Der Spezialist für Pferderecht, Rechtsanwalt Andreas Ackenheil, gibt auch in dieser Ausgabe die besten rechtlichen Tipps rund ums Thema Pferd
Wenn man nach dem Pferdekauf feststellt, dass mit dem Pferd etwas nicht stimmt, ist dies meist der Grund, weshalb Pferdekäufer das Pferd zurückgeben wollen. Der Grund hierfür kann vielseitig sein und endet meist in einem Rechtsstreit mit dem Verkäufer. So können neben gesundheitlichen Problemen auch Rittigkeitsprobleme ausschlaggebend für den sogenannten Rücktritt vom Pferdekaufvertrag sein. Denkbare Rücktrittskonstellationen sind beispielsweise Knochenerkrankungen des Pferdes, OCD, Kissing Spines oder Arthrose in den Gelenken, die eine Reitbarkeit auf Dauer schwierig bzw. sogar ganz unmöglich machen. Auch wenn vorab eine Ankaufsuntersuchung durchgeführt wurde und auch aktuelle Röntgenbilder des Pferdes vorliegen, kann sich im Nachhinein herausstellen, dass mit dem Pferd doch etwas nicht so genau stimmt.
Auch Charakterschwächen und Unartigkeit wie Steigen, Bocken oder Beißen können in bestimmten Fällen einen Rücktrittsgrund darstellen, wenn dadurch die vertraglich vorausgesetzte Verwendung des Pferdes beeinträchtigt wird. Doch nicht nur bei Reitpferden gibt es eine Vielzahl an triftigen Rücktrittsgründen. Auch bei Zuchtpferden sind Konstellationen denkbar, aufgrund deren sich das Pferd nicht für die Zucht eignet. Das können zum einen Erbkrankheiten sein oder auch chronische Erkrankungen, die eine Zucht ausschließen. Jüngst beschäftigte sich das Landgericht Saarbrücken mit einem Fall, bei dem eine Käuferin den Rücktritt vom Kaufvertrag begehrte, da das Pferd nicht der im Vertrag vereinbarten Fellfarbe entsprach, mithin ein Mangel im Exterieur vorlag.
Was versteht man unter dem Exterieur beim Pferd?
Das Exterieur beim Pferd bezeichnet das äußere Erscheinungsbild und die körperliche Beschaffenheit eines Pferdes. Es umfasst die Form, die Proportionen und die Struktur des Pferdekörpers und ist ein wesentlicher Aspekt bei der Beurteilung von Pferden – sei es für den Zuchteinsatz, den Sport oder die Freizeitnutzung. Ein gutes Exterieur ist wichtig, da es Hinweise auf die Gesundheit, die Leistungsfähigkeit und die Langlebigkeit des Pferdes geben kann. Darüber hinaus gehört auch die Fellfarbe zum Exterieur, da sie oft charakteristische Merkmale bestimmter Pferderassen hervorhebt.
Wie sollte das optimale Pferd aussehen?
Vom Kopf bis zum Schweif sollte ein Pferd dem optimalen Erscheinungsbild so nahe wie möglich kommen. Hierzu sollte es einen wohlgeformten Kopf aufweisen. Dieser sollte, je nach Rasse, symmetrisch und proportional zum Körper sein. Beispiel: Ein edler, kleiner Kopf mit großen, klaren Augen und feinen Ohren wird oft bei Arabischen Vollblütern geschätzt.
