Text: Andreas Ackenheil         Foto: Getty Images

Nicht jeder Pferdebesitzer nennt einen Pferdeanhänger oder auch ein Auto mit Anhängerkupplung sein Eigen. So ist es unter Pferdefreunden üblich, dass man sich gegenseitig unterstützt und sich bei einem anstehenden Transport den Pferdeanhänger ausleiht oder sich sogar bereit erklärt, den Transport des Pferdes schnell zu übernehmen.

Jedoch sollte man als hilfsbereiter Pferdefreund auch immer seiner Verantwortung bewusst sein. Verunfallt das Pferd, haftet man in erster Linie als Fahrer. Kann man die alleinige Haftung nicht entkräften, sieht man sich schnell mehreren Tausend Euro an Schadensersatzkosten gegenüberstehen.

Anhand eines Beispielfalls eines verunfallten Pferdeanhängers, mit dem sich das Oberlandesgericht Düsseldorf zu beschäftigen hatte, zeigt, wie schnell auch ohne einen groben Fahrfehler der Führer des Gespanns für den Unfall haften muss.

Der Sachverhalt

Im konkreten Fall erklärte sich der beklagte Pferdeanhängerfahrer bereit, für einen Dritten, der sich ein Pferd des Klägers ausgeliehen hatte, dieses in seinem Pferdehänger mit seinem Pkw zu transportieren. Auf der Autobahn kam es dann zu einem Unfall. Laut Aussage des Fahrers war ein Lkw zu dicht an den Anhänger gefahren und hatte durch das Betätigen der Luftbremse die Pferde verschreckt, sodass diese im Anhänger unruhig wurden. Die Pferde schaukelten durch ihre unruhigen Bewegungen den Pferdeanhänger so stark auf, dass er bei einer Geschwindigkeit von 80 Stundenkilometern ins Schleudern kam und umkippte. Das Pferd des Klägers verunfallte im Anhänger so schwer, dass es aufgrund der erheblichen Verletzungen erlöst werden musste. Der Besitzer des Pferdes verlangte nun Schadensersatz und zog vor die Gerichte.

Die Gerichtsentscheidung

Das Landgericht sprach dem Pferdebesitzer einen Schadensersatzanspruch gemäß § 823 I, II BGB i.V.m. § 3 StVO gegen den beklagten Pferdeanhängerfahrer in Höhe von ca. 7.000 Euro zu. Zur Begründung führte das Gericht an, dass der Beklagte als Kraftfahrer gegen die ihm obliegenden Sorgfaltspflichten verstoßen hatte, indem er seine Geschwindigkeit nicht so eingestellt hatte, dass er das Fahrzeug ständig beherrschte. Zudem rügte das Gericht, dass der Beklagte sein Fahrverhalten nicht an die Ladung und seine persönlichen Fähigkeiten anpasste. Auch seine Ausführungen bezüglich dem drängelnden Lkw konnte den verunfallten Gespannführer nicht entlasten, denn es waren keine Beweise ersichtlich, die ein Schleudern des Gespanns auf ebener Fahrbahn erklären konnten.

Beim Transport von Pferden: Achtung!

In seiner Entscheidung erklärte das Gericht, dass auch ein durchschnittlicher Kraftfahrer sich auf die Eigenart seiner Ladung einstellen müsse und gerade bei Lebewesen mit Unruhe rechnen müsse.

Drängeln und aggressives Auffahren: Alltag auf Deutschlands Autobahnen

Zwar darf der Kraftfahrer nach dem Vertrauensgrundsatz auf ein verkehrsgerechtes Verhalten der anderen Verkehrsteilnehmer vertrauen, jedoch gelte dies nicht gegenüber Rechtswidrigkeiten, die in konkreten Verkehrslagen so häufig vorkommen, dass mit ihnen gerechnet werden muss.

Dass Lkw-Fahrer dicht an Fahrzeuge mit geringer Geschwindigkeit fahren, kommt häufig vor, sodass sich der Fahrer eines Tiertransporters auf Unruhen einstellen müsse. Der Beklagte versuchte, sich auf das Verbot des Langsamfahrens gemäß § 3 II StVO zu berufen, welches das Gericht jedoch entschieden abwies mit der Begründung, dies wäre nur bei einem triftigen Grund gegeben.

Pferd ist für den Unfall verantwortlich

Wenn das Pferd im Anhänger für den Unfall verantwortlich ist, greift dann nicht haftungsmildernd die verschuldensunabhängige Tierhalterhaftung?

Nach ständiger Rechtsprechung gilt: Ist für die Entstehung eines Schadens auch die Tiergefahr des eigenen Tieres des Geschädigten mitursächlich, so muss sich der Geschädigte dies entsprechend § 254 Abs. 1, § 833 Satz 1 BGB mindernd auf seinen Anspruch aus § 833 Satz 1 BGB anrechnen lassen. Eine typische Tiergefahr äußert sich nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats in einem der tierischen Natur entsprechenden unberechenbaren und selbständigen Verhalten.

In unserem Beispielfall könnte man sicherlich die Meinung vertreten, dass nur durch das schreckhafte unruhige Pferd imAnhänger dieser ins Schleudern kam und es nur dadurch zum Unfall kam. Die Richter entschieden jedoch zu Gunsten des Pferdebesitzers, indem die spezifische Tiergefahr gemäß § 833 BGB nicht haftungsmindernd berücksichtigt wurde. Die Richter sahen die Verletzung der Sorgfaltspflicht des Gespannführers als gravierender an als die Haftung aus verschuldensunabhängiger Tierhalterhaftung. Der Fahrer hätte mit dem Pferdeanhänger die Autobahn nicht benutzen dürfen, wenn er nicht in der Lage ist, das Fahrzeug nebst Pferdeanhänger ausreichend zu beherrschen. Gemäß § 22 StVO ist zudem der Kraftfahrer für die ordnungsgemäße Sicherung der Ladung verantwortlich.

Tipp vom Anwalt für Pferderecht Ackenheil

In der Praxis ist die Haftungsfrage nicht immer einfach zu beantworten, weshalb die Umstände des Einzelfalles genauestens betrachtet werden müssen. Ist ein Schaden eingetreten, empfiehlt es sich, genauestens den Unfallhergang zu dokumentieren und Beweise zu sammeln. Da mitunter mehrere Personen an dem Unfall beteiligt sein können und bestimmte Vertragsverhältnisse mitberücksichtigt werden müssen, sollten man frühzeitig zur Klärung von Ansprüchen einen fachkundigen Rechtsbeistand zu Rate ziehen.

 

Unser Experte: Andreas Ackenheil veröffentlicht als Spezialist für Pferde- recht regelmäßig in zahlreichen Fachzeitschriften und Onlineportalen juristische Fachbeiträge sowie Kommentare zu neuen Rechtsentscheidungen und hält Vorträge und Seminare. Zudem veröffentlichte der Rechtsanwalt einen großen Ratgeber für Tierrecht mit einem umfangreichen Kapitel über Pferderecht.

www.tierrecht-anwalt.de

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