Intelligent, gutmütig und nervenstark – der Knabstrupper ist ein vielseitig einsetzbares Reit- und Fahrpferd mit einer aufregenden Geschichte. Beinahe hätte die Zucht Ende des 19. Jahrhunderts ein rasches Ende genommen. Doch die Rasse wurde gerettet, und heute wird neben dem barocken Typ auch die sportlich moderne Linie der Tigerschecken immer beliebter
Mit seiner typischen Fellfärbung fällt der Knabstrupper optisch sofort ins Auge. Dunkle Flecken auf weißem Fell machen ihn zur Besonderheit. Fälschlicherweise wird Pippi Langstrumpfs „Kleiner Onkel“ häufig für einen Knabstrupper gehalten. Dabei war das Filmpferd eigentlich ein Schimmel, dessen Fell mit Haarfärbemittel entsprechend eingefärbt wurde. Die Zucht von echten Tigerschecken begann hingegen auf dem königlichen Gestüt Frederiksborg in Dänemark, das im Jahr 1536 gegründet wurde. Der Knabstrupper geht auf den Frederiksborger zurück, eine alte Kulturrasse Dänemarks. Die Tigerschecken wurden als Farbvariante und unter Beeinflussung durch alte spanische Pferderassen aus den Frederiksborgern gezüchtet. Pferde spanischer Blutlinien erfüllten die Anforderungen an ein rittiges Kriegspferd und wurden daher für die Zucht verwendet.
Blitzeinschlag mit Folgen
Fürsten und andere Adelige Europas lernten damals in Reitakademien die hohe Kunst der Dressur. Die rittigen und auffälligen Knabstrupper waren dabei sehr beliebt. Sie sollten die Farbenfreude und frohe Lebensweise der barocken Fürsten zum Ausdruck bringen. Allerdings war die Farbvariante gleichzeitig sehr selten, und die europäischen Kriege hatten sie beinahe ganz ausgelöscht. Zur damaligen Zeit spielte die Kavallerie eine wichtige Rolle. Pferde wurden nicht nur im Kampf, sondern auch in Bereichen der Aufklärung, der Lebensmittelbeschaffung und der Sicherung eingesetzt. Leider bezahlten viele Vierbeiner den Krieg mit ihrem Leben. Dennoch entwickelte sich Frederiksborg zu einer der führenden Zuchten Europas. Im Jahr 1798 gelangten einige Pferde des königlichen Gestüts in den Besitz des Majors Villars Lunn. Dieser baute in Knabstrup, genauer auf Gut Knabstrup, eine private Zucht der Tigerschecken auf. Ihm war eine Stute aufgefallen, die durch ihre besondere Leistungsfähigkeit überzeugte. Flaebe war gleichzeitig Trägerin des Tigerschecken-Farbgens. So begründeten ihre Nachkommen, wie ein 1813 geborener Hengst, die neue Rasse. Kurz erfuhr die Zucht der gepunkteten Pferde einen deutlichen Aufschwung. Doch bald kam es zu einem Vorfall mit schlimmen Folgen. Dass Naturgewalten über Leben und Tod entscheiden, musste auch das Gestüt Knabstrup erleben. Ende des 19. Jahrhunderts fand die Zuchtgeschichte dort ein plötzliches Ende, als ein Blitz einschlug und einen verheerenden Brand auslöste. 22 Zuchtpferde kamen bei dem Feuer ums Leben und die Rasse wurde an den Rand des Aussterbens gebracht.
Die Rettung des Knabstruppers
Der Knabstrupper war nach dem Ende von Gut Knabstrupp nicht mehr so gefragt. Das lag unter anderem daran, dass er sich nicht mehr so gut für den Kriegseinsatz eignete, denn aufgrund seiner auffälligen Färbung war er bereits auf weite Distanzen erkennbar. Einigen kleinen privaten Züchtern, die zumeist der Landbevölkerung angehörten und die Rasse liebten, ist es zu verdanken, dass bis in die heutige Zeit genetische Bruchstücke des Knabstruppers erhalten geblieben sind. Da Arbeitspferde benötigt wurden, kam es zu entsprechenden Einkreuzungen. So mancher Knabstrupper wirkt bis heute im Typus oft noch schwerer und kurzhalsiger, als er ursprünglich war. Erst im Jahr 1952, also rund 60 Jahre nach dem Untergang des Gestüts Knabstrup, gründete der Landgerichtsanwalt Ledager mit einer geringen Anzahl an Nachkommen wieder ein Knabstrupper-Gestüt – ein neuer Versuch, die Rasse aufleben zu lassen. Diesmal mit anderen Rahmenbedingungen: Zwar waren die Auswirkungen der Kriege noch zu spüren, jedoch hatte das Pferd gesellschaftlich andere Aufgaben, und es wurden andere Anforderungen an die Vierbeiner gestellt. Die industrielle Revolution griff mit Beginn des 19. Jahrhunderts von Großbritannien auf die anderen Staaten Europas über und veränderte zum Jahrhundertende sowohl das Gesicht Europas als auch das der Welt.
