Um das Pferd artgerecht zu betten und seinen Bedürfnissen gerecht zu werden, sind die richtigen Bodensysteme gefragt. Wir verraten Ihnen, worauf Sie bei der Wahl der Einstreu, besonders jetzt im Winter, achten sollten
Text: Jessica Classen

Die richtige Einstreu zu finden ist doch nicht so schwer, denken viele. Aber achten wir auch genau auf die Bedürfnisse unserer Pferde, oder nehmen wir der Einfachheit halber das, was der Stall anbietet? Bevor wir allerdings wahllos Einstreu verwenden, gibt es einiges zu beachten, denn Fragen wie beispielsweise „Welche Eigenschaften muss Einstreu grundsätzlich haben?“, „Bei welcher Haltung sollte welche Einstreu verwendet werden?“ oder „Bei welcher Einstreu gibt es hygienische Bedenken?“ müssen beantwortet werden. Stellen Sie sich vor, Sie würden in einen rechteckigen Raum einziehen. Wenn Sie Glück haben, finden Sie ein Fenster, einen Auslauf oder sogar eine kleine Terrasse vor. Wenn Sie Pech haben, dürfen Sie lediglich einen Blick auf die Stallgasse werfen. In diesem Raum sollen Sie mindestens die Hälfte des Tages verbringen, dort essen und schlafen, und sogar die Toilette befindet sich darin. Klingt wie ein Gefängnis, hin und wieder sogar mit Freigang? Dann wird es Zeit, dass wir mehr darauf achten, wie unsere Pferde von uns gehalten werden. Denn genau das sollte der Unterstand nicht sein – ein Gefängnis. Im Idealfall fühlen sich unsere Pferde nämlich dort wohl und stehen oder liegen gerne in ihrem „Bettchen“.

Das muss Einstreu können

Ein Bodensystem muss grundsätzlich vier wesentliche Anforderungen erfüllen: Wärmedämmung, Verformung, Rutschsicherheit und Feuchtigkeitsbindung. Einstreu muss also Pferdemist aufnehmen und gleichzeitig als isolierendes und weiches Lager für ruhende Pferde dienen. Aber wie sieht es unter der Einstreu aus? Betonböden strahlen Kälte aus, Holzböden nehmen Feuchtigkeit auf, und beide sind nicht wirklich rutschfest, besonders nicht im Winter oder wenn nicht genügend Einstreu vorhanden ist. „Die Rutschsicherheit kann zuverlässiger durch einen synthetischen Bodenbelag wie die Gummimatte realisiert werden“, empfiehlt Prof. Dr. Barbara Benz von der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Nürtingen-Geislingen. Eine Gummimatte wärmt das Pferd, ist weich und zusätzlich auch noch rutschsicher, sofern sie denn richtig verlegt wird. „Bei einer Gummimatte kommt es in erster Linie auf die Qualität und auf das Verlegen an“, ergänzt Gerlinde Hoffmann, Leiterin der Abteilung Umwelt und Pferd der Deutschen Reiterlichen Vereinigung e.V. (FN). „Wenn eine Matte schlecht verlegt wurde, können die Ausscheidungen des Pferdes und anderer Schmutz darunter gelangen. Dies führt zur Bakterienbildung und zu Krankheiten.“ Außerdem ist es wichtig, dass eine Gummimatte regelmäßig herausgenommen und grundgereinigt wird. Wenn das passiert, können bereits drei von vier Anforderungen an ein Bodensystem von einer Gummimatte verwirklicht werden. „Allerdings kann nur eine der Anforderungen ausschließlich durch Einstreu erfüllt werden – die Feuchtigkeitsbindung“, erklärt Prof. Dr. Barbara Benz.

