Sie sind groß, kräftig und haben viel Behang: Shire Horses erkennt man schnell. Früher vor allem in der Landwirtschaft genutzt, finden sie heute auch im Freizeitbereich immer mehr Freunde
Als eine der größten Rassen der Welt sticht das Shire Horse besonders hervor. Nicht selten erreichen die Riesen ein Stockmaß von bis zu 210 Zentimetern und wiegen dabei bis zu 1.200 Kilogramm. Diese Rasse stammt ursprünglich aus den englischen Grafschaften Leicestershire, Staffordshire und Derbyshire. Den sogenannten „Shires“, auf Deutsch „Grafschaften“, verdanken die Pferde auch ihren Namen. Hier wurden sie vor allem für die Ritter gezüchtet. Im Jahr 1066 wird erstmalig von einem „great Horse“ gesprochen, welches man in Britannien bei Feldzügen entdeckt. Diese waren damals aber noch recht klein, entwickelten sich aber bald zu den heutigen großen Pferden. Bereits im 11. Jahrhundert wurden die „Gentle Giants“ als Kriegspferde eingesetzt. Im 19. Jahrhundert wurden Shire Horses vor allem von der britischen Armee genutzt, um Kanonen und andere schwere Ausrüstung zu transportieren. Sie waren auch als Reitpferde beliebt und wurden oft für Patrouillen und andere militärische Einsätze eingesetzt, da sie in der Lage waren, über Langstrecken hinweg schwere Rüstungen und die ihrer Reiter zu tragen. Zum anderen flößte ihre Größe vielen Feinden bereits im Vorfeld Angst ein. Das große Pferd war auch besonders beliebt bei Brauereien und wurde oft für den Transport von Bierfässern genutzt. Später wurden die Pferde dann zu Arbeitspferden in der Forst- und Landwirtschaft. Die Rasse ist auch für ihre enorme Zugkraft bekannt. Sie können bis zu fünf Tonnen ziehen, was vor allem an der Stellung der Hinterhand liegt. Shire Horses haben eine Y-förmige Beinstellung („hocks together“). Dadurch entsteht eine optimale Hebelwirkung, die die enorme Zugkraft möglich macht.
Strenge Zuchtregeln
Erst im Jahr 1878 wurde die English Cart Horse Society, heute bekannt unter Shire Horse Society, gegründet. Sir Walter Gilbey konnte das englische Königshaus davon überzeugen, dass es notwendig sei, alle schweren Pferdeschläge in einem Stutbuch unterzubringen. Ihre Aufgabe war es, die Qualität der Zucht zu sichern und die Sicherung der Wagen- und Zugpferde zu gewährleisten. Damit begann die Zucht der Shires. Da die Landwirtschaft aber stark abnahm, wurden viele Shire Horses für die Clydesdale-Zucht nach Schottland verkauft. Heute ist es der Shire Horse Society zu verdanken, dass der Bestand der Rasse stabilisiert werden konnte. Königin Elisabeth II. war die „Schutzpatronin“ der Rasse. Denn das Königshaus war schon immer in die Shire-Horse-Zucht involviert.
Muskulös und groß
Ein stabiler Körper mit einem kräftigen Rücken und einer muskulösen Hinter- und Vorhand kennzeichnen die Statur der starken Vierbeiner. Nicht nur die enorme Körpergröße- und Masse ist typisch für diese Rasse, sondern auch das dichte Langhaar fällt sofort ins Auge. Auffallend sind der üppige Kötenbehang sowie die wallende Mähne und der bodenlange Schweif. Weiße Abzeichen auf der Blesse und an den Beinen sind ebenfalls typisch für die großen Pferde. Ein schlanker Kopf, dunkle, treu blickende Augen und der leicht gebogene Hals lassen die Tiere anmutig und elegant wirken, trotz ihrer erstaunlichen Größe. In einigen Ländern ist es bis heute üblich, den Schweif von Kaltblütern wie den Shire Horses zu Showzwecken zu scheren oder zu kupieren. In Deutschland ist das Kupieren des Schweifes, der oftmals bis zum Boden reicht, jedoch verboten. Bei den Shire Horses kommen vor allem Braune und Rappen vor, Schimmel eher selten, und Füchse sind unerwünscht.
Sanfte Riesen
In ihrer englischen Heimat werden die Pferde auch liebevoll „Gentle Giants“, also „sanfte Riesen“ genannt. Denn im Gegensatz zu ihrer imposanten Erscheinung sind sie sehr sanftmütig und dem Menschen zugeneigt.
Meist zeichnen sie sich auch durch einen sehr ausgeglichenen Charakter, eine hohe Verlässlichkeit sowie eine enge Bindung zu ihrer Bezugsperson aus. Wie viele andere Kaltblutrassen sind auch die Shires schwer aus der Ruhe zu bringen und werden wegen ihrer gutmütigen und ruhigen Art sowohl unter dem Reiter als auch vor der Kutsche geschätzt. Allerdings sollte man sich von der etwas schwerfällig wirkenden Erscheinung nicht täuschen lassen. Denn im Gegensatz zu vielen anderen Kaltblütern haben Shire Horses ein lebhaftes Temperament. Auch sind die Tiere sehr lernwillig und arbeitsfreudig. Diese Eigenschaften ermöglichen einen vielseitigen Einsatzbereich der Pferde. Aufgrund ihrer Größe gehören die sanften Riesen zu den Spätentwicklern. Das hat zur Folge, dass sie später als andere Pferderassen ausgebildet werden sollten. Zwar wachsen die Pferde sehr schnell, dennoch brauchen Muskulatur, Sehnen und Gelenke viel Zeit, um sich vollständig zu entwickeln. Vor Vollendung des fünften Lebensjahres sollten sie daher nicht geritten werden.
Artgerecht halten
Aufgrund seiner Größe benötigt das Shire Horse natürlich mehr Platz als ein kleines Pony. Steht das Tier in der Box, sollte darauf geachtet werden, dass diese sehr groß ist und das Tier genügend Platz hat, sich frei zu bewegen. Bei der Boxenhaltung gilt als Faustformel für die Boxengröße: (Widerristhöhe x 2)². Der Untergrund sollte trocken und matschfrei sein, gleiches gilt auch für das Paddock. Shire Horses sind nämlich sehr anfällig für Mauke und Strahlfäule, nicht zuletzt wegen des Kötenbehangs.
Auch sind Kaltblutpferde wie die Shire Horses leichtfuttrig. Sie sind oft gute Futterverwerter und neigen dazu, schnell zuzunehmen. Bei der Fütterung sollte also bedacht werden, nicht zu viel Energie zuzuführen und Kraftfutter nur bei Bedarf zu füttern. Raufutter von guter Qualität sollte in ausreichender Menge zu Verfügung stehen.
Text: Nora Dickmann Foto: www.Slawik.com