Vom barocken zum sportlichen Typ
Der erste landesweite Zuchtverband für Knabstrupper wurde 1972 ins Leben gerufen. Als echter Knabstrupper gilt ein Pferd nur, wenn er in der dritten Generation ohne Einkreuzung von Fremdblut steht. Im Ursprungsland Dänemark existiert seit 1970 ein eigener Zuchtverband, der „Knabstrupperforeningen for Danmark“. Zuvor eingetragene Knabstrupper wurden in anderen Zuchtbüchern geführt, vornehmlich Frederiksborger und Oldenburger Zuchtbücher. Zum Teil allerdings ohne Abstammungsbelege. Daher sind manche wertvolle Abstammungen verloren gegangen. Bis heute besteht in Dänemark nur noch eine geringe Population von einigen hundert Zuchttieren. Viele der alten Blutlinien wurden aufgelöst oder nach Deutschland verkauft. Seither wird hierzulande versucht, eine solide züchterische Basis zu erhalten, sowohl für den barocken Typ als auch für den Sporttyp. Der Knabstrupper wird in Deutschland in allen Zuchtverbänden geführt, die Spezialrassen betreuen. Der Zuchtverband für Deutsche Pferde e.V. in Verden ist der hauptbetreuende Verband. Dass der Knabstrupper eine vielseitige Rasse ist, wird schon in seinem Zuchtprogramm ersichtlich. Es gibt zum einen einen barocken als auch einen modernen Typ. Letzterer wird noch einmal in Großpferde- und Ponymaß unterteilt. Während in Dänemark selbst hauptsächlich der moderne Typ unter viel Warmbluteinfluss gezogen wird und ein modernes Sportpferd in bunter Jacke entstanden ist, wird in Deutschland versucht, der ursprüngliche barocke Typ wiederzubeleben.
Ein überzeugendes Gesamtpaket
So unterschiedlich das Exterieur des Knabstruppers auch sein mag, so ähnlich ist das Interieur: Die Tigerschecken sind charakterstark, hochintelligent, ehrgeizig, umgänglich und gelehrig. Sie zeichnen sich zudem durch ihre Gelassenheit und Geduld aus. Knabstrupper sind freundlich und verlässlich. Aus diesem Grund wurden sie unter anderem zu beliebten Freizeitbegleitern. Doch auch als Reitpferd sind sie vielseitig einsetzbar, und sie bringen ein Talent für die hohe Schule mit. Aufgrund der meist weichen Bewegungsabläufe eignet sich der Knabstrupper außerdem als Voltigier- und Therapiepferd. Ebenso haben sie sich als Fahrpferde bewährt. Mit seinem freundlichen Wesen ist das Knabstrupper-Pony hervorragend für den Umgang mit Reitanfängern und Kindern geeignet. Auch wenn Knabstrupper sich zu echten Persönlichkeiten mit großer Willensstärke entwickeln können, bleiben sie in der Regel gutmütig. Da diese Pferde aufgrund ihrer Intelligenz schnell lernen, ist eine konsequente, aber liebevolle Ausbildung ratsam. Wer konsequent und kompetent ausbildet, hat einen willigen Partner, der auch schwierige Aufgaben gerne bewältigt. So mancher Tigerschecke findet erst in anspruchsvollen Aufgaben seine Erfüllung und zeigt gerne seine Leistungs- und Lernbereitschaft. Abwechslung und das Lernen neuer Lektionen kommen dem Knabstrupper entgegen. Von der Bodenarbeit über Zirkuslektionen bis hin zu der Arbeit am langen Zügel – die gescheckten Pferde langweilen sich nicht gerne.
Text: Aline Müller Foto: www.Slawik.com