Text: Andreas Ackenheil, Rechtsanwalt      Foto: www.Slawik.com

Der Spezialist für Pferderecht, Rechtsanwalt Andreas Ackenheil, gibt auch in dieser Ausgabe die besten rechtlichen Tipps rund ums Thema Pferd

Es kommt immer wieder vor, dass kastrierte Hengste sich immer noch wie Hengste benehmen, ein ausgeprägtes Dominanzverhalten zeigen und sehr interessiert an Stuten sind. Dieses Verhalten ist nicht nur sehr nervenaufreibend, sondern kann auch sehr gefährlich werden, wenn der Wallach sich im Beisein von Stuten nicht mehr händeln lässt oder aus der Weide ausbricht, um zu den Stuten zu gelangen.

Gibt es viele Wallache, die Hengstmanieren zeigen? 


Wie groß der prozentuale Anteil hengstiger Wallache ist, ist schwer zu sagen. Kennt man allerdings einen Wallach mit Hengstmanieren, weiß man genau Bescheid, warum die Haltung und der Alltag im Reitstall so problematisch sind. Als besonders schwierig kann sich die Haltung in Offenstallgruppen oder gemischten Herden herausstellen. 
In freier Wildbahn ist ein Hengst der Herdenchef und bewacht seine Stuten. Glaubt nun ein Wallach, dass er immer noch ein Hengst sei, so kann das Stress in der Herde auslösen.

Aber auch in Wallachherden kann das zu vermehrten Kämpfen führen, wodurch das Verletzungsrisiko erheblich steigt.
Wenn der hengstige Wallach versucht, die Stuten der gemischten Herde zu decken, wird es sogar sehr gefährlich. Die Stute kann nämlich schwere Hufeisen- und Bissverletzungen erleiden.

Was gilt es bei einem hengstigen Wallach zu beachten?


Gemischte Herden sind eher ungeeignet, wenn der Wallach Hengstmanieren zeigt. Gerade die Stuten sind die Leidtragenden, da der Hengst sie bei ungewollten Deckakten verletzen kann. Auch reine Wallachherden können problematisch werden.

Es kommt teilweise vor, dass der hengstige Wallach auch vor dem Besteigen von Wallachen nicht Halt macht. Viele Besitzer eines hengstigen Wallachs stellen diesen mit alten Stuten zusammen. 
Funktioniert das ebenfalls nicht, so muss der Wallach alleine auf die Weide, um das Verletzungsrisiko zu minimieren.

Warum zeigen manche Wallache nach der Kastration noch einen Sexualtrieb?


Dies kann verschiedene Ursachen haben. Zum einen kann es vorkommen, dass die Kastration unvollständig war, sodass weiterhin körpereigene Sexualhormone gebildet werden. Oder aber, das Hengstverhalten ist psychisch verankert und somit ein Teil der sozialen Interaktion.

Nach der Kastration verringert sich das Hengstverhalten. In der Regel werden die Hengste früh gelegt, das heißt im Alter von zwei bis drei Jahren. Das Verhalten legt sich bei Junghengsten innerhalb von zwei bis vier Wochen. 
Bei älteren Hengsten legt sich das Hengstverhalten meist erst nach mehreren Monaten. Zeigt der Hengst allerdings noch lange nach der Operation hengstiges Verhalten, ist davon auszugehen, dass bei der Operation etwas schiefgelaufen ist.

 

Wenn die Kastration eines Hengstes nicht erfolgreich war


Ob die Kastration unvollständig war, lässt sich mit einem Hormontest ermitteln. In der Regel wird der HCG-Stimulationstest angewendet.

Der HCG-Stimulationstest wurde ursprünglich entwickelt, um zu ermitteln, ob der Hengst ein „Klopphengst“ ist (das ist ein Hengst mit innenliegenden Hoden). Bei diesem Test wird festgestellt, wie viel Testosteron der Wallach immer noch ausschüttet.

