Atemwegserkrankungen des Pferdes können zum einen von Viren oder Bakterien hervorgerufen werden, zum anderen aber auch auf eine Allergie zurückzuführen sein. Häufig liegen die Ursachen in Haltungsfehlern. Wie Sie Problemen vorbeugen können und wann ein Tierarzt hinzugezogen werden sollte, erklären Ihnen unsere Experten

Jedes vierte Pferd in Deutschland leidet mittlerweile an Husten, die Tendenz ist steigend. Bei etwa zehn Prozent ist die Erkrankung chronisch. Damit es gar nicht erst so weit kommt, müssen die Anzeichen rechtzeitig erkannt werden. Dazu gehören neben Husten auch Leistungsschwäche, Atemnot, Atemgeräusche oder Nasenbluten. Generell können Atemwegsprobleme sowohl in den oberen als auch in den unteren Atemwegen auftreten. Meist machen sich Erkrankungen der oberen Atemwege durch Kehlkopfpfeifen, Knorpelentzündungen der Stellknorpel oder Zysten unterhalb des Kehldeckels bemerkbar. Der weiche Gaumen kann sich nach oben über den Kehldeckel verlagern. Zu den Erkrankungen der unteren Atemwege zählen unter anderem die akute (infektiöse) und die chronische Bronchitis. Die Ursachen für Husten beim Pferd sind vielfältig. Neben Viren, Bakterien und Parasiten kann auch eine Allergie schuld sein. Bezüglich der Entstehung von Krankheiten sind zudem die Auswirkungen der Haltungsbedingungen nicht zu unterschätzen. Starke Staubentwicklung, hohe Luftfeuchtigkeit, Bewegungsmangel und Schadgase fördern Atemwegserkrankungen beim Pferd.

Atemwege: Komplexes Schutzsystem

Da über die Atemluft viele unerwünschte Fremdstoffe in die Luftwege des Pferdes geraten, hat die Natur ein Schutz- und Reinigungssystem entwickelt: Der Hustenreflex entfernt nämlich sowohl größere Fremdkörper als auch Schleim aus der Luftröhre. Kleinste Störungen des Schutzsystems können jedoch bereits zu schweren Lungenschäden führen, die dann chronisch werden.

Neben der Schutzwirkung besitzt die Lunge die Fähigkeit, sich zu reinigen: Die kleinen Bronchien und Bronchiolen sind mit Flimmerhärchen besetzt. Diese sind dazu da, Viren, Bakterien sowie Staub mit einer Staubschicht zum Rachen zu transportieren – ähnlich wie auf einem Fließband. Auch die Lungenbläschen werden von der Natur durch einen Sekretfilm geschützt. Zusätzlich gibt es besondere Fresszellen des Immunsystems, auch Makrophagen genannt, die Fremdkörper aufnehmen und sozusagen verdauen. Husten ist ein Symptom, das zunächst fast immer durch eine Erkrankung der Atmungsorgane hervorgerufen wird, gelegentlich können aber auch Herzkrankheiten oder betroffene Bauchorgane die Ursache sein. Das ist allerdings eher selten der Fall.

Harmlos oder nicht?

Besonders in der kälteren Jahreszeit hört man immer wieder Pferde, die zu Beginn des Trainings husten und anschließend kräftig abschnauben. Oft werden diese Anzeichen nicht weiter beachtet, doch jeder Husten kann bereits ein Zeichen für eine beginnende oder chronische Lungenerkrankung sein, vor allem, wenn die Symptome anhalten. Auch wenn Sie nicht bei jedem Husten sofort einen Tierarzt rufen müssen, ist es wichtig, das Pferd zu beobachten. Ein frühzeitiges Erkennen der Ursachen und eine entsprechende Behandlung können schlimmere Folgen verhindern. Weißer oder sogar gelblicher Ausfluss aus der Nase sollte immer ernst genommen werden, da es sich dann um eine Entzündung handelt. Hingegen treten Ermüdungs- oder Erschöpfungszustände nicht nur bei einer Atemwegserkrankung auf. „Eine Leistungsschwäche kann unter anderem auch auf ein Herzproblem hinweisen“, sagt Dr. Enno Allmers und fügt hinzu: „Die meisten lungenspezifischen Symptome lassen jedoch schnell eine Lungenerkrankung in Erwägung ziehen.“ Außerdem können Atemwegserkrankungen zu Fieber führen, welches jedoch auch bei Infektionen anderer Organe auftreten kann. Insektenstiche im Kehlkopf- und Rachenbereich mit Schwellung der Schleimhaut ziehen zwar häufig eine akute Atemnot nach sich, allerdings keine Erkrankung der Atemwege.

Der Tierarztcheck

Bei chronischen Atemwegserkrankungen gilt: Je früher sie erkannt wird, desto höher sind die Chancen, die Lebensqualität eines betroffenen Pferdes zu erhöhen. Bei der ersten Untersuchung versucht der Tierarzt zunächst herauszufinden, ob der Husten akut, chronisch oder durch eine Allergie bedingt ist. Für eine sichere Diagnose sollte er das Pferd sowohl im Ruhezustand als auch nach Belastung abhören. Zusätzlich kann mit einer Blutprobe oder einer Probe des Bronchialschleims Gewissheit über vorhandene Viren und Bakterien geschaffen werden. Eine Endoskopie zeigt, wie stark die Bronchien angegriffen sind, und eine Blutgasanalyse gibt Auskunft über den Sauerstoffgehalt im Blut.

