Die Kombination aus Technikbegeisterung und Pferdeliebe brachte Martin Pekarek aus Tamm in Baden- Württemberg auf eine Idee: individueller Kunststoffbekleb für Hufe aus dem 3D-Drucker. 2020 gründete er seine Firma VMS Kunststoffbekleb, und die Nachfrage steigt kontinuierlich. Wie es zu der Idee kam und was das Besondere am VMS-Hufschutz ist, erklären er und Claudia Wagner, die für die fachliche Beratung zuständig ist.
Wie kam die Idee, Hufschutz auf den CNC-Maschinen zu fertigen, und was ist VMS Hufschutz genau?
Martin Pekarek: Hier müssen wir zurück ins Jahr 2014. Damals habe ich angefangen, Kunststoffteile mit Hilfe des 3D-Druckers zu fertigen. Es handelte sich meistens um Prototypen, die vor einer teueren Serienfertigung – zum Beispiel Spritzguss – gemustert werden müssen. In solchen Fällen ist das 3D-Druckverfahren sehr wirtschaftlich. Ungefähr im Jahr 2018 kam meine Cousine mit der Frage, ob ich für ihr Pferd einen besonderen Hufschutz aus einem flexiblen Material anfertigen könnte. Ich war zuerst sehr skeptisch, denn flexible Materialen wie Gummi sind generell schwer zu verarbeiten. Es gibt sehr viele Faktoren, die das Ergebnis beeinflussen. Ich sah es aber gleichzeitig als eine Herausforderung und fing an, das richtige Material zu suchen. Nach verschiedenen Materialproben war ich erfolgreich, und nun bestand die Frage: Welche Form soll der Hufschutz bzw. Kunststoffbeschlag haben, und wie ist er am besten anzubringen? Ich stellte sehr viele Fragen, auch bei anderen Pferdebesitzern. Am Ende stand die Feststellung, dass jeder Huf anders ist und somit auch die Bedürfnisse. Das brachte mich auf die Idee, die Beschläge passgenau und nach Kundenbedürfnissen zu fertigen, weil es so eine Dienstleistung noch nie gab. Das waren und sind die Grundsteine der Firma VMS Hufschutz.
Welchen beruflichen Hintergrund haben Sie?
Martin Pekarek: Ich habe Maschinenbau studiert, Schwerpunkt 3D-Konstruktion und CNC-Programmierung. Früher habe ich im Bereich Blechbearbeitung gearbeitet.
Claudia Wagner: Ich bin NHC-Hufbear- beiterin nach Pete Ramey und Westernreiterin freizeitmäßig mit vier eigenen Pferden in Paddock-Trail-Haltung.
Was sind die Vorteile Ihres Hufschutzes gegenüber herkömmlichen Hufeisen?
Martin Pekarek: Diese Frage beantwortet bereits unser Logo. VMS ist so individuell wie Sie selbst. Heutzutage bieten wir sehr viele mögliche Varianten an. Es gibt verschiedene Formen, die wir aus verschiedenen Materialen fertigen. Dank 3D-CAD- Konstruktion werden Beschläge geliefert, die nicht mehr angepasst werden müssen, wodurch man sehr viel Zeit sparen kann. Es ist auch fürs Pferd nicht belastend. Bei jeder Bestellung setzen wir uns mit dem Kunden in Verbindung, suchen nach einer passenden Lösung und helfen dabei, die richtige Konfiguration zu finden. Dabei interessiert uns das Laufverhalten des Pferdes, die Haltung, Huferkrankungen usw. Speziell dafür haben wir eine fachliche Beratung, die nun Frau Wagner, unsere ehemalige Testkundin und gleichzeitig sehr erfahrene Hufpflegerin, übernommen hat. Ein weiterer Vorteil ist das geringe Gewicht im Vergleich zum Eisen.
Claudia Wagner: Durch die sehr gute Dämpfung ist der Schutz gelenkschonend, die Pferde laufen schwungvoller und raumgreifender. Da der Grip dem Barhuf entspricht, gibt es auch keinen Gleit- oder Stoppeffekt. Vor allem bei brüchigen Hornwänden haben wir Vorteile, da der Abrieb sehr gering ist. Auch in Offenställen, in denen Eisenverbot herrscht, kann unser Hufschutz genutzt werden, da er keinen Schlagringeffekt hat. Zudem ist der therapeutische Effekt nicht zu unterschätzen. Der Hufmechanismus und die Durchblutung werden nicht gestört, auch Rehehufe können mit unterstützenden Polstern beklebt werden. Der Bekleb kann auch temporär, zum Beispiel bei Wanderritten, angepasst und anschließend abgenommen werden, ohne dass sich der Huf anpassen muss.
