Text: Katrin Link Foto: www.Slawik.com
Mal eben schnell vorm Satteln übers Pferd putzen, damit kein Staub zu sehen ist – das ist aus gesundheitlicher Sicht nicht ausreichend. Pferdesporttherapeutin und Autorin Karin Link erklärt, welche Bedeutung richtiges Putzen für Pferde hat
Putzen ist viel mehr, als nur Schmutz aus dem Fell zu entfernen. Traditionell hieß es früher: „Gut geputzt ist halb gefüttert.“ Und wehe, es waren nicht „50 Striegelflecken“ vom ausgeklopften Striegel auf dem Boden. Dann war Nachsitzen in Form von Weiterputzen angesagt. In „Grundausbildung für Reiter und Pferd, Richtlinien für Reiten und Fahren“, Band 1 (Hrsg.: Deutsche Reiterliche Vereinigung, 34. Auflage, Warendorf 2023), ist in den Vorbereitungen zum Reiten auf Seite 57 vermerkt: „Die tägliche Pflege bezweckt die Reinigung des Felles von Staub, Schmutz und Hautabsonderungen wie Schuppen und Schweiß. Die Reinigung wirkt auch wie eine Massage, die die Durchblutung der Haut und des Unterhautbindegewebes sowie die Hautatmung fördert. Das Putzen ist also nicht nur ein Reinigungsvorgang, sondern auch eine gesundheitliche Maßnahme, die eine bedeutende Rolle für das Wohlbefinden, die Leistungsfähigkeit und die Widerstandskraft des Pferdes spielt.“ Putzen spielt also eine bedeutende Rolle für das Wohlbefinden, die Leistungsfähigkeit und die Widerstandskraft des Pferdes. Gehen wir noch einen Schritt weiter. In der Verfassung der Weltgesundheitsorganisation WHO von 1946 wird die Gesundheit als ein „Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen“ definiert. Unter Leistungsfähigkeit verstehe ich Spaß an der Bewegung. Spaß auf jedem Level, ob beim Ausritt auf einfachem oder höherem Sportniveau. Widerstandskraft bedeutet für mich ein gutes Immunsystem und ein funktionierender Stoffwechsel, sowohl im Verdauungstrakt als auch im Bewegungsapparat – Muskeln, Sehnen, Gelenke und Knochen. Sowohl der Umgang mit und die Atmosphäre um das Pferd als auch frei von Bauchweh, Verspannungen und Schmerzen zu sein sind für mich bezeichnend für das Wohlbefinden. Daraus ergibt sich eine einfache Formel: Leistungsfähigkeit + Widerstandskraft + Wohlbefinden = Gesundheit.
Putzen ist also mehr, als nur Schmutz aus dem Fell zu entfernen. Geben wir dem Putzen eine neue Bedeutung: „Gut geputzt ist halb massiert.“ Putzen ist Massage. Putzen ist Mobilisieren. Putzen verbindet. Massagen lockern nicht nur die verspannte Muskulatur, sie reduzieren auch Schmerzen und Entzündungen. Beim regelmäßigen Massieren werden Endorphine, Serotonin und Dopamin ausgeschüttet. Es kommt zu einer generellen Entspannung und zu einem angenehmen Wohlbefinden. Das gesamte Gewebe profitiert davon, nicht nur der einzelne Muskel. Regenerationszeiten nach dem Training oder auch nach Verletzungen verkürzen sich.
Die Bedeutung der Haut
Die Haut ist ein Phänomen. Sie ist das größte Organ unseres Körpers und bedeckt unseren gesamten Körper und schützt jeden, ob Pferd oder Mensch. Sie bewahrt uns vor Hitze und Kälte, vor dem Eindringen von schädlichen Substanzen und Keimen sowie vor Staub und Dreck. Sie gibt uns Rückmeldungen über die in ihr beheimateten Akupunktur- und Stresspunkte (siehe Seite 58). Die Haut atmet, und ein Gasaustausch von Sauerstoff und Kohlendioxid findet statt. Die Haut hat für mich eine elementare Bedeutung. Über meine Hand verbindet sie mich mit dem Pferd. Sie ist meine Eintrittskarte, um Vertrauen aufzubauen und Rückmeldungen über den Gesundheitszustand des Pferdes zu erhalten. Ich möchte wissen, ob sich mein Pferd in seiner Haut wohlfühlt oder ob es Schmerzen oder Muskelkater hat. Während einer Verletzung, Krankheit oder auch nach einer Zahnbehandlung möchte ich wissen, wie es meinem Pferd geht und wie es sich fühlt. Ich muss es anfassen, um es wirklich wissen zu können. Das Putzen, die Berührung gibt mir jeden Tag aufs Neue ehrliche Antworten.
Den kompletten Artikel finden Sie in der Mein Pferd August-Ausgabe.