Wenn die Kastration schiefgelaufen ist, muss der Tierarzt sie dann erneut durchführen?


Wird beim Hormontest festgestellt, dass der Wallach immer noch hormonproduzierendes Gewebe besitzt, muss der Tierarzt seinen Fehler korrigieren.

Der Tierarzt, der den Eingriff vorgenommen hat, ist verpflichtet, den Fehler durch einen zweiten Eingriff zu beheben. Dabei muss der Tierarzt dem Pferdehalter alle anfallenden Kosten ersetzen. Dies können zum Beispiel der Transport, die Operationskosten, der Klinikaufenthalt oder die Nachsorge sein. 
Dies gilt jedoch nicht für Fälle, in denen der Pferdehalter eine Kastration im Stehen wünscht. Diese ist zwar kostengünstiger, aber mit mehr Risiken für das Pferd behaftet. Der Tierarzt muss den Pferdebesitzer auf alle Fälle über die verschiedenen Kastrationsmethoden und deren Vor- und Nachteile informieren.
So sollte der Tierarzt grundsätzlich auf diese Risiken hinweisen (z. B. schlechte Wundheilung und Infektionsrisiko). Unterläuft dem Tierarzt ein Fehler, wenn beispielsweise ein Hoden im Bauch zurückbleibt, haftet der Tierarzt, denn er hat mit dem Pferdehalter einen Vertrag abgeschlossen und schuldet diesem eine vollständige Kastration aus dem Behandlungsvertrag.

Was kann man tun, wenn der Wallach nur noch denkt, dass er ein Hengst ist?


Nicht immer ist der Tierarzt schuld, dass sich der Wallach nach der Kastration noch wie ein Hengst benimmt. Denn bei vielen Wallachen ist das Hengstverhalten psychisch bedingt.

Oftmals sind das Pferde, die bereits zum Deckeinsatz kamen. Das Umfeld des Wallachs kann aber auch Einfluss auf das Hengstverhalten nehmen. Wallache, die ständig umgeben von rossigen Stuten sind, zeigen öfter hengstiges Verhalten, weil so das Hengstverhalten reaktiviert wird.

Gibt es Hilfsmittel, die den Wallach mit Hengstmanieren beruhigen?


Viele Pferdehalter wollen den Sexualtrieb ihres Wallachs unterdrücken. Weit verbreitet ist das Medikament Regumate Equine. Das Medikament führt dazu, dass der Sexualtrieb des Wallachs deutlich heruntergefahren wird. Dauerhaft sollten solche Hormonpräparate aber nicht verabreicht werden. Vielmehr empfiehlt es sich, die Haltung des Pferdes zu überdenken und den Wallach eventuell in einen anderen Stall mit weniger Stress zustellen.
Andere Pferdebesitzer setzen auf Naturprodukte. Mönchspfeffer beispielsweise wirkt dem Sexualtrieb in der richtigen Dosierung ebenfalls entgegen.

Ein gekaufter Wallach zeigt Hengstmanieren – kann ich den Kaufpreis mindern?


Der BGH befasste sich im Jahr 2008 mit dem Thema, ob ein hengstiger Wallach als mangelhaft anzusehen ist. In dem konkreten Fall kaufte die Klägerin ein hochpreisiges Dressurpferd von dem Beklagten. Sie machte kurzerhand geltend, dass der Wallach mangelhaft ist, weil bei der Kastration das Hodengewebe nicht vollständig entfernt wurde. Daraus resultierte ein ausgeprägtes hengstiges Verhalten, weshalb sich das Pferd laut Aussagen der Klägerin nicht als Dressurpferd eignete.