Allergien als Ursache von Atemwegserkrankungen

Die Atemwegsallergie gehört zu den häufigsten Allergieformen. Die Gefahr, dass die Beschwerden chronisch werden, ist groß, deswegen sind eine frühzeitige Diagnostik und eine gezielte Behandlung wichtig. Schlechte, staubige Luft oder minderwertiges Futter werden aufgenommen und führen zu harmlos wirkendem Reizhusten. Charakteristisch ist, dass der Husten bleibt und die Schleimhäute zunehmend empfindlicher werden. „Oft haben Stauballergiker bereits eine lange Vorgeschichte“, erklärt die Tierheilpraktikerin Sandra Voß, die in ihrer Praxis seit vielen Jahren allergische Pferde behandelt. „Meist wurde ein Infekt der Atemwege nicht richtig ausgeheilt, oder aber die Haltungsbedingungen waren nicht optimal.“ Neben einem Mangel an Bewegung machen reine Boxenhaltung sowie staubiges Futter oder schlechte Futterqualität die Atemwege anfällig. Tatsächlich ist der Auslöser für allergische Erkrankungen fast immer im direkten Umfeld der Pferde zu finden. Hinzu kann eine Grundveranlagung des Pferdes kommen, die allergische Reaktionen in Folge von Viruserkrankungen begünstigt. Vor allem Boxenpferde entwickeln durch das Zusammenspiel dieser beiden Faktoren viel häufiger eine allergische Lungenerkrankung als Pferde in Offenstall- oder Weidehaltung. Durch die Einstreu mit Stroh und Heu sammelt sich vermehrt Staub in der Stallluft an, der von den Pferden eingeatmet wird. Nicht selten enthält dieser Staub auch Pilzsporen und Milben, die als besonders aggressive Auslöser von Allergien gelten.

Allergiker richtig behandeln

Wenn Sie wissen, dass Ihr Pferd ein Allergiker ist, sind optimale Haltungsbedingungen die beste Prophylaxe. Der Kontakt mit dem Allergieauslöser muss nun auf ein Minimum reduziert werden. Eine nichtmedikamentöse Behandlung besteht in gesteigerter Bewegung sowie einer staubarmen bis staubfreien Haltung und Fütterung. Zusätzlich kann die Gesundheit des Pferdes durch Akupunktur, chinesische Heilkräuter oder Atemübungen unterstützt werden. Bei medikamentösen Therapieansätzen werden Schleimlöser, bronchienerweiternde Medikamente und gegebenenfalls Kortison zur Reduzierung der Entzündung in der Lunge gegeben. Auch chronische Atemwegspatienten können zusätzlich eine Infektion haben, die es zu behandeln gilt. Bei therapieresistenten Fällen kann eine Lungenwäsche notwendig sein. Hierbei wird der Schleim in der Lunge mit einer Hyperinfusionstherapie gelöst. Das Pferd muss über drei Tage in der Klinik mit Infusionen versorgt werden, die zu einem Flüssigkeitseintritt in der Lunge führen und so den Schleim lösen. Haben Sie den Verdacht, dass Ihr Pferd auf etwas in seiner Umgebung allergisch reagiert oder gar eine Atemwegserkrankung hat, führen Sie es zu einem möglichst staubfreien Ort.

Akute Maßnahmen ergreifen

Halten Sie Ihr Pferd zudem, so gut es geht, von anderen Pferden fern, denn sollte es eine Atemwegserkrankung sein, kann diese im Falle von Influenza oder Druse höchst ansteckend sein. Es ist sinnvoll, in regelmäßigen Abständen die Temperatur, den Puls und die Atemfrequenz des Pferdes zu messen und alles schriftlich für den Tierarzt festzuhalten. Sorgen Sie dafür, dass Ihr Pferd immer Zugang zu frischem und sauberem Wasser hat, um eine Austrocknung zu verhindern, und geben Sie ihm kein Futter ohne Absprache mit einem Tierarzt. Gegen Influenza und andere Infektionen können Sie Ihr Pferd vorbeugend impfen lassen, und Lungenwürmer werden durch eine entsprechende Wurmkur vermieden. Auch die Stall- und Boxenpflege spielt eine wichtige Rolle. Manchmal sind staubfreie Sägespäne als Einstreu sinnvoll. Streuen Sie dabei nicht zu hoch ein und halten Sie die Box immer sauber. Beim Misten sollte das Pferd nicht in der Box stehen; bestenfalls warten Sie sogar eine gute Stunde, bis es nach dem Misten wieder in die Box kommt. Idealerweise steht Ihr Pferd in einem Offenstall oder in einer Außenbox. Das Heu sollte von guter Qualität sein und vor dem Verfüttern getränkt werden. Putzen Sie Ihr Pferd immer draußen und nie in der Box. Reagiert Ihr Pferd nur im Sommer allergisch, haben Sie vermutlich einen Sommerallergiker, der auf Pollen reagiert.

Bewegung stärkt das Immunsystem

Die tägliche Bewegung beziehungsweise ein regelmäßiges Training des Tieres sind zwar ein wichtiger Baustein für die Gesundheit, müssen aber der individuellen Konstitution des Pferdes angepasst werden. Erst wenn sich die Beschwerden wieder gebessert haben, kann das Training Schritt für Schritt gesteigert werden. Im Gegenzug wirkt sich regelmäßige Bewegung auch positiv auf das Immunsystem aus: Ein Pferd, das sich im Offenstall kontinuierlich bewegen kann, hier ausreichend frische Luft und ausreichend Sonnenlicht bekommt, ist besser gewappnet gegenüber Lungenerkrankungen als ein Boxenpferd. Das Tier entwickelt eine bessere Abwehr, und sowohl Bakterien als auch Viren haben ein nicht so leichtes Spiel. Sie können also mit den Haltungs- und Trainingsbedingungen einen großen Einfluss auf die Gesunderhaltung Ihres Pferdes nehmen.

Text: Aline Müller und Kerstin Wackermann    Foto: www.Slawik.com

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