Der Hals sollte gut proportioniert sowie muskulös sein und in einem harmonischen Winkel zur Schulter stehen. Beispiel: Ein langer, geschwungener Hals, wie er bei Warmblütern zu finden ist, gilt als ideal für Dressurpferde, da er eine gute Aufrichtung und Biegung ermöglicht. Eine schräge Schulter wäre zudem wünschenswert, da sie längere und freiere Bewegungen erlaubt. Eine gut geneigte Schulter, wie sie oft als Beispiel bei Hannoveranern zu finden ist, unterstützt eine bessere Vorwärtsbewegung und Sprungkraft. Ein kräftiger und nicht zu langer Rücken ist nicht nur für die Tragfähigkeit wichtig. Ein kurzer, starker Rücken, wie bei Quarter Horses, ist zum Beispiel ideal für Western-Disziplinen, wo Wendigkeit und Geschwindigkeit gefragt sind. Eine breite Brust und gut gewölbte Rippen bieten Platz für die Lunge und das Herz, was die Ausdauer fördert. Eine tiefe Brust mit gut gewölbten Rippen ist zum Beispiel bei Vollblütern wichtig, um eine hohe Leistungsfähigkeit im Rennsport zu gewährleisten. Eine muskulöse Kruppe und starke Hinterhand sind entscheidend für die Schubkraft und die Sprungfähigkeit. Eine kräftige Hinterhand zeichnet die Andalusier aus und unterstützt kraftvolle Bewegungen und Versammlungen. Die Clydesdales, die gezüchtet wurden, um schwere Lasten zu ziehen, müssen daher starke und stabile Beine aufweisen. Selbstverständlich sind gesunde, gut geformte Hufe essenziell für die allgemeine Gesundheit und Leistungsfähigkeit eines Pferdes. Große, runde Hufe mit einer kräftigen Sohle, wie sie bei Islandpferden üblich sind, tragen zudem zu einer langen Lebensdauer und Robustheit bei. Aber auch die Fellfarbe ist ein zusätzliches Merkmal des Exterieurs und kann bei der Rasseerkennung eine Rolle spielen. Lipizzaner sind bekannt für ihr weißes Fell, das sie jedoch erst mit zunehmendem Alter erhalten – die Fohlen sind meist dunkel geboren. Appaloosas, die durch ihre charakteristischen gescheckten Muster auffallen, zeigen ebenso eine Besonderheit in ihrer Färbung. Auch die Palomino-Färbung, ein goldgelbes Fell mit weißer Mähne und Schweif, ist besonders bei Quarter Horses und American Saddlebreds beliebt und geschätzt und zeichnet diese Rassen aus. Die Käuferin in dem Rechtsstreit bemängelte, dass das im Kaufvertrag als „Braunfalbe“ bezeichnete Pferd aufgrund genetischer Veranlagung zum „Schimmel“ wird. Dies mag auf den ersten Blick banal klingen, und so mancher Reiter denkt sich, man kann das Pferd doch trotzdem reiten oder zur Zucht einsetzen. Rechtlich ist der Fall jedoch nicht so leicht zu bewerten. Um die Zulässigkeit des Rücktritts besser verstehen zu können, muss zuerst einmal beleuchtet werden, was der Rücktritt ist und welche Voraussetzungen für eine wirksame Rückabwicklung des Kaufvertrages vorliegen müssen.
Wann kann man den Rücktritt vom Pferdekaufvertrag erklären?
Gemäß § 434 I BGB muss ein Pferd, nach der neuen Kaufrechtsreform, bei Gefahrübergang vom Verkäufer auf den Käufer sowohl den subjektiven als auch den objektiven Anforderungen genügen. Gefahrübergang meint dabei den Zeitpunkt, an dem das Risiko der Verschlechterung oder des Verlustes des Pferdes vom Verkäufer auf den Käufer übergeht. Hierbei ergeben sich in der Praxis auch die meisten Streitpunkte, da gerade nicht immer so klar und deutlich erkennbar ist, ob der Mangel bei Gefahrübergang vorlag. Bei Erbkrankheiten oder chronischen Erkrankungen ist die Frage meist einfacher zu beantworten, da diese Krankheiten nicht plötzlich auftreten, sondern dem Pferd von Anfang an „anhaften“. Bei Rittigkeitsproblemen und Krankheiten, wie z.B. einem Knochenödem, ist es mitunter nicht leicht zu erkennen, ob eine Erkrankung akut ist, auf ein Trauma zurückzuführen ist oder bereits eine Anlage der Verschlechterung des Zustandes beim Verkäufer bestand. In der Praxis sind die Gerichte und auch die Parteienvertreter auf die Hinzuziehung eines Sachverständigen angewiesen, der objektiv die Gesundheit bei Gefahrübergang anhand des konkreten Sachverhalts beurteilen soll.