Die Klägerin warf dem Beklagten vor, dass dieser sie arglistig getäuscht hatte, weil dieser den Mangel zum Kaufzeitpunkt gekannt habe.
Der BGH entschied, dass die Klägerin einen Anspruch auf Kaufpreisminderung hat. Der BGH begründete seine Entscheidung damit, dass das Pferd bei Gefahrübergang nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufwies, da die Kastration nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Die Klägerin musste dem Beklagten daraufhin aber keine angemessene Frist zur Nacherfüllung setzen. Vorliegend handelte es sich nämlich um eine Ausnahme gem. § 440 BGB, in dem die Fristsetzung entbehrlich ist.
Zwar war es der Klägerin durchaus zumutbar, die Kastration erneut durchführen zu lassen, jedoch war die Nacherfüllung aufgrund der Täuschungshandlung des Beklagten unzumutbar. Durch die arglistige Täuschung wurde die Vertrauensbasis der Vertragsparteien derart gestört, dass eine Nacherfüllung nicht erfolgen musste, da der Verkäufer nur nacherfüllen darf, wenn er von dem Mangel selbst nichts wusste.

Wie sieht es aus, wenn der Wallach nur in der Herde Hengstmanieren zeigt?


Oftmals werden Pferde aus reiner Boxenhaltung gekauft und in eine gemischte Herde gestellt. Gravierende Probleme im Sozialverhalten zeigen sich meist nicht in einer Haltung ohne, oder mit wenig Auslauf. Wenn sich in der neuen Herde herausstellt, dass sich der Wallach wie ein Hengst aufführt, fragen sich die Pferdehalter, ob sie rechtliche Ansprüche gegen den Verkäufer haben.

Dabei kommt es darauf an, ob diese Art der Pferdehaltung ausdrücklich beim Kauf des Pferdes vereinbart war. War dies nicht der Fall und sind die Vorbesitzer ebenfalls schon daran gescheitert, den Hengst in eine Herde zu integrieren und stand der gelegte Wallach immer allein auf dem Paddock und hatte lediglich Blickkontakt mit Artgenossen, musste der Verkäufer grundsätzlich nicht auf das Verhalten hinweisen. In derartigen Fällen muss der Käufer beweisen, dass der Verkäufer von dem Hengstverhalten wusste. Aber in solchen Fällen, wie so oft in der Rechtsprechung, ändern schon kleine Sachverhaltsabweichungen über den Erfolg oder Nichterfolg von der Durchsetzbarkeit mutmaßlicher Ansprüche.

Tipp vom Anwalt für Pferderecht Ackenheil


Vor dem Kauf eines Wallachs oder auch eines sonstigen Pferdes sollten Sie versuchen, so viel wie möglich über dessen Vergangenheit in Erfahrung bringen. Werden Sie hellhörig und besonders vorsichtig, wenn das Pferd in nur kurzer Zeit durch viele Hände gegangen ist!

Sollte eine tierärztliche Kastration fehlgeschlagen sein, ist der Tierarzt verpflichtet, diesen Fehler durch eine weitere Operation zu beheben. Damit Sie nicht Gefahr laufen, aufgrund von Formalitäten Ihre rechtmäßigen Ansprüche zu verlieren, sollten Sie frühzeitig den Rat eines auf Pferderecht spezialisierten und erfahrenen Anwaltes einholen. 
Mit meiner über 20-jährigen Erfahrung auf dem Gebiet des Pferderechts stehe ich Ihnen mit meinem Beraterteam deutschlandweit zur Verfügung.

Ihr Spezialist für Pferderecht

Rechtsanwalt Andreas Ackenheil

Unser Experte: Andreas Ackenheil veröffentlicht als Spezialist für Pferde- recht regelmäßig in zahlreichen Fachzeitschriften und Onlineportalen juristische Fachbeiträge sowie Kommentare zu neuen Rechtsentscheidungen und hält Vorträge und Seminare. Zudem veröffentlichte der Rechtsanwalt einen großen Ratgeber für Tierrecht mit einem umfangreichen Kapitel über Pferderecht.

www.tierrecht-anwalt.de

www.pferdeanwalt-pferderecht.de

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