An Ställen werden zu vielen Themen Halbwahrheiten und Gerüchte als Realität dargestellt und verbreitet. Ist eine Aussage erst mal im Umlauf, nimmt sie viele verschiedene Varianten an. Auch in Bezug auf die Mineralstoffversorgung kursieren einige Irrtümer. Dr. Christina Fritz deckt die Wahrheit auf
Ein Selenüberschuss kann tödlich sein
Richtig! Bei der Zufütterung von Selen ist Vorsicht geboten. Dr. Christina Fritz erklärt: „Das therapeutische Fenster – also der Grad zwischen Wirkung und Gift – ist gerade bei Selen sehr schmal.“ Dies ist besonders wichtig, da Selen in unterschiedlichen Dosierungen im Grundfutter sowie in vielen Mischfutterarten wie Müsli, in Mineralfuttermitteln und sonstigen Zusatzfuttermitteln enthalten ist. Mittlerweile wird häufig eher zu viel als zu wenig Selen verabreicht, warnt Dr. Christina Fritz. „Bevor es dabei zu klinischen Vergiftungserscheinungen kommt, kann das Pferd subklinische Überversorgungsprobleme bekommen. Dies beginnt bei Hufhornstörungen (beispielsweise dem Lösen des Kronrands). Außerdem besteht der Verdacht, dass ein chronischer Selenüberschuss Insulinresistenz auslösen kann.“ Die Laborwerte im Blutbild sind ein häufig diskutiertes Thema, sodass die weit verbreitete Zufütterung von Selen fraglich ist. Ein sehr niedriger Selenwert deutet meistens auf einen versteckten Zinkmangel hin, sodass sowohl der Zink- als auch der Selenwert wieder ansteigt, wenn lediglich Zink zugefüttert wird. „Mein Fazit: Bei Selen ist weniger mehr! Ein zu viel wird schnell gefährlich und kann tödlich enden“, so Dr. Christina Fritz.
Mineralbars sind eine gute Alternative zum Mineralfutter und zugleich einfach in der Darreichung
Falsch! Unter Mineralbars versteht man mehrere Behältnisse, in denen verschiedene Mineralien dem Pferd in ihrer ursprünglichen Form angeboten werden, beispielsweise ein Klumpen Kupfersulfat, ein Klumpen Kalk, eine Schüssel MSM und vieles mehr. Häufig wird damit geworben, dass sie eine praktische Alternative zu Mineralfutter in Pellet- oder Pulverform sind. Dies ist jedoch nicht der Fall, wie Dr. Christina Fritz erklärt: „Pferde können die Mineralien in der hochkonzentrierten Form häufig nicht aufnehmen. Außerdem fehlen teilweise wichtige Mineralien, wie beispielsweise Zink.“ Mineralbars klingen handlich und praktisch, funktionieren allerdings in der Praxis nicht wirklich.
Biotin wirkt bei der täglichen Fütterung unterstützend bei Hufproblemen
Nein! Ein Biotin-Mangel existiert faktisch beim Pferd nicht und kann auch experimentell nicht erzeugt werden. „Aus diesem Grund, und da Biotin lediglich in extrem hoher Dosierung einen Effekt auf das Hufhorn hat, ist eine Zufütterung sehr fraglich. Bei einer hochdosierten Fütterung ist zwar eine Verbesserung des Hufhorns zu beobachten, jedoch ist unklar, was es zudem noch im Körper auslöst“, so Dr. Christina Fritz. Die Biotin-Präparate enthalten neben Biotin meist noch die Mineralstoffe Schwefel und Zink, auf die das verbesserte Hufwachstum schlussendlich zurückzuführen ist. Das Biotin kann also getrost weggelassen werden.
Text: Nicole Buchholz Foto: www.Slawik.com