… aber brich dir bitte nicht das Bein! Was wir mit einem Kinderlied und folglich mit Spaß in Verbindung bringen, ist in der Realität oft ein sehr ernstes Thema. Warum Pferde stolpern und worauf wir Reiter besonders achten müssen, erklärt Osteopathin Julia Breuer, die bei ihrer Arbeit immer wieder mit Pferden zu tun hat, die über kleinste Bodenunebenheiten fallen
Interview: Jessica Classen

Mein Pferd: Warum stolpern Pferde? Welche Ursachen gibt es dafür?
Julia Breuer: Stolpern ist zunächst nur ein Symptom, dessen Ursachen zahlreich und sehr unterschiedlich sein können. Von Stellungsfehlern der Hufe über Wirbelblockaden, einen unpassenden Sattel bis hin zu degenerativen Erkrankungen wie beispielsweise Arthrosekann alles infrage kommen. Meiner Erfahrung nach liegen oft mehrere Probleme gleichzeitig vor. Pferde, die häufig stolpern, haben oft Blockaden aufgrund von Bewegungseinschränkungen. Oft führen Blockaden in der Lendenwirbelsäule zu einer fehlenden Gewichtsaufnahme der Hinterhand, sodass sich das Pferd nicht korrekt ausbalancieren kann und auf die Vorhand „fällt“. Bei Bewegungseinschränkungen jeglicher Art versucht der Körper zunächst, bestmöglich zu kompensieren. Und dies hat wiederum Einfluss auf andere Strukturen und Funktionszusammenhänge im Körper.

Mit welchen Methoden können diese Ursachen behoben werden?
Das ist ursachenabhängig. Zur Verdeutlichung ein Beispiel: Ein Pferd stolpert häufig vorne links, wenn es geritten wird. Es hat seit längerer Zeit Blockaden im Übergang der Brustwirbelsäule zur Lendenwirbelsäule auf der rechten Seite; diese blieben allerdings unbemerkt. Als Folge entsteht eine Überbelastung des linken Vorderbeins, und hinzu kommt, dass der Sattel nicht korrekt sitzt und dadurch Druck im Widerristbereich ausübt. In diesem Fall wird es also nicht reichen, „nur“ den Sattel zu verändern.

Kann eine einseitige Bewegung ein Grund für das Stolpern sein?
Das kann nicht eindeutig mit Ja oder Nein beantwortet werden. Auch hier kommt es auf die Umstände an. Sowohl gymnastizierende Übungen im Viereck als auch Reiten „geradeaus“ durchs Gelände will gelernt sein. Es gibt sicherlich Geländereiter, die ihre Pferde richtig in Biegungen reiten und sie in die Versammlung bekommen; aber halt auch jene Reiter, die ihre Pferde immer stundenlang geradeaus am langen Zügel „latschen“ lassen. Diese Extreme gibt es natürlich auch im Viereck. Es ist ein Unterschied, ob das Pferd täglich nur seitwärts und auf sehr engen Zirkeln geritten wird oder aber eine ausgewogene Trainingseinheit absolviert, in der sowohl geraderichtende als auch biegende Übungen abverlangt werden. Am besten für Pferd und Reiter (auch psychisch betrachtet) ist die gesunde Mischung. Dennoch sollte ein korrekt gerittenes Pferd ohne Vorerkrankung und dem richtigen Training, egal ob Geländeoder Viereckpferd, nicht anfangen zu stolpern.

Kann das Stolpern auf die Unaufmerksamkeit meines Pferdes zurückzuführen sein?
Es gibt mit Sicherheit auch Pferde, die durch reine Unaufmerksamkeit stolpern. In solchen Fällen sollte das Stolpern aber wirklich vereinzelt und situationsabhängig auftreten. Ein unachtsames Pferd mit einem ebenfalls unaufmerksamen Reiter kann natürlich genau wie jedes andere Lebewesen über eine Bodenunebenheit stolpern, ohne dass eine andere Ursache dahintersteckt. Kommt das jedoch öfter vor, sollte man das Pferd durchchecken lassen.

Müsste ich mein Training verändern?
Das Training sollte meiner Meinung nach generell immer abwechslungsreich gestaltet sein. Zum Beispiel unterschiedliches Gelände, neue Übungen, Stangenarbeit und so weiter, sodass es dem Partner Pferd nicht zu langweilig wird und es auch motiviert mitmacht.

Wie würde eine solche Behandlung bei Ihnen aussehen?
Eine osteopathische Behandlung dauert bei mir in etwa zwischen 45 und 60 Minuten. Das Pferd wird unterdessen abgetastet und verschiedenen Bewegungsüberprüfungen unterzogen. Ich arbeite dabei ausschließlich mit meinen Händen! Währenddessen werden verschiedene Behandlungstechniken aus der Osteopathie genutzt. Jedes Pferd, jede Krankheitsgeschichte und somit jede einzelne Behandlung ist anders. Der Therapeut muss situativ entscheiden, welche Technik genutzt wird. Das ist natürlich auch befundabhängig. Es werden Techniken sowohl aus der parietalen-(Bewegungsapparat), der viszeralen-(innere Organe) als auch der craniosacralen Osteopathie (Verbindung Schädel zum Kreuzbein über die Hirnhaut) verwendet. Wichtig ist, dass das Pferd nach der Behandlung eine Arbeitspause hat. Ich empfehle, es sieben Tage nicht zu reiten, nicht zu longieren. Das Pferd sollte sich aber möglichst täglich so lange wie möglich frei bewegen können. Mit der Behandlung nehme ich auf das ganze Pferd Einfluss, auch auf die Funktion der inneren Organe, die Hormonausschüttung, sämtliche Stoffwechselkreisläufe und natürlich den Bewegungsapparat. Der Körper braucht daher Zeit, um sein inneres Gleichgewicht wiederherstellen zu können.

… das gesamte Interview mit Julia Breuer finden Sie in unserer aktuellen Ausgabe Mein Pferd 02/2017 auf den Seiten 70-75.


Weitere Infos zu Julia Breuer finden Sie auf ihrer Homepage.

 

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