Inhalation hat sich als effektive Therapie bei chronischen Atemwegserkrankungen bewährt. Wann ist sie sinnvoll? Wie funktioniert sie? Und worauf muss man achten? Ein Überblick von Atemmaske bis Ultraschall-Vernebler 

Hat Ihr Pferd Husten? Dann sollten Sie schnell reagieren, sonst kann sich daraus eine chronische Atemwegserkrankung entwickeln. Klar: Zuerst muss der Tierarzt eine Diagnose stellen. Zur Folgebehandlung oder zur Langzeittherapie ist dann die Inhalation sehr gut geeignet – vor allem bei Pferden mit chronischer Bronchitis.

Und so funktioniert es: Beim Inhalieren wird dem Pferd eine Maske über die Nase gestülpt und mit einem Band im Genick fixiert, ähnlich wie ein Maulkorb. Sie ist mit einem Gummi- oder Silikonring versehen, der den Pferdekopf dicht umschließt und hat ein Ventil für die Frischluftzufuhr bzw. die ausgeatmete Luft. In der sogenannten Verneblerkammer, die an die Maske angeschlossen ist, wird die zu inhalierende Substanz, die vorher ins Medikamenten-Reservoir gefüllt wurde, zu kleinsten Partikeln vernebelt. Dann wird es vom Pferd eingeatmet und gelangt so direkt zum Krankheitsherd: in die tiefen Atemwege. Um es gleich vorwegzunehmen: Der wichtigste Faktor bei der Inhalation ist die Größe – oder besser „Kleine“ – der Nebeltröpfchen, in die das jeweilige Medikament zerstäubt wird. „Die Devise lautet ,Je kleiner, desto besser‘. Denn sind die Partikel zu groß, lagern sie sich schon in den oberen Atemwegen ab, oder sie werden abgeschluckt und landen im Magen“, erklärt Fachtierärztin Dr. Gabriele Niedermaier, die in Rohrdorf eine Pferdepraxis betreibt. „Teilchen von fünf bis zehn Mikrometer gelangen nur in die oberen Atemwege, Teilchen von unter fünf Mikrometer erreichen auch die unteren Atemwege. Sind die Teilchen jedoch kleiner als ein Mikrometer, werden sie einfach wieder ausgeatmet.“ Ältere Geräte haben manchmal noch einen Schlauch zwischen Verneblerkammer und Atemmaske. Aber: Wenn der Dampf erst durch einen Schlauch geleitet werden muss, bevor er bei den Nüstern ankommt, wird ein Teil des Medikaments eventuell als feuchter Dampf am Schlauch abgesetzt. Deshalb wird bei der neuen Generation der Vernebler direkt an die Kopfmaske angeschlossen. So wird der Dampf genau vor den Nüstern erzeugt und kann auf dem kürzesten Weg in die Atemwege gelangen.

Heilen mit Salz

„Der erste Schritt bei chronischer Bronchitis ist es in der Regel, den festsitzenden Schleim mit hypertoner Kochsalzlösung zu verflüssigen“, erklärt Dr. Niedermaier. Das kann man entweder mit einer Inhalationsmaske erreichen oder in der Solekammer. Das ist eine relativ neue Art der Inhalation – ganz ohne Maske. Mithilfe von Ultraschallverneblern für Box oder Hänger kann man sich eine solche Solekammer auch selbst einrichten. Der große Vorteil: Das Pferd kann sich frei bewegen und hat keinen Stress. Zur Beschäftigung kann man sogar ein Heunetz aufhängen; das Fressen beeinträchtigt die Behandlung nicht.

„In einer solchen Salzkammer wird ein Mikroklima genutzt, das dem eines Salzbergwerkes nachgebildet wird“, erklärt die Tierärztin. „Dazu wird durch einen speziell entwickelten Generator eine Salzlösung in die Kammer gepumpt und dabei so fein zerstäubt, dass Teilchen von einer Größe zwischen 0,5 und fünf Mikrometer entstehen. Dadurch gelangt das Inhalat bis in die kleinsten Lungenbläschen.“ Geeignet ist dafür eine zwei- bis maximal fünfprozentige Totes-Meer-Sole. Salz kann einiges im Nasen-Rachenraum und im Lungensystem bewirken: „Bei der Inhalation gelangt das Salz in die Atemwege und lagert sich dort ein, wodurch der festsitzende Schleim verändert wird, da sich nun auch Wasser einlagern kann“, erklärt Gabriele Niedermaier. „Das geschieht aufgrund des osmotischen Drucks, der durch das Salz verursacht wird. Hierdurch kann der zähe Schleim verflüssigt werden, die Schlagfrequenz der Flimmerhärchen steigt, und der Abtransport von Schleim kann stattfinden.“ Die Pferde müssen sich für 45 Minuten pro Sitzung in der Solebox aufhalten. Währenddessen wird der feine Salznebel in die Box geleitet, aber auch eine Frischluftzufuhr ist durch den Salzgenerator gegeben. Zudem wird die Luft durch einen Bakterienfilter gereinigt. Das Klima ist zu 99,8 Prozent antibakteriell, dadurch besteht keine Ansteckungsgefahr – im Gegensatz zu Inhalationsmasken. Wichtig: „Nach der Behandlung sollten die Pferde unbedingt bewegt werden, damit der Schleim abtransportiert und ausgehustet werden kann“, so die Veterinärin. Die Behandlung in der Solekammer soll übrigens auch einen positiven Effekt auf die Haut und das Immunsystem haben.

