Mit der Geraderichtung muss sich jeder Reiter beschäftigen. Dabei gibt es viele Wege, die zu einem geraden Pferd führen. Dr. Katharina Rehren hat sich in ihrer Dissertation mit der Schiefe des Pferdes beschäftigt. Das Ergebnis ist erstaunlich
Symmetrie von Bewegungsablauf und Hufbelastung“ – unter diesem Titel veröffentlichte Katharina Rehren letztes Jahr ihre Dissertation an der Tierärztlichen Hochschule Hannover. Sie untersuchte 14 gesunde Reitpferde unterschiedlicher Ausbildungsstände im Alter von vier bis 16 Jahren, die fünf verschiedene Tests absolvierten: Die Pferde wurden von einem Profi geritten und longiert. Dabei wurde untersucht, ob die Pferde eine Lieblingsseite hinsichtlich Stellung, Biegung und Galopp haben. Im dritten Test wurde beobachtet, ob die Pferde beim Grasen ein Bein bevorzugt vorstellen (Weideschrittpräferenz). Test vier war ein Freilaufversuch und Test fünf bestand aus einer Bewegungsanalyse auf einem Laufband. Die wichtigsten Ergebnisse: Zwölf der 14 Pferde wiesen in mindestens einer Gangart eine seitliche Abstellung der Hinterhand auf, waren also schief. Der gemessene Abstellungswinkel von der Längsachse war von Pferd zu Pferd, aber auch von Gangart zu Gangart verschieden. Weiter zeigten die Ergebnisse, dass sich die Schiefe in vier verschiedenen Formen ausdrücken kann: Das Pferd geht im Schulterherein, in Abstellung ohne Biegung, im Travers oder in Biegung ohne Abstellung. Keines der Pferde bewegte sich komplett gerade und jedes zeigte im Schritt und im Trab minimale Belastungsunterschiede der Gliedmaßen. Die Ergebnisse aus Test drei zeigten, dass ungefähr die Hälfte der Pferde ein Bein bevorzugt vorstellten. Diese Weideschrittpräferenz tritt in der Regel nur bei Pferden auf, die sich entweder im Schulterherein oder nur mit Abstellung (ohne Biegung) bewegen.
Ein Pferd, das bevorzugt das rechte Vorderbein während des Weidens vorstellt, ist in der Regel linksabgestellt. Außerdem schreibt Dr. Katharina Rehren in ihrer Dissertation: „Wird bevorzugt das linke Vorderbein vorgestellt, so wird dieses auch insgesamt im Trab mehr belastet als das rechte und umgekehrt; besteht keine Weideschritt- Präferenz, so sind auch die Vorderbeine im Trab annähernd gleich belastet.“ Die Untersuchung der Wirbelsäulenform zeigte, dass diese sich in zwei Kategorien aufteilt: die gerade Form und die einfache Biegung.Jedes Pferd hat eine eigene Wirbelsäulenform, die im Schritt und im Trab nie gegensätzlich war. Die Wirbelsäulenform lässt sich – meistens zumindest – durch die Seite, zu der die Mähne fällt, vorhersagen. Heißt genau genommen: „Die Mähne fällt zur hohlen Seite bzw. ist bei geraden Pferden zu beiden Seiten verteilt.“ Interessant: Weder die Einschätzungen des Profis noch des gewohnten Reiters des Pferdes zur Wirbelsäulenform stimmten mit den Messungen auf dem Laufband überein. „Während der Klinikbereiter keines der Pferde als gerade, sieben als linksgebogen, sieben als rechtsgebogen beurteilte, wurden von den üblichen Reitern der Pferde elf als linksgebogen und drei als rechtsgebogen eingeschätzt – auch hier keins gerade.“ Die Messungen auf dem Laufband wiederum ergaben, dass zwei Pferde mit einer geraden Wirbelsäulenform dabei waren. „Die Studie zeigt, dass die Ausprägung der Schiefe noch deutlich individueller ist, alszumeist angenommen – was die Sache und den Umgang damit nicht einfacher macht“,so Dr. Katharina Rehren.
Dr. Katharina Rehren ist Tierärztin mit einer Praxis für Chiropraktik in Hessen
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