Text: Nora Dickmann Foto: www.Slawik.com
Seit mehreren Jahren werden in Europa und Übersee Pferde geklont. Ursprünglich sollte damit das Genmaterial verstorbener oder kastrierter Tiere für die Nachwelt gesichert werden. Heute ist es zum Millionengeschäft geworden: Hochleistungssportler werden im Reagenzglas gezüchtet
Seit 2008 weiß man, dass man mit Klonen erfolgreich züchten kann: Das erste geklonte Pferd, die Haflingerstute Prometea, brachte ein gesundes Hengstfohlen zur Welt. Pegaso war laut den italienischen Wissenschaftlern der letzte Beweis für die Normalität von Klonen. Heute gibt es mehrere Klon- hengste, die züchterisch im Einsatz sind. Der Klon von Hugo Simons Wunderpferd E.T. bekam 2010 das erste Mal Nachwuchs. Mehr als 40 Nachkommen hat der Klon mittlerweile, drei davon leben bei Klonvater Dr. Eric Palmer in Frankreich. Seine Tochter reitet einen davon und will beweisen, dass Klone Champions sein können. Im Interview sagte der mittlerweile pensionierte Wissenschaftler einmal: „Ich konnte mit dem Klonen kein Geld verdienen, weil wir in Europa sind, mit alten Ideen und Menschen, die Angst vor Veränderung haben.“
Hugo und Margit Simon haben ebenfalls eine Stute mit dem Tiefgefriersperma von E.T.s Klon besamen lassen und erfreuen sich seines Nachkommens.
Besser als das Original?
Kritische Stimmen sagen, dass Pferde, die vor 20 Jahren top waren und geklont werden, heute nicht mehr dem Maß der Dinge entsprechen, da jede Generation gesünder als die vorherige wird. Die amerikanische Genforscherin Dr. Katrin Hinrichs, die an einigen Klon-Prozessen beteiligt war, führte dazu eine Studie durch. Sechs Jahre lang beobachtete sie 14 Pferde, die sie selbst geklont hatte. Die Genforscherin erklärt: „Wie stark die Ähnlichkeit zum Spendertier ist, hängt von mehreren Faktoren ab. Davon stehen zwei direkt mit dem Klonen in Verbindung. Das sind zum einen Veränderungen der Mitochondrien, die das Erbmaterial enthalten, und zum anderen epigenetische Veränderungen. Dadurch kann ein Klon beispielsweise etwas kleiner, größer, kräftiger oder zierlicher ausfallen als das Original.“ Kleine Veränderungen entstehen, da Chromosomen nicht 1:1 vererbt, sondern auch durch Lebensumstände beeinflusst werden. Dies kann auch beim Embryotransfer geschehen, doch fällt es beim Klonen mehr auf, da man eine exakte Kopie des Originals erwartet.
Diese Abweichungen und die gesundheitlichen Probleme, mit denen die neugeborenen Klone zu kämpfen hatten, machen es für die Wissenschaftlerin unwahrscheinlich, dass die geklonten Tiere auf gleiche Weise leistungsfähig sind wie die Originale. Nach dieser ersten Aussage ruderte Dr. Hinrichs allerdings wieder zurück: „Es gibt keine Studie, die beweist, dass geklonte Pferde gesundheitliche Probleme haben.“
Der Gründer und Geschäftsführer des Kheiron-Biotech-Labors in Buenos Aires, Argentinien, sieht die Entwicklung positiv: „Wir haben erreicht, dass neugeborene Klone gesünder sind als normale Fohlen.“ Die Techniken seien viel ausgereifter als zu der Zeit, in der Eric Palmer klonte. Das sagt auch Heiner Niemann, der das Institut für Nutztiergenetik des Friedrich-Loeffler-Instituts in Mariensee bei Hannover leitet. „Klone leben genauso lange wie natürlich gezeugte Tiere, ihre Nachkommen sind normal, die Produkte von solchen Tieren sind nicht von denen konventionell produzierter Tiere zu unterscheiden.“
Millionengeschäft Polosport
Brachte dieser eine Sieg den Einsatz von Klonen im Spitzensport ins Rollen? In Argentinien ist der Polosport ein Millionengeschäft. Klone werden hier teuer gehandelt. Viele von ihnen haben keine Namen mehr, nur noch Nummern. Die Stute Cuartetera ist das Paradebeispiel aus dem argentinischen Labor Crestview Genetics. Es gehört Adolfo Cambiaso, genannt Adolfito, der vielen als bester Polospieler aller Zeiten gilt. Er ließ sein Lieblingspferd, welches 2006 verstarb, klonen. 2016 gewann sein Team das Finale des wichtigsten Polo-Turniers der Welt – und spielte dabei zeitweise nur mit Klonen von Cuartetera.
Der Geschäftsführer von Crestview Genetics, Fermín Gutiérrez, sieht im Klonen einen technologischen Schritt, um Weltklassepferde zu züchten: „Jeder technologische Wandel ruft erst mal Befürworter und Gegner auf den Plan. Aber das legt sich immer mit der Zeit. Ich glaube, das Klonen sollte keinen Züchter beunruhigen, sondern es sollte vielmehr als Fortschritt begriffen und optimal genutzt werden, um die Zucht voranzutreiben und immer bessere Polopferde hervorzubringen.“
Und genau solche Kritiker gibt es: Gonzalo Pieres war selbst Weltklassespieler, ist aber trotzdem gegen das Klonen: „Der Klon kennt keine Grenzen. Er ist eine Versuchsanstalt. Die Zellen können morgen in einem chinesischen Labor enden. Und was machen die Chinesen dann? Sie machen vier Millionen Cuarteteras! Das ist das Schlimmste!“ Er ist überzeugt davon, dass das Kreuzen die beste Methode sei, Spitzenpferde zu züchten.
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