Text: Nora Dickmann Foto: www.Slawik.com
Sie zeichnen sich durch Disziplin, Ausdauer, Eleganz, Präzision und Leichtigkeit aus und begeistern in der Spanischen Hofreitschule in Wien immer wieder die Besucher. Mein Pferd wirft einen Blick auf die Geschichte der weißen Superpferde
Große, prachtvolle und vor allem weiße Hengste, die in beeindruckenden Quadrillen geritten werden, die Levaden zeigen oder zur Zucht eingesetzt werden – mit der Spanischen Hofreitschule in Wien sind unweigerlich die Lipizzaner verbunden. Früher einmal Karster genannt, bekamen die Pferde ihren heutigen Namen durch das Gestüt Lipica, welches einmal die Zuchtstätte der Habsburger war. Heute sind sie in aller Munde. Übrigens sind die Lipizzaner die erste Pferderasse, die es zum immateriellen Weltkulturerbe gebracht hat, eingeschlossen die Reitkunst der Wiener Hofreitschule und auch das Gestüt Piber, die Geburtsstätte der Wiener Lipizzanerhengste.
Historisch überlegen
Der Lipizzaner gilt als eine der ältesten Pferderassen weltweit, die bereits 1786 erwähnt wurde. Die Herkunft der Pferde lässt sich bis 800 n. Chr. zurückverfolgen. Mauren brachten Berberpferde über Gibraltar nach Spanien. Die Vorzüge dieser Rasse wurden schnell erkannt, sodass die Zucht bald begann. Auch andere europäische Monarchen fanden Gefallen an den Tieren und kauften sie für ihre Höfe. Erzherzog Karl II. bekam aufgrund der kostspieligen Importe den Auftrag, eine Zuchtstätte im Habsburgerreich für diese Pferde zu finden. Die Wahl fiel auf Lipica im heutigen Slowenien. Dieser Ort gab den Pferden ihren heutigen Namen.
Karl ließ spanische Pferde als Zuchtgrundlage ankaufen, die auf dem kargen Karstboden bestens gediehen. Die heute noch verwendeten klassischen Hengstlinien gehen auf sechs Vatertiere zurück, welche zwischen 1765 und 1819 geboren wurden. Man kennt sie auf der ganzen Welt, die dänischen Plutos, die italienischen Conversanos und Neapolitanos, die böhmischen Maestosos, die Kladruber Favorys und die arabischen Siglavys. Auch Stutenfamilien, die auf Stammstuten zurückzuführen sind, stammen aus Lipica. Drei der 18 Familien existieren heute nicht mehr. In anderen Ländern und Gestüten wurden im Laufe der Zeit noch weitere Stutenfamilien gebildet, die aber nicht als klassisch gelten. Nach dem Ersten Weltkrieg, mit dem das Habsburgerreich sein Ende fand, wurde den Nachfolgestaaten jeweils eine bestimmte Anzahl an Lipizzanern zugesprochen. Österreich, so wie wir es heute kennen, blieben 97 Tiere. Diese siedelte man 1920 nach Piber um, wo seitdem die Zucht der weißen Pferde fortgesetzt wird.
Klares Zuchtziel
Das Zuchtziel der österreichischen Lipizzanerzucht ist seit über 400 Jahren klar vorgegeben und lautet, Pferde (Hengste für die Spanische Reitschule) zu ziehen, die allen Anforderungen der klassischen Reitkunst entsprechen. Zu Beginn der Zucht waren die Tiere noch bunt: Braune, Falben, Füchse, Isabellen oder Rappen – nur nicht weiß. Erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts setzte sich die uns heute bekannte weiße Farbe durch. Aus Geschmacksgründen wurde diese Farbgebung seitdem züchterisch bevorzugt. In der Spanischen Hofreitschule Wien gehört es allerdings zur Tradition, dass immer mindestens ein brauner Lipizzaner in den Stallungen der Hofreitschule zu finden ist. Sie gelten als Glücksbringer. Österreich hat von allen Zuchtländern am engsten an dieser Vorgabe festgehalten, weil mit der Spanischen Reitschule die ideale Hengstleistungsprüfungsanstalt zur Verfügung steht.
Den kompletten Artikel finden Sie in der neuen Mein Pferd- Ausgabe 02/2023.