Text: Anna Castronovo Foto: www.Slawik.com
Die Impfung gegen Herpes war jahrelang umstritten. Ab 1. März 2023 hat die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) sie zur Pflicht gemacht. Tierärztin Dr. Susanne Müller erklärt, warum das so wichtig ist
Nur noch selten leben Pferde immer im selben Bestand. „In der Regel gibt es immer wieder Wechsel, die meisten Pferde verlassen für Ausritte, Training oder Turniere regelmäßig den heimischen Stall und treffen dabei natürlich auch auf Pferde anderer Bestände“, sagt Dr. Susanne Müller, Tierärztin beim Tiergesundheitsdienst Baden-Württemberg und Mitglied des Arbeitskreises Pferd der Ständigen Impfkommission Veterinärmedizin (StIKo Vet). „Transporte als solche, aber natürlich auch das Zusammentreffen mit Pferden fremder Bestände können eine Herausforderung für das Immunsystem sein. Die Wahrscheinlichkeit, mit Krankheitserregern in Kontakt zu kommen, steigt mit der Zahl der Pferdekontakte. Auch durch Menschen können Krankheitserreger von einem Stall in den nächsten getragen werden.“ Eine Möglichkeit, sein Pferd vor bestimmten Infektionskrankheiten zu schützen, ist eine Impfung. Wird diese korrekt und rechtzeitig durchgeführt, kann sie im Idealfall die Entstehung einer Erkrankung verhindern oder zumindest den Verlauf mildern und die Dauer sowie die Menge der Erreger, die ausgeschieden werden, verringern. „Damit kann man der Entstehung schwerster Erkrankungsverläufe vorbeugen und bei gutem Betriebsmanagement schwere Ausbrüche im Stall verhindern“, so Dr. Müller.
Wie sicher sind Impfstoffe?
Gerade in Zeiten von Corona ist das Thema Impfen in aller Munde – das Misstrauen ist zum Teil groß. Aber: „Die Hürden zur Zulassung eines Impfstoffes sind sehr hoch“, so die Expertin. „Impfstoffe müssen festgelegte Kriterien hinsichtlich Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit erfüllen, bevor sie zugelassen werden können. Um diese Anforderungen zu erfüllen, stecken in der Regel mehrere Jahre Entwicklungsarbeit in den jeweiligen Produkten. Ist ein Impfstoff marktreif und bekommt von der darauf spezialisierten Behörde nach eingehender Prüfung die Zulassung erteilt, wird weiterhin jede neu produzierte Charge immer vor Freigabe für den Markt geprüft. Anders kommt der Impfstoff nicht in den Verkauf.“
Trotzdem handelt es sich bei Impfstoffen um immunologische Arzneimittel. „In der Tat sind bemerkbare Immunreaktionen auf Impfstoffe – also sogenannte Nebenwirkungen – nicht vollständig auszuschließen“, erklärt Dr. Müller. „Das können Schwellungen an der Injektionsstelle, vorübergehende Abgeschlagenheit oder eine kurzfristig erhöhte Körpertemperatur sein – diese Antwort des Immunsystems sollte auch ‚erlaubt‘ sein. Hier gibt es große individuelle Unterschiede, welches Pferd mit welcher Impfung keinerlei Probleme hat oder umgekehrt eben in den Seilen hängt, nachdem es geimpft wurde“, so die Veterinärin. Normalerweise klingen die beschriebenen Symptome aber innerhalb weniger Tage komplikationslos ab.
Damit der Körper des Pferdes auf die Impfung mit der optimalen Immunantwort reagieren kann, dürfen nur gesunde Tiere geimpft werden. Deshalb untersucht der Tierarzt das Pferd vor der Impfung. Prinzipiell sollten Entwurmungen vor den Impfungen erfolgt sein. „Liegt ein Parasitenbefall vor, sollte vor der Impfung eine Entwurmung vorgenommen werden, um hier eine optimierte Ausgangssituation für das zu impfende Pferd zu schaffen“, so Dr. Müller. Denn: „Ein starker Wurmbefall ‚bindet‘ Kapazitäten des Organismus und der Immunantwort.“ Auch wichtig: Nach der Impfung soll das Pferd einige Tage nur leicht bewegt werden, sodass es nicht schwitzt.
Mehr Informationen finden Sie in der November- Ausgabe der Mein Pferd.