Text: Nicole Audrit       Foto: Stefan Horstmann

Ein gemeinsamer Ausritt mit Hund und Pferd ist der Traum vieler Reiter. Um ein harmonisches und vor allem sicheres Miteinander für alle Beteiligten zu erreichen, steht etwas Erziehungsarbeit an. Nicole Brinkmann, zertifizierte Hundetrainerin und Pferdefachwirtin, zeigt die ersten Schritte damit aus Hund, Pferd und Mensch ein Team wird.

Sich einfach aufs Pferd zu setzen und den Hund frei mitzunehmen – in der Hoffnung, dass er mitläuft – wäre nicht sehr verantwortungsvoll. Außerdem klappt ein solcher Versuch nur in wenigen Fällen, meist bei Hunden, die einen perfekten Grundgehorsam haben. Damit der Traum vom Ausritt zu dritt in Erfüllung gehen kann, steht zunächst etwas Training für Hund, Pferd und Mensch an. Idealerweise hat der Mensch zu beiden Tieren bereits eine enge Vertrauensbeziehung.

Generell kann jeder Hund als Reitbegleithund ausgebildet werden. Sehr kleine Hunde können jedoch in höheren Gangarten Probleme beim Mithalten bekommen. Ausschlaggebend für die Eignung zum Reitbegleithund ist letztendlich das Temperament, einschließlich des Jagd- oder Hüteinstinkts, sowie die Gesundheit und Ausdauer des Hundes. Urprünglich waren das Flucht- und Beutetier Pferd und der Hund mit seinen Raubtiergenen Feinde. Um trotzdem eine harmonische Partnerschaft zu erreichen, muss die Ausbildung zum Reitbegleithund (und auch zum „Hundbegleitpferd“) schrittweise angegangen werden. Dabei muss der Mensch in einer vermittelnden und vor allem führenden Rolle dafür sorgen, dass die beiden Tiere miteinander auskommen.­ Ziel ist keine halbwegs funktionierende Gemeinschaft zu erreichen, sondern ein Team mit zehn Beinen und viel Spaß. Im Vordergrund steht dabei das Vertrauen beider Tiere in den Menschen. Der Mensch sollte als Rudelführer vom Hund und als Herdenchef vom Pferd anerkannt werden.

Der Stall ist kein Hundespielplatz

Nachdem der Hund in den Reiterhaushalt eingezogen ist, soll er nun den anderen vierbeinigen Liebling kennenlernen. Für dieses erste „Date“ sollte der Hund nicht einfach unüberlegt mit an den Stall genommen werden. Nicole Brinkmann ist zertifizierte Hundetrainerin und Pferdefachwirtin und beschäftigt sich seit Jahren mit der Ausbildung von Hunden und Pferden. Sie rät: „Der Hundehalter sollte besonders bei den ersten Stallbesuchen dem Hund die nötige Aufmerksamkeit schenken können. Hat sich der Hund nämlich ungewollte Verhaltensweisen am Stall erst einmal angewöhnt, ist es schwierig sie ihm wieder abzugewöhnen.“ Das bedeutet, der Hund – speziell der unausgebildete – sollte nur dann mit an den Stall genommen werden, wenn Zeit für ein Training eingeplant ist. Ansonsten sollte er lieber im Auto in der Hundebox warten. Natürlich sollte darauf geachtet werden, dass die Umstände wie die Außentemperatur passen. Andernfalls kann es gerade im Sommer schnell zu gesundheitlich bedenklichen Temperaturen im Auto kommen. Wenn der Hund mit an den Stall genommen wird, ohne das explizit eine Trainingseinheit zum Reitbegleithund stattfindet, sollte er immer im Auge behalten werden. Es bietet sich an, dem Hund einen Platz zu zuweisen, beispielsweise eine Decke neben der Box. Außerdem sollte sich der Reiter im Voraus über ein paar grundsätzliche Verhaltensregeln, die für den Hund am Stall gelten, Gedanken machen. Denn nur mit etwas Rücksichtnahme des Hundehalters kann ein entspanntes und vor allem sicheres Miteinander mit den Stallkollegen erreicht werden. Ein Reitstall ist und bleibt ein Ort für Pferde und kein Hundespielplatz oder eine riesige Freilauffläche. Hundetrainerin Nicole Brinkmann rät: „Der Hund sollte am Stall nicht einfach frei laufen gelassen werden, um dort permanent mit anderen Hunden zu toben, Futter zu klauen oder Katzen zu jagen.“ Auch dürfen Pferde natürlich nicht angebellt und auf keinen Fall gejagt oder gehütet werden. Selbstverständlich ist der Stall keine Hundetoilette. Generell sind Orte wie die Reithalle, Pferdeboxen, Weiden und Reitplätze absolut tabu für Hunde. Eine Ausnahme bildet ein Training zur Ausbildung zum Reitbegleithund. Selbstverständlich sollte auch darauf geachtet werden, dass der Hund nichts am Reitzubehör zu suchen hat – Bandagen und Gerten gehören nicht zwischen die Hundezähne. Für Fälle des Ungehorsams empfiehlt sich die Einführung eines Abbruchsignals, beispielsweise des „Neins“: Daraufhin muss der Hund jede Handlung – sei es Toben , Jagen oder Gamaschen Zerknabbern – sofort unterbrechen.

