu seelischen und physischen Leiden des Pferdes und sind ausschließlich auf reiterliches Unvermögen zurückzuführen. Mithin führt ein unfairer Umgang mit dem Pferd immer auch zu Unfällen und kann sowohl für den Reiter selbst als auch für Dritte sehr gefährlich werden.
Der Reiter schadet dabei nicht nur sich selbst, indem er verletzt wird, sondern auch unbeteiligten Dritten und nicht zuletzt einem Lebewesen, welches ihm anvertraut wurde.

Wer haftet bei Reiterfehlern?

Kommt es nun zu Stürzen oder Unfällen durch Tritte, die auf ein Fehlverhalten oder anderweitig grobes Verhalten des Menschen zurückzuführen sind, stellt sich nicht zuletzt die Frage, wer sich hierfür rechtlich zu verantworten hat und welche Konsequenzen das mit sich bringt.

Wie in den meisten Unfallkonstellationen haftet grundsätzlich der Halter des Pferdes für den Schaden, den sein Pferd verursacht. Dies folgt aus § 833 S.1 BGB, wonach der Halter eines Pferdes für jegliche Schäden aufkommt, die sein Tier verursacht. Dabei handelt es sich um eine sogenannte Gefährdungshaftung, die ihren Haftungsgrund in der Rechtsgutverletzung durch ein Tier, welches seine spezifische Tiergefahr realisiert hat, findet. Sinn und Zweck der Tierhalterhaftung ist es, Dritten einen Anspruch zu ermöglichen, da das Halten eines Tieres neben einer großen Verantwortung auch eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellen kann. Viele Tiere, wie beispielsweise Pferde, verfügen über große Körperkräfte, und ihr Verhalten ist für Menschen unberechenbar.
Von der Tierhalterhaftung nach § 833 S.1 BGB ausgeschlossen sind jedoch Konstellationen, in denen ein Nutztier einen Schaden verursacht und sich der Tierhalter gemäß § 833 S.2 BGB exkulpieren kann.
Der Halter muss darlegen (Beweislastumkehr), dass das schädigende Ereignis auch bei Einhaltung der Sorgfaltspflicht entstanden wäre und er diese somit gewahrt hat. Eine Entlastung nach § 833 S.2 BGB kommt nur in Fällen in Betracht, in denen das Pferd ein „Nutztier“ iSd § 833 S.2 BGB ist. Diese Eigenschaft liegt vor, wenn das Tier dem Beruf bzw. dem Lebensunterhalt des Tierhalters dient, wie das etwa bei einem Reitschulpferd der Fall wäre.
In dieser Konstellation kann sich der Tierhalter entlasten, wenn er nachweisen kann, dass er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet hat und der entstandene Schaden auch bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt eingetreten wäre.
Es kann aber auch zu Unfällen kommen, wenn der Reiter einen Fehler macht oder entsprechende Sicherheitsvorkehrungen nicht getroffen wurden.
Stürzt nun ein Reitschüler, weil er das Pferd geschlagen hat oder anderweitig falsch auf das Pferd eingewirkt hat, kann der Anspruch des Geschädigten jedoch gemäß § 254 BGB wegen Mitverschuldens gekürzt werden.
Denkbar sind Konstellationen im Training, in denen der Reitschüler das Pferd trotz anderer Anweisung falsch auf ein Hindernis anreitet oder gar auf ein zu hohes Hindernis anreitet und so eine Verweigerung provoziert. In diesem Fall ist einzig und allein das Unvermögen des Reiters und das fahrlässige Verhalten unfallverursachend, sodass mitunter auch ein Mitverschulden um bis zu hundert Prozent angenommen werden kann.
Das Unfallrisiko kann verringert werden, wenn junge Reiter stets beaufsichtigt werden und von Beginn an beigebracht bekommen, wie sie sich gegenüber dem Pferd verhalten müssen. Junge Reiter sollten niemals ohne geschulte Aufsicht mit dem Pferd umgehen. Je besser einzelne Abläufe geübt werden und je respektvoller die Pferdebetreuung stattfindet, desto weniger Unfälle entstehen durch reiterliches Unvermögen.

Ackenheil: Gemäß der verschuldensunabhängigen Gefährdungshaftung des Tierhalters nach § 833 BGB haftet grundsätzlich der Tierhalter und muss für die Schäden aufkommen, die sein Pferd verursacht. Inwieweit jedoch weitere Umstände diese Haftung begrenzen und mitunter diese sogar gegen Null gehen lassen, entscheidet sich nach dem Einzelfall.

Tipp vom
Experten

Andreas Ackenheil veröffentlicht als Spezialist für Pferderecht regelmäßig in zahlreichen Fachzeitschriften und Online-Portalen juristische Fachbeiträge sowie Kommentare zu neuen Rechtsentscheidungen und hält Vorträge und Seminare. Zudem veröffentlichte der Rechtsanwalt einen großen Ratgeber für Tierrecht mit einem umfangreichen Kapitel über Pferderecht.

www.tierrecht-anwalt.de

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