Schneller als man gucken kann, ist es passiert: Das Pferd spannt alle Muskeln an und geht durch. An Kontrolle über die Situation ist nicht mehr zu denken. Panisches Verhalten bei Treckern, Hunden und Co. ist bei Pferden keine Seltenheit. Wie schaffe ich es, dass die Angst meines Pferdes verschwindet? Ausbilder Jochen Schumacher gibt Tipps
Text: Lara Wassermann; Foto: Christiane Slawik
Locker und voll konzentriert läuft mein Pferd auf dem Platz, und ich rufe gerade eine höhere Lektion ab, als sich ein Trecker nähert. Mit lautem Motorengeräusch fährt er am Platz vorbei. Und während ich mich noch auf das Geräusch konzentriere, merke ich plötzlich, dass sich mein Pferd komplett verspannt und im nächsten Moment schon losschießt. Ich versuche, es einzufangen, aber muss feststellen, dass ich der Situation total ausgeliefert bin. Der Wallach rennt vor der „drohenden Gefahr“ davon und ist nicht zu bremsen.
Dieses Szenario haben wahrscheinlich schon viele Reiter erlebt, und es graust einem vor diesem völligen Kontrollverlust, der durch den Fluchtinstinkt des Pferdes ausgelöst wird. Nicht nur Trecker und andere Geräte scheinen für viele Pferde gefährlich, sondern auch andere Tierarten. Kühe, Schafe und Hunde sind für Pferde häufig nicht einschätzbar, da ihre Körpersprache eine völlig andere ist. Ungewöhnliche Geräusche und fremde Gerüche, die von ihnen ausgehen, tun ihr Übriges, um Panik beim Pferd hervorzurufen. Die Angst vor diesen Objekten scheint häufig sogar begründet. Wären wir Menschen nicht täglich von lauten Motorengeräuschen durch Autos, Trecker, Busse und Co. umgeben, würden sicherlich auch wir sie angsteinflößend finden. Wir sind von Geburt an die unterschiedlichsten Umwelteinflüsse gewöhnt und können die Gefahren, die von ihnen ausgehen, einschätzen, weshalb sie uns keine Angst mehr machen. Der Instinkt ist bei Pferden nicht der einzige Grund für eine Flucht, sondern auch die fehlende Desensibilisierung bei der Aufzucht der Fohlen und Jungpferde.
Hat es Tiere, Autos und Trecker kennengelernt? Wurde darauf geachtet, dass es keine schlechten Erfahrungen damit verbindet, sondern als natürliche, alltägliche Gegebenheiten erlebt? Jochen Schumacher ist seit über 35 Jahren Reitlehrer und Ausbilder im FS-Reitzentrum Reken und außerdem mehrfach zertifizierter und ausgezeichneter Ausbilder der FN, VFD und IPZV.
Prägende Phase
Er selbst hat schon viele Pferde kennengelernt, die durch Alltagsgeschehnisse aus der Ruhe zu bringen waren: „Ich glaube, dass das Geburtsdatum des Fohlens sehr wichtig ist. Fohlen sollten in der Weidezeit geboren werden. Die Prägung durch die Mutter ist von größter Bedeutung. Sozialkontakte und Bewegungsverhalten lernt ein Pferd nicht in der Box. Daher glaube ich schon, dass eine korrekte Aufzucht entscheidend ist über das Wesen eines jungen Pferdes.“ War das Pferd in seiner Aufzucht nicht vielen verschiedenen Situationen ausgesetzt, so konnte es auch nicht begreifen, dass ihm die verschiedenen Gegebenheiten keine Angst machen müssen. Je mehr es kennenlernt, desto besser lässt sich der Alltag meistern: „Grundsätzlich ist und bleibt das Pferd ein Fluchttier. Unbekannten Dingen entzieht es sich durch Weglaufen. Durch die langsame und konsequente Gewöhnung vom Einfachsten zum Schweren, von bekannten zu unbekannten Dingen, bekommt ein Pferd Vertrauen, kann seine Angst dann besser kontrollieren und dann einstellen“, erklärt Jochen Schumacher.
… den gesamten Artikel finden Sie in unserer aktuellen Ausgabe Mein Pferd 04/2017!