Heu ist das A und O in der Pferdefütterung. Unter anderem, weil es viel Rohfaser enthält und im Magen für eine gute Balance der Verdauungssäfte sorgt. Aber gibt es noch Alternativen, die das Gleiche können?

Heu macht glücklich und hält gesund

Wenn Pferde auf den trockenen, grünen Heustängeln herumkauen, sind sie glücklich und tun gleichzeitig etwas für ihre Gesundheit. Denn: „Heu hat einen sehr positiven Effekt auf das Wohlbefinden des Pferdes. Es befriedigt das Kaubedürfnis, da bei der Futteraufnahme viel mehr Zeit benötigt wird als beim Kraftfutter“, erklärt Fütterungsexperte Otfried Lengwenat. „Mit der langen Kautätigkeit wird auch viel Speichel gebildet. Der Speichel ist alkalisch und puffert somit im Verdauungskanal gut ab.“ Ein weiterer Vorteil des langen Kauens: Das Pferd fühlt sich durch müde Kaumuskeln allmählich satt. Es hat nämlich kein Sättigungsgefühl im Sinne eines Völlegefühls wie wir Menschen, weil es keinerlei Dehnungsrezeptoren im Magen hat, die signalisieren: Stopp, ich kann nichts mehr aufnehmen. Aus diesem Grund kann es bei Kraftfutter auch zu einer Magenüberladung kommen.

Rohfaser- und Energiegehalt

Der Schnittzeitpunkt des Grases bestimmt, wie hoch der Anteil der Rohfaser im Heu ist. Früh geschnittenes Heu enthält wenig Rohfaser, dafür viel Eiweiß, Aminosäuren und Energie. Spät geschnittenes Heu ist reicher an Rohfaser, hat dafür weniger Energie, weniger Eiweiß und weniger Nährstoffe. Für die Fütterung bedeutet das: Je weniger Leistung ein Pferd erbringen muss, desto rohfaserreicher sollte es gefüttert werden.

Da ältere Pferde mehr Energie benötigen und manchmal schlechter kauen können, eignet sich für sie eher früher geschnittenes Heu. Auch dünne Pferde sowie Zuchtstuten profitieren von dem hohen Energie- wie auch Eiweißgehalt in früh geschnittenem Gras. Dickere Pferde hingegen sollten eher energieärmeres, also später geschnittenes Heu erhalten.

Was ist Rohfaser?

Als Rohfaser bezeichnet man die unlöslichen Zellwandbestandteile von Heu, Stroh oder Gras. Diese pflanzlichen „Gerüstkohlenhydrate“ setzen sich zusammen aus Zellulose, Hemizellulose und unverdaulichem Lignin. Pro Tag sollte ein Pferd etwa zwei bis drei Kilogramm Rohfaser aufnehmen. In einem Kilogramm Heu stecken je nach Schnittzeitpunkt etwa 200 Gramm (z. B. junges Heu vom zweiten Schnitt) bis 300 Gramm (erster Schnitt nach Blüte gemäht) Rohfaser. Ein 600 kg schweres Pferd müsste 12 kg Heu fressen, um seinen Rohfaserbedarf zu decken.

Luzerne statt viel Kraftfutter

Kraftfutter ist nur in gewissen Mengen gut verdaulich, wird aber gerne als Energielieferant für Sportpferde genutzt. Französische Wissenschaftler aus Dijon haben herausgefunden, dass mit Luzerne der Kraftfutteranteil gesenkt werden kann, ohne dass die Pferde weniger Energie erhalten. Sie hatten fünf Pferden Hafer und Heu gefüttert, den fünf anderen Tieren gaben sie weniger Hafer, dafür Luzerne und die gleiche Menge Heu. Beide Rationen deckten den Energiebedarf zu 100 Prozent ab, die „Luzerne-Gruppe“ erhielt mit ihrer Ration aber sogar noch 30 Prozent mehr Proteine.

Gut für den Darm

Nicht nur das lange Kauen und intensive Einspeicheln machen Heu so wichtig für die Verdauung. Die im Heu enthaltenen Ballaststoffe, die Rohfaser, unterstützen die Darmmotorik und sorgen dafür, dass wichtige Mikroorganismen gut arbeiten können. Die Zellwandbestandteile des Heus können nämlich von den körpereigenen Verdauungssäften nicht aufgespalten werden. Zellulose wird aber von den Mikroorganismen im Darm verarbeitet. Dabei entstehen flüchtige Fettsäuren, die über die Darmschleimhaut ins Blut gelangen und das Pferd mit Energie versorgen. Die Mikroorganismenim Darm, umgangssprachlich auch Darmflora genannt, sind auf diese Rohfaser angewiesen und darauf eingestellt. Gelangen etwa zu viele leicht vergärbare Kohlenhydrate aus Kraftfutter in den Darm, ändert sich der pH-Wert. Die Mikroorganismen können sich nicht mehr so gut vermehren und arbeiten schlechter. Aus diesem Grund sind Heu und Co. so wichtig für eine gut funktionierende Darmflora.

Alternativen zu Heu

Die Vorteile von Heu liegen auf der Hand. Doch nicht immer steht hygienisch einwandfreies Heu zur Verfügung (Heu-Qualität siehe St.GEORG 1/2022, Seite 66-67). „Alternativen zu Heu wären Gras und seine Konservierungs-Produkte wie z. B. hygienisch einwandfreie Heulage oder Grassilage“, empfiehlt Lengwenat. Durch Stroh lässt sich Heu nur zu einem gewissen Teil ersetzen. Zwar deckt es das Kaubedürfnis ab, allerdings wird weniger Speichel produziert. Es kann zu Anschoppungskoliken kommen. Daher gilt: Maximal ein Drittel Heu durch Stroh ersetzen. Gras- oder Heucobs haben ebenfalls einen hohen Rohfasergehalt, sind aber kein hundertprozentiger Heuersatz, da das Pferd dabei weniger Speichel bildet. Die puffernde Eigenschaft des Speichels fehlen, das Risiko für Magengeschwüre und Koliken ist höher als bei Heufütterung.

Text: Kerstin Wackermann    Foto: www.Slawik.com

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