Zudem muss genau bewertet werden, was hinter den objektiven und subjektiven Anforderungen steckt. Subjektive Anforderungen sind diese, die auf einer Vereinbarung der Vertragsparteien über den Verwendungszweck des Pferdes beruhen. Das sind beispielsweise Vereinbarungen hinsichtlich des Ausbildungsstandes des Pferdes, der Zuchttauglichkeit oder der Reittauglichkeit. Wurde beispielsweise vereinbart, dass das Pferd zum Springen bis zur Leistungsklasse S gekauft wird, so muss das Pferd über diese Leistungsfähigkeit verfügen. Der Verkäufer schuldet hierbei jedoch nicht, dass das Pferd sämtliche Parcours fehlerfrei überwindet, da hierbei auch die subjektive Komponente der reiterlichen Fähigkeiten hereinspielt. Die objektiven Anforderungen entsprechen noch der alten Rechtslage, sodass es darauf ankommt, ob sich das Pferd für die gewöhnliche Verwendung eignet und das Pferd die übliche Beschaffenheit aufweist, sofern kein besonderer Verwendungszweck oder auch keine besondere Beschaffenheit vereinbart wurde. Danach wäre ein Pferd erst dann mangelhaft, wenn es aufgrund des tierärztlichen Befundes mit Sicherheit oder mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit alsbald erkranken und sich deshalb nicht für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung eignet. Jeder Pferdekäufer muss demnach hinnehmen, dass ein Pferd physiologische Abweichungen haben kann, diese jedoch nicht zwangsläufig zu einer Mangelhaftigkeit führen, da das Pferd sich weiterhin für den Vertragszweck eignet. Liegt nun ein Mangel vor, kann sich der Pferdekäufer zwischen der Kaufpreisminderung und dem Rücktritt entscheiden. Bei der Minderung bleibt das Pferd beim Käufer, er bekommt aber einen Teil des Kaufpreises erstattet. Tritt der Pferdekäufer rechtswirksam vom Kaufvertrag zurück, so muss er das Pferd an den Verkäufer zurückgeben, erhält jedoch im Gegenzug das Geld und notwendige Aufwendungen zurück. Um rechtswirksam von einem Pferdekaufvertrag zurücktreten zu können, muss das Pferd einen Sachmangel aufweisen, welcher zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs, sprich der Übergabe vom Verkäufer an den Käufer, bereits vorlag. Bei Verträgen zwischen Verbrauchern und Unternehmern wird gemäß § 476 BGB vermutet, dass der Sachmangel bereits vor der Übergabe an den Käufer vorlag. Grundsätzlich muss der Verkäufer jedoch die Möglichkeit eingeräumt bekommen, seinen Mangel gegebenenfalls zu beseitigen bzw. nachzuerfüllen. Ist die Nacherfüllung dem Verkäufer unmöglich oder unverhältnismäßig, gescheitert oder verweigert der Verkäufer sie endgültig, kann der Käufer von seinem Rücktrittsrecht Gebrauch machen. Das ist erst dann der Fall, wenn die Nacherfüllung nicht gelungen ist oder sogar gar nicht erst möglich ist. Das ist beispielsweise bei chronischen Erkrankungen und Erbkrankheiten der Fall oder bei Umständen, die der Sache als solches anhaften. Wir denken beispielsweise an die Fellfarbe des Pferdes, die auf die Gene des Pferdes zurückzuführen ist. Des Weiteren kommt es auf die Erheblichkeit des Mangels an. Dies wird z.B. bei einer Zuchtstute angenommen, die gar nicht aufnimmt oder einen vererbbaren Gendefekt aufweist. Auch kann die Einsatzfähigkeit des Pferdes für den Käufer als erheblich angesehen werden. Erheblich ist daher auch ein Mangel, wenn er nicht mehr zu beseitigen ist und sich das Pferd nicht für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung eignet. Das ist der Fall, wenn das Pferd einfach nicht über den Ausbildungsstand verfügt und dieser auch nicht mit unerheblichem Aufwand erreicht werden kann. Verhaltensstörungen eines Pferdes wie Koppen müssen ebenfalls nicht hingenommen werden.
Was hat das für Rechtsfolgen für den Käufer und den Verkäufer?
Hat der Käufer einmal den Rücktritt erklärt, kann er diesen leider nicht einfach widerrufen. Mit der Rücktrittserklärung wird der Kaufvertrag in ein sogenanntes Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt, aufgrund dessen die Parteien die empfangenen Leistungen Zug um Zug zurückgewähren müssen. Das ist für den Käufer die Rückgabe des Pferdes an den Verkäufer und für den Verkäufer die Erstattung des Kaufpreises an den Käufer (§ 346 I BGB). Erstattungsfähig sind auch die gezogenen Nutzungen des Käufers durch das Pferd, beispielsweise Preisgelder oder Auszeichnungen. Im Gegenzug erhält der ehemalige Käufer aber auch zum Beispiel die Kosten für Unterbringung, Tierarzt und Hufschmied erstattet.
Wie ist der Fall mit der Fellfarbe zu bewerten?
