Es summt und brummt an jeder Ecke im Stall und auf der Weide. Vor allem in der Abenddämmerung entwickeln sich Mücken zu wahren Plagegeistern. Für Pferde mit Sommerekzem wird diese Jahreszeit zum Spießrutenlauf, da sich ihr Leiden mit jedem Stich verschlimmert.

Text: Julia Schay-Beneke Foto: Slawik

 

1. Alle Arten von Mücken können das Sommerekzem auslösen.

Nein, das Sommerekzem nimmt unter den allergischen Reaktionen auf Insekten eine Sonderstellung ein. Es wird ausschließlich vom Speichel ganz bestimmter Mücken ausgelöst. Je nach Region heißen sie Gnitzen, Kriebel-, Stech- oder Sandmücken: die so-genannten Culicoides Species (siehe Foto). Es handelt sich um sehr kleine Mücken, die etwa zwei Millimeter groß werden. Sie legen ihre Eier vorzugsweise an feuchten Stellen oder stehenden Gewässern. Über vier Larvenstadien entwickelt sich die Puppe, aus der nach ein bis zwei Wochen die adulte Mücke schlüpft. Die Männchen sind Pflanzensauger, die Weibchen die gefürchteten Blutsauger. Sie bevorzugen bei Pferden vor allem den Mähnenkamm und die Schweifrübe. Mit dem Stich beginnt der Teufelskreis: Sie geben ein Sekret ab, das die Blutgerinnung hemmt und zu der allergischen Reaktion führt.

 

2. Die Mücken sind vor allem in der Dämmerung aktiv.

Das ist richtig. Diese Art Mücken hat ganz bestimmte Lebensgewohnheiten – wer diese kennt, ist klar im Vorteil. Ihre bevorzugten Brutstätten sind stehende oder langsam fließende Gewässer wie Regentonnen, Bachläufe oder große Pfützen. Bei Ekzemern sollte sich nichts davon in der Nähe eines Paddocks oder einer Weide befinden! Gnitzen sind – wie fast alle Mücken – dämmerungsaktiv, sie fliegen also vorrangig in der Morgen- oder Abenddämmerung. Viele Pferde spüren das instinktiv und zeigen zu dieser Zeit verstärkte Unruhe, genau wie bei schwülem Wetter und heraufziehendem Gewitter. Warmes Wetter mit hoher Luftfeuchtigkeit sowie wenig Wind lockt Mücken in Scharen an. Es hilft, Pferde zu diesen Zeiten und bei ungünstigen Wetterlagen aufzustallen und Ventilatoren im Stall aufzustellen. Mücken mögen weder Wind noch kühle Luft und bleiben so eher weg. Auch Mittagssonne meiden sie, weswegen im Sommer die Zeit von 10 bis 14 Uhr als sicherste Weidezeit gilt.

 

3. Die richtige Fütterung senkt die Allergiebereitschaft der betroffenen Pferde.

Zumindest begünstigt eine falsche Fütterung die Anfälligkeit – genauso wie Stress, falsche oder zu viel Pflege sowie hormonelle Schwankungen. Vitaminmängel, zu wenig einwandfreies Raufutter und im Gegenzug zu viel kohlehydrat- und zuckerreiches Kraftfutter können sich fatal auswirken. Die Ekzembereitschaft des Pferdes wird erhöht, es neigt zu Übergewicht, und die Histaminbildung mit den entsprechenden Symptomen wird verstärkt. Deshalb sollten fette Graswiesen und Müslis mit versteckten Zuckern so gut es geht gemieden werden. Erkrankte Pferde sollten rohfaser- und mineralstoffreiches Futter erhalten, das auf seinen Gehalt an Selen, Biotin und Zink überprüft werden sollte. Außerdem wird das Zufüttern von Leinöl, das reich an essenziellen Fettsäuren ist, Tierärzten empfohlen. Wichtig: Alles, was die Haut zusätzlich reizt, lieber weglassen! Duftende Shampoos, Glanzsprays oder andere Pflegeprodukte können den Juckreiz deutlich verschlimmern.

 

4. Für das Sommerekzem gibt es keine Heilung.

Das ist leider wahr. Im Anfangsstadium der Krankheit treten Papeln unter der Haut auf, die bis zu drei Zentimeter groß werden können. Diese lösen nach kurzer Zeit die Kardinalsymptome Juckreiz und starke Unruhe aus. Am stärksten sind Mähnenkamm, Schweifrübe, Kruppe, Widerrist, Schopf und die untere Bauchregion betroffen. Dort, wo die Mücke das Pferd sticht, spürt das Pferd einen unerträglichen Drang,m sich zu scheuern – und zerstört seine Haut damit nach und nach selbst. Sie wird wund und empfänglich für Pilze und Bakterien. Die Allergie- bereitschaft eines Pferdes kann sich allerdings im Laufe der Jahre verändern: Immer wieder gibt es Berichte von Spontanheilungen. Aus unerklärlichen Gründen verschwindet das Sommerekzem plötzlich oder tritt nicht mehr auf. Dies kann allerdings durch keine Behandlung und kein Medikament gefördert werden! Es hilft nur, den Mücken rigoros aus dem Weg zu gehen bzw. ihnen keine Angriffsfläche zu bieten. In schlimmen Fällen können die Pferde vorübergehend mit Cortison behandelt werden. Der Juckreiz wird gelindert, die Haut beruhigt sich. Allerdings wird auch die Laminitis-Gefahr erhöht, weswegen die Therapie zeitlich begrenzt sein sollte. Auch ein Antihistaminikum kann helfen.

 

Viele weitere Mythen und Wahrheiten zum Thema Insekten lesen Sie in der Ausgabe 7/17 der Mein Pferd!

 

 

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