Was sollte ein Pferd während der Weidesaison zusätzlich fressen? Wann wird es durch eine Über- oder Unterversorgung vielleicht sogar gefährlich, und welche Inhaltsstoffe im Futter sind gerade in den wärmeren Monaten wichtig? Wir haben vier Futterexperten gefragt. 

 

„Spurenelemente sollten auf jeden Fall ergänzt werden. Daher sollte Mineralfutter auch im Sommer gefüttert werden.“

Dr. Kathrin Irgang, Tierärztin, Schwer- punkt Rationsberatung Pferde, www.tierarzt-ernaehrung.de

 

Die Winterfütterung besteht üblicherweise aus Heu, Heulage und Stroh im Grobfutterbereich und je nach Ernährungszustand, Rasse, Haltung, Alter und Leistung auch aus Krippenfutter, z. B. Getreide, Müsli, Pellets, Häcksel, Mash und Saftfutter wie Möhren, Äpfel, Rote Beete und eingeweichten Rüben- schnitzeln. Dazu passend Mineralfutter – im Winter am besten mit fettlöslichen Vitaminen, also ein „Komplett-Mineralfutter“. Wenn die Weidezeit beginnt, ist es sehr wichtig, die Pferde langsam an das junge rohfaserarme und eiweißreiche Grün zu gewöhnen. Denn der Pferdedarm ist sehr lang (ca. 40 m bei ei- nem Großpferd, also etwa wie die lange Seite eines Dressurvierecks) und enthält Milliarden von Mikroorganismen. Besonders im Dickdarm, wo das Futter lange verweilt, braucht die Mikroflora Zeit zur Anpassung an das Gras. Langsam heißt täglich ein paar Minuten mehr. Und keinesfalls nach einer Frostnacht im Sonnenschein auf die kurze Wiese! Hier können sich Fruktane anreichern und eine dramatische Hufrehe auslösen. Mit zunehmendem Weidegang kann Grobfutter und auch Kraftfutter eingespart werden, denn das Weidegras liefert Energie und viele Nährstoffe. Manchmal kann auf Kraftfutter ganz verzichtet werden. Ein Zuviel an Energie führt zur Fettdepots, die allein schon Hufrehe auslösen kann. Die Fettdepots liegen nicht einfach als Reserve auf dem Mähnenkamm, auf der Kruppe und den Rippen, sondern produzieren Hormone, die die Entstehung von Hufrehe begünstigen. Ein idealer Ernährungszustand ist somit sehr wichtig. Eine Eiweißüberversorgung spielt eine untergeordnete Rolle – sicher sollten bei viel Weidegang nicht noch eiweißreiche Futtermittel wie Bierhefe oder Luzerne zusätzlich angeboten werden. Eine Überversorgung mit Mengenelementen ist wenig wahrscheinlich, nur bei kräuter- und kleereichen Wiesen mit Calcium. Hier besteht das Risiko Harngries zu entwickeln. Spurenelemente sollten auf jeden Fall ergänzt werden. Daher sollten Mineralfutter auch im Sommer gefüttert werden. Im Weidegras sind vor allem fettlösliche Vitamine A, D und E enthalten, die dann besonders bei 24-h-Weide nicht extra supplementiert werden sollten. Daher gibt es in den letzten Jahren den Trend zum Weidemineral, wo hauptsächlich Spurenelemente wie Kupfer, Zink, Selen, Jod und Eisen ergänzt werden. Bei nur stundenweisem Weidegang empfiehlt es sich trotzdem, ein Komplettmineral beizubehalten. Weiden mit vielen Kräutern oder Klee sind sehr calciumreich. Andere Mengen- und Spurenelemente können nur über eine Laboranalyse bestimmt werden. Generell gilt, dass je höher der Aufwuchs wird und je mehr Rohfaser enthalten ist, der Nährstoffgehalt abnimmt. Hier ist die langsame Gewöhnung an das neue Futter sehr wichtig. Pferde sollten morgens mit Heu oder Heulage versorgt werden, auf Kraftfutter sollte besser verzichtet werden. Einige Betriebe bieten zusätzlich Stroh auf der Weide an. Genügend Grobfutter zusätzlich zum Anweiden ist wichtiger als Kraftfutter besonders bei Freizeitpferden. Wird das Wetter wärmer, fangen die Pferde leistungsabhängig auch mehr an zu schwitzen. Im Schweiß gehen vor allem Natrium, Kalium und Calcium verloren. Hier reicht es, Pferden einen Salzleckstein zur freien Verfügung anzubieten. Nur wenn die Pferde regelmäßig gedeckt nassgeschwitzt sind, sollte auch Viehsalz mit dem Kraftfutter gegeben werden. Meist ist das bei Sportpferden nötig. Eine Überversorgung mit Weidegras, besonders eine zu schnelle Futterumstellung kann zu Fehlgärungen, also zu Kolik im weitesten Sinne führen, auch Blähungen und Kotwasser werden beobachtet. Neben der Belastung des Darmes kann Hufrehe auftreten. Giftpflanzen wie Jakobskreuzkraut (Leberbelastung), Bergahorn (Atypische Weidemyopathie) oder auch Herbstzeitlose (vor allem im Süden Deutschlands, schnell tödlicher Verlauf mit Kolik, Durchfall und Krämpfen) können lokal und saisonal eine Rolle spielen.

 

 

„Calcium ist wichtig für die Knochenstabilität.“

Dr. Kerstin Schneider, Pferdeernährungsberaterin, www.pferdeernaehrungsberatung.de

 

Der Energiegehalt im Weidegras ist sehr hoch. Somit sollte das Kraftfutter in der Weidesaison reduziert werden. Es ist wie im Heu auch in geringer Konzentration al- les an Spurenelementen und Mineralstoffen im Weidegras enthalten. Somit ist bei nicht aufgefüllten Speichern auch in der Weidesaison ein Mineralfutter erforderlich. Wenn der Mensch das Pferd in der Weidesaison genauso füttert wie im Winter, so entsteht in erster Linie eine Überfütterung. Also ist die Gefahr von Übergewicht sehr groß. Es sind sehr viele Zuckermoleküle im Weidegras enthalten, was zur Übersäuerung und Entgleisung des Stoffwechsels führen können. Man kann das Gras auch schon anhand von optischen Aspekten beurteilen, ohne dass es im Labor untersucht werden muss. Daran kann man erkennen, ob es besonders reich an speziellen Inhaltsstoffen ist. Ein grasreicher Wiesenbestand bedeutet, dass relativ wenig Calcium enthalten ist. Calcium ist neben der Bedeutung für die Knochenstabilität auch wichtig als Puffer. Somit sollte dann Algen- oder Futterkalk zugefüttert werden. Bei kräuterreichen Beständen ist das nicht nötig. Die Fütterung des Pferdes sollte außerdem an die Umstände (geringer Rohfaser- gehalt, hoher Wasseranteil) angepasst werden, indem auf alle Fälle ausreichend. Heu zusätzlich angeboten wird. Da die Pferde im Sommer vermehrt schwitzen, ist es wichtig, dass ein Salzleckstein auf der Koppel zur Verfügung steht. In vielen Fällen werden die Pferde im Sommer überfüttert, wodurch eine Überversorgung mit Energie auftritt.

 

Im nächsten Artikel finden Sie die Antworten weiterer Futter-Experten.

 

Interview: Lara Wassermann, Bild: slawik.com

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