Die Farbbezeichnung eines Pferdes in der Verkaufsurkunde stellt eine Beschaffenheitsvereinbarung dar.
Grundsätzlich liegt ein Sachmangel vor, wenn das Pferd im Kaufvertrag als „Braunfalbe“ verkauft wurde, mit der Zeit jedoch zum Schimmel wurde. So entschied auch das Landgericht in Saarbrücken. Es erklärte, dass die Farbbezeichnung eine Beschaffenheitsvereinbarung sei, die eine nicht bloß deskriptive Beschreibung des Pferdes darstellt, sondern auch der Identifizierung dient. Die Farbe ist für den Käufer mithin auch ausschlaggebend für die Kaufentscheidung, sodass sich eine spätere Abweichung als erheblich herausstellt. Zu denken ist beispielsweise an Züchter, die ein Pferd mit genau dieser Fellfarbe erwerben möchten, um bestimmte Farbkreuzungen erzielen zu können. Dennoch stellt sich auch die Frage, inwieweit der Verkäufer für die Angabe „Braunfalbe“ rechtlich einzustehen hat, schließlich werden Angaben aus dem vom Zuchtverband ausgestellten Equidenpass in den Vertrag übernommen. Hierbei könnte man daran denken, dass mitunter auch die Haftung des Verkäufers begrenzt ist, wenn nicht erwartet werden kann, dass er die Richtigkeit der Angaben im Pass weitergehend untersucht, wenn das Pferd bei Gefahrübergang offensichtlich für alle Parteien als Braunfalbe erkennbar war und daraufhin auch der Vertrag geschlossen wurde. Im zu entscheidenden Rechtsstreit kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass die Klägerin das Pferd für einen Kaufpreis in Höhe von 10.000,00 Euro mit der Farbbezeichnung „Braunfalbe“ erwarb und es sich nach einem genetischen Test herausstellte, dass das Pferd zum Schimmel wird. Die Farbbezeichnung „Braunfalbe“ stellte nach Meinung des Gerichts eine Beschaffenheitsvereinbarung dar, die das Pferd nicht erfüllte. Ein im Vertrag gefasster Gewährleistungsausschluss umfasse nicht die Farbbezeichnung. Ebenso konnte nicht festgestellt werden, dass die Klägerin den Mangel bei Vertragsschluss kannte. Im Ergebnis entschied das Gericht überwiegend zugunsten der Käuferin und verurteilte die Verkäuferin zur Rückzahlung des Kaufpreises sowie zum Ersatz der notwendigen Unterhaltskosten des Pferdes. Pferderecht-Experte Anwalt Ackenheil: Um derartige Rechtsstreitigkeiten gänzlich zu umgehen, sollte immer ein besonderes Augenmerk auf die Beschaffenheitsangaben im Pferdekaufvertrag gelegt werden. Gerade Pferdezüchter sollten am besten Gentests im Rahmen der Ankaufsuntersuchung durchführen, um nicht nur eine mögliche Schimmelfärbung ausschließen zu können. Gentests sind eine wertvolle Ergänzung zur traditionellen Ankaufsuntersuchung. Sie ermöglichen eine fundiertere Entscheidung beim Pferdekauf und tragen wesentlich zur langfristigen Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Zuchtpopulation bei. Hat man sich einmal für einen Rücktritt vom Vertrag entschlossen, kann später nicht zu einer Minderung des Kaufpreises gewechselt werden. Diese Entscheidung ist bindend. Es ist natürlich verständlich, dass über die Zeit auch eine stärkere Bindung zum Pferd aufgebaut wird, und selbstverständlich kann man versuchen, mit dem Verkäufer dennoch zu einer Einigung zu kommen. Gelingt diese jedoch nicht, kann in dieser Konstellation der Käufer nur am Rücktritt festhalten. Daher muss die Entscheidung für einen Rücktritt gut überdacht werden.
Unser Experte: Andreas Ackenheil veröffentlicht als Spezialist für Pferde- recht regelmäßig in zahlreichen Fachzeitschriften und Onlineportalen juristische Fachbeiträge sowie Kommentare zu neuen Rechtsentscheidungen und hält Vorträge und Seminare. Zudem veröffentlichte der Rechtsanwalt einen großen Ratgeber für Tierrecht mit einem umfangreichen Kapitel über Pferderecht.
Text: Andreas Ackenheil, Rechtsanwalt Foto: www.Slawik.com