Wie kann ich mir die Anfertigung vorstellen?
Martin Pekarek: Für die passgenaue Fertigung benötigen wir am Anfang Hufbilder. Die bekommen wir von den Kunde. Nachdem die Konfiguration bzw. Ausführung mit dem Kunde oder dem Hufpfleger abgestimmt ist, werden die Beschläge für jeden einzelnen Huf mit 3D-CAD-Software konstruiert. Zuerst zeichnen wir die Hufkontur aus dem Hufbild nach und erstellen ein 3D- Modell von dem Beschlag. Das 3D-Modell wird über das ursprüngliche Hufbild gezogen, und damit entsteht ein Freigabebild, sodass der Auftraggeber eine genaue Vorstellung bekommt. Hier entsteht eventuell ein Freiraum, um Änderungen vorzunehmen. Werden die Produkte vom Kunden für die Produktion freigegeben, programmieren wir die CNC-Maschinen, und der Beschlag wird gefertigt. Fertige Teile müssen noch vergütet bzw. veredelt werden, damit sie abriebfest sind. Wie genau das Vergütungsverfahren abläuft, halten wir geheim. Zum Schluss werden die Klebelaschen angeschweißt, sodass der Kunde ein Fertigprodukt bekommt.
Wie kommt der Hufschutz dannans Pferd?
Martin Pekarek: Bisher fertigen wir Hufschutz, der nur mit sogenannten Klebelaschen angebracht wird. Man kann entweder Sekunden- oder Zwei-Komponenten-Klebstoff verwenden. Wir bieten beide Möglichkeiten. Ich kann aber jetzt schon verraten, dass wir im Februar eine neue Premium- Produktreihe auf den Markt bringen, die durch Aufnageln von einem Fachmann angebracht wird. Das Produkt befindet sich nun in der letzten Testphase und ist vor allem für Sport- und Turnierpferde geeignet, natürlich mit allen Vorteilen, die wir bieten.
Claudia Wagner: Der Huf wird gewohnt barhuf von einem Hufbearbeiter oder Schmied mit Barhuferfahrung bearbeitet. Von dem frisch bearbeiteten Huf werden sohlenseitig Fotos erstellt als Vorlage für VMS Kunststoffbekleb. Nach Fertigstellung des Beklebs in drei bis fünf Werktagen wird der Huf, falls nötig, nochmals kurz nachbearbeitet. Der Schutz wird auf den stehenden Huf mit Zwei-Komponenten-Kleber oder Sekundenkleber geklebt. Da der Huf frisch bearbeitet sein muss, ist ein Barhufbearbeiter zwingend notwendig. VMS-Bekleb kann direkt im Anschluss auch vom Besitzer selbst geklebt werden. Da einiges beachtet werden sollte, bieten wir hierzu Workshops an.
Wie oft muss der Hufschutzgewechselt werden?
Claudia Wagner: Ein gesunder Barhuf sollte durchschnittlich alle sechs Wochen bearbeitet werden. Der Bekleb wird dazu abgenommen und anschließend bearbeitet. Danach kann derselbe Bekleb dann wieder angebracht werden. Die Häufigkeit der Hufbearbeitung und des Bekleb-Wechsels sollte dabei auch an die Bodenverhältnisse und das Reitpensum angepasst werden.
Wie stabil ist das Material, und können für Sportpferde Stollen angebracht werden?
Martin Pekarek: VMS-Beschläge werden meistens aus TPU, einem Gummi, gefertigt. Auf Wunsch können wir auch einen Kern aus hartem Kunststoff einplanen. Diese Materialien bieten gute Abrieb- und Rutschfestigkeit. Selbstverständlich ist es möglich, Stollen oder Spikes anzubringen.
Weitere Informationen: www.vms-hufschutz.de
Interview: Sophia Arnold Foto: www.Slawik.com