Bei Atemwegsbeschwerden ist sowohl beim Menschen als auch beim Pferd eine Inhalationstherapie sehr effektiv. Dabei gibt es große Unterschiede in der Anwendungsart, des Nutzens und des Erfolgs. Wir haben die Salzkammer – insbesondere die mobile – genauer unter die Lupe genommen

Wiederkehrender Husten, Ausfluss aus der Nüster oder andere Beschwerden der Atemwege sind nicht nur gesundheitlich bedenklich fürs Pferd, sondern häufig auch kostenintensiv und zeitaufwendig für den Tierbesitzer. Neben den schulmedizinischen Therapiemöglichkeiten – unter anderem verschiedene Medikamente und Inhalationstechniken – gibt es die alternative Therapiemöglichkeit der Salzkammer. Schon seit vielen Jahrhunderten ist die heilsame Wirkung von salzhaltiger Luft bei Atemwegs- oder Hauterkrankungen bei Menschen bekannt. In den 1950er Jahren wurden erstmals Inhalationssysteme mit Salz im Humanbereich entwickelt – später folgten die ersten Techniken im Veterinärbereich. Jens Vollbrecht von „Halo Animal“ ist der erste Betreiber einer mobilen Salzkammer für Tiere.

Für die Salzinhalation wird die Raumluft mit kleinsten Salzpartikeln angereichert und dadurch ein Klima mit stark salzhaltiger Luft – ähnlich der am Meer – erzeugt. Die feinen Salzpartikel werden dann vom Tier sowohl über die Atemwege als auch die Schleimhäute aufgenommen und entfalten dann ihre positive Wirkung. Tierärztin Kristin Schütt bietet in ihrer Praxis die Behandlung in einer stationären Trockensalzkammer an: In dieser wird Salzaerosol verwendet, dies ist ein feiner, trockener Salzstaub gewonnen aus Himalayasalz. Kristin Schütt hat mit dieser Technik gute Erfahrungen gemacht: „Die Trockensalzinhalation ist so effektiv, da die feinen Salzpartikel bis in die Alveolen der Lunge vordringen. Dadurch kann ich direkt zu Beginn der Therapie die Medikamente, beispielsweise Kortison, absetzen.“

Jens Vollbrecht benutzt in seiner mobilen Salzkammer ein etwas anderes Verfahren: „Wir verwenden flüssige Salzsole mit einem Salzgehalt von 20 bis 26 Prozent. Der hoher Salzgehalt erzielt dabei große Effekte: Generell gilt, je höher der Salzgehalt, desto stärker ist auch der schleimlösende Effekt in der Lunge.“ Besonders wichtig ist auch bei beiden Verfahrenstechniken, dass die Salzpartikel sehr fein zerstäubt werden, damit sie auch die tiefsten Gewebeschichten der Lunge erreichen.

Weißes Gold

Salz ist bereits seit Jahrtausenden ein wertvoller Rohstoff und wird unter anderem als Gewürz für Speisen und zum Haltbarmachen von Nahrungsmitteln geschätzt. Wie das zunächst unscheinbar erscheinende Mineral wirkt, erklärt Tierärztin Kristin Schütt: „Salz ist hygroskopisch, dies bedeutet, es ist wasseranziehend. Dadurch kann es festsitzenden Schleim verflüssigen – indem es Wasser aus dem Gewebe entzieht –, sodass dieser leichter abtransportiert werden kann.“ Zeitgleich wirkt das Salz antibakteriell auf die Mikroflora der Atemwege, abschwellend auf die Schleimhäute und unterstützend auf das Immunsystem. Das Salz vernichtet Bakterien und Pilze auf der Schleimhaut, sodass Staphylokokken oder Streptokokken schon nach 20 Minuten nicht mehr nachweisbar sind.

Im Humanbereich bestätigen verschiedene Studien die erfolgreiche Wirkung einer Salztherapie bei Atemwegs- und Hautkrankheiten. Bislang gibt es im Veterinärbereich noch keine wissenschaftliche Belege für die Wirksamkeit einer Salztherapie, allerdings geben die Erfolge den Anbietern Recht. „Ich erinnere mich noch sehr deutlich an ein Pferd, dass in der Ruheatmung eine Frequenz von über 70 Atemzüge anstatt der normalen von maximal 20 hatte. Das Pferd konnte keine Steigung mehr ohne viele Pausen überwinden und war insgesamt sehr kurzatmig. Nach insgesamt zwei Wochen Inhalation in der Salzkammer lag die Frequenz nur noch bei 26 Atemzügen, und das Pferd hat deutlich an Lebensqualität zurückgewonnen“, erzählt Jens Vollbrecht. Auch Kristin Schütt hat bereits einige Patienten erfolgreich behandeln können, deren Leben aufgrund schwerwiegender, chronischer Lungenerkrankungen auf der Kippe stand.

Vom Sommerekzem bis COB

Die Anwendungsbereiche im Veterinärbereich sind ähnlich denen im Humanbereich, erklärt Jens Vollbrecht: „Wir blicken nun auf über 2.000 Sitzungen zurück und haben bereits viele tolle Erfolge erleben dürfen. Hauptsächlich kommen Pferde mit Atemwegserkrankungen zu uns – allerdings gab es auch schon kurz- bis mittelfristige Erfolge bei Pferden mit Sommerekzem oder Mauke.“ Sowohl bei akuten als auch chronischen Atemwegsbeschwerden kann eine Salzinhalation positive Auswirkungen haben, wichtig sei jedoch, dass das Pferd fieberfrei und in einem stabilen Zustand sei, warnt Tierärztin Kristin Schütt.