„Nice to meet you“

Die Verständigung zwischen Hund und Mensch soll ebenso wie die von Pferd und Reiter möglichst mühelos und entspannt sein (und aussehen). Daher sollte der Hund, bevor die Ausbildung zum Reitbegleithund beginnt, einige Grundkommandos beherrschen: „Sitz“ idealerweise in Verbindung mit „Bleib“, „Bei Fuss“ und den Rückruf. „Zudem sollten beim Hund sowohl Kooperationsbereitschaft als auch eine enge Mensch-Hund-Beziehung vorhanden sein“, erklärt die Chefin der Hundeschule Lieblingsviecher. Die Ausbildung wird sehr erleichtert, wenn der Hund bisher keinerlei negative Erfahrungen an einem Stall oder mit Pferden gemacht hat. Generell kann der Welpe bereits von klein auf mit in den Stall genommen werden. Jedoch muss der Hundehalter dabei immer aufpassen, damit der Hund keine traumatischen Erlebnisse – Tritt vom Pferd oder Kontakt mit Stromzaun – hat; diese würden die spätere Ausbildung zum sicheren Reitbegleithund enorm erschweren. Der Anblick des Pferdes sollte für den Hund positiv verknüpft sein, beispielsweise mit einem tollen langen Spaziergang. Und nicht mit den Schmerzen eines Kontakts mit dem Stromzaun oder einer beängstigenden Begegnung.

Beim Kennenlernen der Vierbeiner fungiert der Mensch als souveräner Vermittler und muss auf die individuellen Bedürfnisse beider Tiere achten. Dabei sollten die ersten Kontakte der Pferd-Hund-Gewöhnung äußerst positiv verlaufen: Das bedeutet, bei einem jungen und unerfahrenen Hund sollte ein ruhiges Pferd dabei sein, während bei einem aufgeregten Pferd ein zappeliger Welpe kein guter erster Kontakt ist. Zu Beginn kann der Hund etwas Zurückhaltung oder Ängstlichkeit gegenüber dem großen Tier zeigen. In solchen Fällen bietet sich eine spielerische Gewöhnung des Hundes an den Stall und seinen späteren „Freund“ Pferd an: Damit sind keine wilden Zerrspiele gemeint, vielmehr ein kontrolliertes Apportiertraining in der Gegenwart des Pferdes. Auch das Pferd kann sich so aus einiger Entfernung schon an den Hund, dessen Bewegungen und Geräusche, gewöhnen. Denn auch das Pferd sollte auf den Hundekontakt vorbereitet werden: Es sollte eine gute Grundausbildung besitzen und kann durch Gelassenheitsübungen an ungewohnte Situationen gewöhnt werden. Wenn sich die beiden Tiere in der Gegenwart des anderen relativ sicher und wohl fühlen, kann eine behutsame Annäherung stattfinden. Dafür ist eine ruhige Atmosphäre, sowie ein Helfer notwendig. Eine Person hält das Pferd, so dass der Hund langsam herangeführt werden kann. Oftmals sind die beiden Tiere sowieso sehr neugierig und interessiert aneinander und sollten unter Aufsicht – der Hund an der Leine, das Pferd am Strick – die Möglichkeit bekommen aneinander zu schnuppern und sich kennen zu lernen.

… in der aktuellen Ausgabe (10/2017) finden Sie alles, was Sie für die Gewöhnung von Hund und Pferd wissen müssen. In der November-Ausgabe lesen Sie, wie die erste Trainingsschritte vom Sattel aus am besten funktionieren.

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