Weniger Medikamente nötig

Reicht die Inhalation von hypertoner Salzlösung nicht aus, kann man mit dem Inhalator auch Medikamente verabreichen, die den Schleim in den Bronchien lockern und verflüssigen, die Bronchialmuskulatur entkrampfen, die Bronchien weiten oder die Entzündung hemmen. Die wichtigsten Medikamentengruppen sind dabei Schleimlöser, Bronchienerweiterer, Entzündungshemmer, Antibiotika und Antiallergika.

Der große Pluspunkt: „Da bei der Inhalation der Wirkstoff direkt zum Krankheitsherd geleitet wird, kann die Medikamentendosis deutlich reduziert werden“, erklärt Dr. Niedermaier. „Dadurch können zum einen unerwünschte Nebenwirkungen minimiert werden, zum anderen fallen weniger Kosten für Medikamente an.“ Ein weiterer Vorteil der geringeren Dosierung: „Die Medikamente sind meist kürzer nachweisbar, was für Sportpferde wichtig ist, die mit Doping-relevanten Mitteln behandelt werden.“ Außerdem kann die Behandlung vom Besitzer selbst durchgeführt werden – das spart jede Menge Tierarztkosten. „Man darf allerdings nur Medikamente verwenden, die auch für die Inhalation zugelassen sind“, sagt die Fachtierärztin. Das Problem: „Das sind nur Medikamente aus der Humanmedizin.“ Diese kann man entweder mit der Inhalationsmaske verabreichen oder mit einem Adapter für humanmedizinische Dosier-Aerosole (sogenannte Metered Dose Inhaler, abgekürzt MDI). Damit kann man auch Humansprays auf die Atemmaske setzen, sodass diese Wirkstoffe dann auch einfach inhaliert werden können. Eine weitere gute Möglichkeit, diese Medikamente beim Pferd anzuwenden, ist der Einsatz von sogenannten Spacern. Hierbei wird das Aerosol zuerst in ein abgeschlossenes Gefäß mit Ventilöffnung zum Pferd hin eingesprüht und von dort durch das Pferd inhaliert. „Es gibt aber auch Spacer, die man dem Pferd einfach auf eine Nüster aufsetzen kann – das ist deutlich günstiger“, sagt Niedermaier. „Während ein Inhalator etwa 600 bis 1.000 Euro kostet, kann man solche Spacer schon für 130 Euro kaufen.“ Der Nachteil: Das Pferd muss natürlich kooperativer sein als mit einer fixierten Atemmaske. Manche Spacer-Modelle haben Indikatoren, die anzeigen, wann das Pferd atmet. „Das ermöglicht es, genau im richtigen Moment auf den Sprühknopf zu drücken“, sagt die Tierärztin. „Außerdem kann man damit überprüfen, ob das Pferd gut atmet, denn manche Patienten neigen dazu, beim Inhalieren die Luft anzuhalten oder flach zu atmen.“ Was viele nicht wissen: Der Spacer darf nie ausgewischt werden. „Er sollte nur lufttrocknen, da er sich beim Auswischen sonst elektromagnetisch auflädt und die Teilchen daran hängen bleiben“, erklärt Gabriele Niedermaier. Die Verabreichung von Humanmedikamenten ist allerdings nur nach Umwidmung erlaubt. Das bedeutet, dass der Tierarzt in jedem Einzelfall nachweisen können muss, warum eine Therapie mit für das Pferd zugelassenen Medikamenten nicht zum Ziel führt und er ausnahmsweise auf humanmedizinische Präparate zurückgreifen muss, um eine Heilung zu erreichen. Und noch etwas gibt es zu beachten: Bei der Verabreichung von Arzneimitteln mittels Inhalation kann es in der Nähe des Patienten zu einer Kontamination der Luft mit hochwirksamen Medikamenten kommen. Daher sollte die Inhalationstherapie am besten im Freien stattfinden, und die Maske sollte möglichst dicht am Pferdekopf abschließen.

Worauf achten beim Kauf?

Worauf muss man sonst noch beim Kauf eines Inhalators achten? „Der Medikamentendosierer sollte so nah wie möglich an den Nüstern sein, damit so wenig wie möglich des Inhalats kondensiert – besonders bei kaltem Wetter“, empfiehlt Dr. Niedermaier. „Außerdem muss die Maske dicht abschließen, damit das Medikament sich nicht in der Luft verliert und das Pferd keine Atemluft an der falschen Stelle zieht, da sonst das Medikament nicht wirksam mit der Atemluft eingeatmet wird.“

Natürlich soll der Inhalator dem Pferd möglichst angenehm sein, damit es ihn gut akzeptiert. Es gibt zum Beispiel geräuscharme Geräte aus einem flexiblen Material. Noch ein Tipp von der Tierärztin: „Akkubetriebene Inhalatoren brauchen keine direkte Stromquelle mehr und sind daher viel einfacher zu handhaben als Modelle mit Netzstecker oder Kompressor, da man sie überall anwenden kann und das Pferd nicht fixiert sein muss.“ Ein akkubetriebenes Gerät ist auch deshalb sinnvoll, weil man einem Pferd ja schlecht sagen kann, es solle jetzt mal tief einatmen … Kann man es beim Inhalieren jedoch führen oder sogar longieren, atmet das Pferd automatisch tiefer ein. Viele Gründe sprechen also dafür, sich einen Inhalator anzuschaffen, wenn Ihr Pferd chronische Atemwegsprobleme hat. Zu teuer? Dann leihen Sie sich doch einfach einen aus. Viele Tierärzte und Pferdekliniken bieten Leihgeräte an. Es lohnt sich.

Text: Anna Castronovo     Foto: Getty images

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