Trockengelegt

Besonders in der nasskalten Jahreszeit, in der wir uns gerade befinden, müssen wir darauf achten, dass das Pferdebett weich, warm und vor allem trocken ist. So können wir allergischen Reaktionen oder Husten vorbeugen und entgegenwirken. „Es gibt die unterschiedlichsten Varianten von Einstreu, die alle ihre Vor- und Nachteile haben“, erklärt Gerlinde Hoffmann. „Meistens kommt Stroh als Einstreu zum Einsatz.“ Das ist die klassische Variante, die bereits seit Jahrhunderten für Pferde genutzt wird. Stroh als Einstreu basiert auf Getreidestroh und ist ein Nebenprodukt der Ernte. Es gibt verschiedene Strohsorten zu beachten: Die für Pferde am besten geeigneten Sorten sind Weizen und Roggenstroh, da diese vom Pferd gerne gefressen werden und besser verdaulich sind als andere. Gerstenstroh kann dagegen Verdauungsstörungen verursachen, und Haferstroh hat eine geringe Haltbarkeit. Stroh stellt eine luftige Einstreu dar, die gerne auch als Raufutter verwendet wird. Allerdings bildet es keinen rutschfesten Untergrund und nimmt auch schlecht den Pferdemist auf. Wird nicht regelmäßig gemistet, stinkt es also. „Schlechte Luftqualität entsteht durch das Schadgas Ammoniak in der Stallluft. Ammoniak riecht stechend und schädigt die Lungen“, sagt Prof. Dr. Benz. Es kommt zu einer Ammoniakbindung, die wiederum die Luftqualität beeinträchtigt. Ammoniak entsteht aus dem Harn, und deswegen muss dieser möglichst schnell und vollständig aufgesogen werden. „Deshalb ist es wichtig, dass die verschmutzte Einstreu baldmöglichst und regelmäßig aus dem Stall gebracht wird“, mahnt Prof. Dr. Barbara Benz. Aber nicht nur Ammoniak beeinträchtigt die Luftqualität. Ein weiteres Kriterium für schlechte Stallluft ist die Staubentwicklung. Achten Sie darauf, ein möglichst gering staubendes Einstreumaterial zu verwenden. Viele Pferde- und Stallbesitzer benutzen Sägespäne als Alternative zum Stroh. „Dies ist aber nur möglich, wenn die Rauhfutterversorgung anderweitig sichergestellt ist“, sagt Gerlinde Hoffmann. Erhältlich sind Späne oft von frischem Holz und deshalb nicht immer vollständig trocken. Aufgrund der vorhandenen Feuchtigkeit ist eine Staubentwicklung gering bis kaum vorhanden. „Trockenheit hat aber stets Vorrang“, so Prof. Dr. Barbara Benz. „Je besser die Einstreu aufsaugt, desto weniger Ammoniak kann entstehen. Das Wasseraufnahmevermögen der Einstreumaterialien ist unterschiedlich und kann bis zu über 500 Prozent des Eigengewichtes betragen.“ Neben den Sägespänen werden auch Hobelspäne als alternative Einstreuform verwendet. Hobelspäne sind eine besonders luftige und federnde Einstreu, die die Gelenke des Pferdes schont und dabei besonders saugfähig ist. Bei beiden Späneformen müssen Sie aber darauf achten, dass sich nicht zu große Holzstücke darin befinden, denn diese könnte das Pferd fressen, oder es kann sich beim Liegen daran verletzen. Auch Strohpellets – Leinen-, oder auch Flachsstroh – genannt, bilden eine Alternative zu herkömmlichem Stroheinstreu. Strohpellets sind extrem saugfähig, allerdings ist bei dieser Einstreu die Staubentwicklung höher als bei Spänen. Leinenstroh besteht aus kleingehäckselten Flachsstängeln, hat eine starke Saugfähigkeit und ist äußerst staubfrei. Es kann allerdings zu Koliken und Verdauungsbeschwerden führen, sollten Pferde es in großen Mengen fressen. Aber egal, für welche der vielen Einstreumöglichkeiten Sie sich letztendlich entscheiden: Die Gesundheit des Pferdes darf dabei nicht beeinträchtigt werden.

Wenn Pferde wählen könnten

Betrachten wir das Bodensystem aus Sicht unserer Pferde: Könnten sie nämlich selbst entscheiden, welche Bodensysteme und Einstreu sie haben möchten, ginge die Tendenz zur Gummimatte als Hauptuntergrund, weil sie darauf trittsicher stehen. Auch Prof. Dr. Barbara Benz empfiehlt eine Gummimatte als Bodenbelag: „Für mich ist dabei ausschlaggebend, dass Gummimatten drei von vier notwendigen Funktionen eines Boxenbodens besser erfüllen können als Einstreu alleine.“ Gerlinde Hoffmann gibt allerdings zu bedenken, dass eine schlecht verlegte Matte Bakterienherde schürt und dass der Stoppeffekt bei beschlagenen Pferden umstritten ist: „Die Hufe können an einer Gummimatte hängen bleiben und eine Drehbewegung, die für das Pferd typisch ist, nicht zulassen.“ Aus diesem Grund ist es sehr wichtig, dass Sie besonders auf die Qualität der Gummimatte achten. Für die Feuchtigkeitsbindung muss letztendlich immer die Einstreu sorgen. Aber was würden unsere Pferde bei dieser großen Palette an Angeboten hier wählen? „Pferde bevorzugen sowohl in der freien Natur als auch in der Box einen trockenen, verformbaren und trotzdem trittsicheren Untergrund. Zu harte, zu kalte oder zu nasse und sumpfige Böden werden als Liegeuntergrund gemieden“, erklärt Prof. Dr. Benz. Geschmäcker sind eben verschieden: Sie können alle gängigen Einstreumaterialien für einen trockenen Untergrund nutzen. Hierbei handelt es sich nämlich eher um eine Frage der Qualität und des Managements als um eine des Materials. Jeder Pferdehalter muss daher seine Stallgegebenheiten und die Ansprüche des Pferdes berücksichtigen und individuell entscheiden, welche Einstreu für ihn, vor allem aber für sein Pferd, infrage kommt.

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