Text: Nora Dickmann Foto: www.Slawik.com
Das züchterische Ziel hat sich in den letzten Jahren enorm gewandelt. Nicht immer zum Vorteil der Pferde. Doch wieso eigentlich, und wie hat sich das auf das Exterieur der Pferde ausgewirkt?
PSSM2 ist zurzeit in aller Munde, man hört immer wieder etwas über ECVM oder DSLD. Alles soll auf die Genetik der Elterntiere zurückzuführen sein. Doch stimmt das? Züchten wir unsere Pferde krank? Schließlich hat nicht nur die Evolution, sondern auch der Mensch ein Mitspracherecht, wenn es um die Zucht geht. Vor allem der Dressursport sucht Talente, die langbeinig, elastisch und bewegungsstark sind, ein Nervenkostüm aus Stahl wird ebenfalls angestrebt und dann noch eine schicke Fellfarbe. Jeder Züchter möchte schließlich das besondere Pferd züchten.
Höchstes Gut Gesundheit?
Während die Tiere früher genutzt wurden, um Lasten zu ziehen, Feldarbeit zu leisten oder Waren zu transportieren, orientiert sich die heutige Zucht deutlich in Richtung Sport. Das sieht auch Dr. Britta Schöffmann, Dressurausbilderin und Autorin, so: „Das frühere Pferdetyp Arbeitspferd mit mal mehr Talent für Dressur, mal mehr für Springen, mal mehr für Vielseitigkeit ist Geschichte. Heute steht vor der Geburt schon fest, wohin die sportliche Reise gehen wird.“ Was bedeutet das für den Pferdekörper? Oft sieht man junge Pferde, die, wenn auch erst mal nur privat, höhere Lektionen gehen, als ihrem Alter entsprechen. „Auch wenn viele Reiter glauben, die Ausbildung nun schneller durchziehen zu können, so sollte sie meiner Meinung nach eher länger dauern, damit zum körperlichen Talent auch die körperliche Stabilität hinzukommen kann“, sagt die Dressurausbildern. Denn ohne Balance, Stabilität und Tragkraft, wird der Pferdekörper die Belastung nicht lange aushalten. „Das oft angeboren ‚große‘, exaltierte Gangwerk und die weiche Fesselung stellen eine Herausforderung für den Pferdekörper dar“, so Dr. Britta Schöffmann weiter. Der moderne Pferdetyp braucht auch länger, um die immer mehr gewollte Muskulatur aufbauen zu können. Experten sprechen hier von bis zu zwei Jahre mehr in der Ausbildung. Denn die Muskulatur ist ein komplexes System, das wie Zahnräder ineinandergreifen muss, um zu funktionieren. Im Kern geht es dem Reiter immer wieder darum, dass die Hinterhand Last aufnimmt und die Pferde daraus schwungvoll nach vorn geritten werden können. Wird dies zu früh verlangt, kann dies zu Gelenk- und Sehnenschäden führen. Auch Springpferde benötigen eine circa fünfjährige Ausbildung, um der gewünschten Belastung langfristig standhalten zu können.
Skala der Ausbildung
Dr. Britta Schöffmann schränkt ein: „Es gibt Pferde, die beinahe spielerisch fliegende Wechsel und Serienwechsel lernen und die über so viel natürliche Versammlungsbereitschaft verfügen, dass sie, ohne viel dafür üben zu müssen, auch siebenjährig eine Viertel- oder halbe Galopp-Pirouette gehen. Wenn dafür aber viel und hart geübt und trainiert werden muss, dann sollte das Pferd so viel Zeit bekommen, wie es körperlich und mental braucht.“ Denn Überforderung führt auf Dauer zu keinem positiven Ergebnis. Die Dressurausbilderin ist sich aber sicher, dass die Skala der Ausbildung, die Takt, Losgelassenheit und Anlehnung als Voraussetzung für die Körperspannung zur Gesunderhaltung vorgibt, nicht diskutabel ist: „Wer diesen Weg verlässt, schlägt einen fatal falschen Weg ein.“
Takt und Losgelassenheit müssen aufgebaut und beibehalten werden, immer. Dabei kann die Anlehnung so früh wie möglich, und so spät wie nötig trainiert werden.
Den kompletten Artikel finden Sie in der aktuellen Mein Pferd- Ausgabe.