„Häufig ist die Salztherapie leider der letzte Schritt in einer langwierigen Krankheitsgeschichte der chronisch obstruktiven Bronchitis (COB). Manchmal ist die Erkrankung dabei schon so weit fortgeschritten und das alveolare Gewebe der Lunge irreversibel geschädigt, sodass die Salztherapie nur noch die Symptome minimal lindern kann. In solchen Fällen kann auch das Salz die vorhandenen Schäden nicht heilen, und man muss abwägen, inwieweit die Lebensqualität des Patienten eingeschränkt ist. Ich würde mir wünschen, dass die Salzkammer früher in der Behandlung von Atemwegsbeschwerden eingesetzt wird, da sie besonders im frühe Stadion gute Erfolge erzielen kann“, so Tierärztin Kristin Schütt. Generell ist das Intervall und der Erfolg sehr individuell vom Schweregrad der Erkrankung des Patienten abhängig und sollte speziell mit einem Tierarzt besprochen werden. Auch zur Prävention ist die Salzkammer geeignet, da das Salz eine reinigende Wirkung auf die Atemwege hat und gleichzeitig das Immunsystem stärkt. Der Besuch der Salzkammer kann sehr effektiv sein, allerdings auch keine Wunder vollbringen. „Bei Atemwegserkrankungen muss viel Wert auf artgerechte Haltung mit wenig Staubbelastung und viel Bewegungsmöglichkeiten liegen. Stimmt also die Umgebung des erkrankten Vierbeiners nicht, kann die Salzkammer alleine auch keine Wunder bewirken“, warnt Jens Vollbrecht. „Meist kann dann nur eine kurzfristige Verbesserung erzielt werden.“

Meerluft für zu Hause

Eine Anwendung in der Salzkammer ähnelt einer Kur am Meer. Diese Kuraufenthalte werden seit vielen Jahren nicht nur für Zwei-, sondern auch für Vierbeiner angeboten. Allerdings möchte nicht jeder Pferdebesitzer sein Tier für mehrere Wochen an einen fremden – oft weit entfernten – Ort in unbekannte Hände geben. Damit Pferde ortsunabhängig von den positiven Effekten der Salzbehandlung profitieren können, hat Jens Vollbrecht die mobile Salzkammer entwickelt: „Durch ein stark dämpfiges Pferd an dem Stall, an dem die Stute von mir und meiner Frau eingestallt war, und die gleichzeitige Selbsterfahrung in einer Salzgrotte, kam die Idee, eine Salzkammer für Pferde zu entwickeln. Zunächst setzte ich daher eine stationäre Salzkammer in dem Stall eines Bekannten um. Da es allerdings vielen Leuten widerstrebt, ihr Tier in fremde Hände zu geben, änderten wir das Grundkonzept zu einer mobilen Salzkammer um.“ Dadurch ergeben sich viele Vorteile: Das Pferd kann in seiner gewohnten Umgebung bleiben, der Tierbesitzer kann selbst die Anwendungen einteilen und durchführen, und die Salzinhalation wird für mehr Tiere und Besitzer zugänglich. Die mobile Salzkammer wird wochenweise vermietet und benötigt lediglich einen befestigten Anhängerplatz und einen Stromanschluss in der Nähe – den Transport und den Aufbau erledigt Jens Vollbrecht. Die Handhabung bei dieser mobilen Salzkammer ist sehr einfach: Pferd verladen – eventuell mit einem Heunetz im Hänger beschäftigen –, Anwendung starten, nach etwa 60 Minuten stoppen und das Pferd wieder entladen. Während der Behandlung steht das Pferd im Anhänger und atmet den feinen Salznebel ein. Damit die Salzpartikel bis in die Tiefen der Lunge zu den Lungenbläschen gelangen, wird eine ruhige und tiefe Bauchatmung benötigt. Bei einer sehr flachen Atmung – beispielsweise aufgrund von Nervosität – würden die Partikel nicht bis in die unteren Atemwege gelangen. Nach der Inhalation sollte das Pferd leicht gearbeitet werden – mindestens im Trab, damit der verflüssigte Schleim besser abtransportiert werden kann. „Nun würde man erwarten, dass der Schleim aus den Nüstern läuft. Dies ist jedoch nicht immer der Fall, da manche Pferde diesen auch schlucken“, so die Tierärztin Kristin Schütt.

Von außen sieht die mobile Salzkammer wie ein Standard-Pferdehänger aus, allerdings beinhaltet die Sattelkammer statt des Equipments die Technik für die Salzkammer. Die Entlüftungsschlitze wurde zu Belüftungsventilen umfunktioniert, durch die der feine Salznebel direkt zum Pferd in den Hängerinnenbereich geleitet wird.

Befreiendes Gefühl

Bei einem Urlaub am Meer hat man häufig das Gefühl, direkt freier und tiefer einatmen zu können. Dies steht in direktem Zusammenhang mit dem hohen Salzgehalt in der Luft. Dieser wird künstlich in einer Salzkammer erzeugt, um die reinigende und lösende Wirkung des Salzes auf die Atemwege nachzustellen. Allerdings ist und bleibt die Salzinhalation ein alternatives Verfahren, welches ergänzend, aber nicht ersetzend für eine tierärztliche Diagnose und Behandlung eingesetzt werden sollte. Der besondere Vorteil der Salzinhalation ist jedoch, dass sie keine Nebenwirkungen mit sich bringt – besonders im Zusammenhang mit verschiedenen Stoffwechselerkankungen sehr wichtig.

Text: Nicole Audrit      Foto: Daniel Elke 

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