Rosen, um ­Koliken vorzubeugen, Thymian gegen ­Husten oder Klettenlabkraut für eine ­bessere Immunabwehr – Heilpflanzen ­unterstützen den Pferdekörper bei den unterschiedlichsten Krankheiten. Wie man sie verabreicht und welche Pflanzen wann helfen, erfahren Sie auf den folgenden Seiten.

 

Die Phytotherapie, also die Lehre der Verwendung von Heilpflanzen als Arzneimittel, hat auf der ganzen Welt eine lange Tradition. Und sie ist wieder im Kommen. Möglichst natürlich heilen – das ist der Wunsch vieler. Manche der Wirkstoffe, die in Medikamenten verwendet werden, stecken in ähnlicher Form in Pflanzen. So hat man zum Beispiel schon in der Antike die Weidenrinde eingesetzt, um Fieber und Schmerzen zu senken. Jahre später extrahierte man aus der Weidenrinde Salicin, aus der erst Salicylsäure und später Acetyl­salicylsäure entwickelt wurde – einer der bekanntesten Wirkstoffe, der zum Beispiel in Aspirin steckt. Der Vorteil der isolierten Wirkstoffe, wie sie in Pillen und Co. vorkommen: Sie wirken schnell! Das ist bei akuten Problemen entscheidend. Der Pflanzenheilkunde sind hier Grenzen gesetzt. „Kräuter eignen sich für vieles, aber nicht für akute Geschehen als Hauptmittel. Sie helfen aber gut bei länger andauernden Krank­heiten, bei chronischen Problemen oder vorbeugend sowie unterstützend“, gibt Ute Ochsenbauer zu bedenken.

Der Vorteil der „grünen Medizin“ gegenüber Medikamenten: Heilpflanzen enthalten eine Art Wirkstoffkomplex – neben dem Hauptwirkstoff, der das Problem beheben oder lindern soll, sind noch weitere Sub­stanzen enthalten, die dazu führen, dass der Wirkstoff vom Körper besser aufgenommen wird als in seiner isolierten Variante. Er ist zudem verträglicher und zeigt weniger Nebenwirkungen. „Das ist die Stärke von Kräutern. Sie wirken sanfter“, betont Ute Ochsenbauer. Ausgenommen sind natürlich Pflanzen, die Giftstoffe enthalten. Außerdem sollte man eine Heilpflanze nicht länger als zwei Wochen füttern, da sie sonst Allergien auslösen könnte – nach dieser Zeit am besten zu einer anderen Heilpflanze greifen.

Was wirkt in der Pflanze?

Die „Hauptwirkstoffe“ der Heilpflanzen, die man sich auch in Medikamenten zunutze macht, sind vor allem Gerbstoffe, Saponine und Bitterstoffe.

Gerbstoffe schmecken unangenehm und sollen die Pflanze vor dem Gefressen­werden schützen. Außerdem verhindern sie eine mikrobielle Zersetzung oder Fäulnis der Pflanze. Sie wirken unter anderem zusammen­ziehend, entzündungshemmend, hemmen das Wachstum von Mikro­organismen (antimikro­biell) und sorgen dafür, dass sich Darmbewegungen reduzieren. Daher werden Gerbstoffe in Medikamenten gegen Durchfall und Hauterkrankungen verwendet.

Auch Saponine (lat. Sapo = Seife) sind Abwehrstoffe der Pflanze gegen Pilz­befall und Insektenfraß und schmecken sehr bitter. Ihnen wird eine entzündungshemmende, antibakterielle und antimikrobielle Wirkung zugeschrieben. Sie fördern die Durchblutung und schützen vor Pilzen. In Zahnpasta oder Shampoos sind Saponine genauso zu finden wie in Hustenmitteln.

Bitterstoffe regen die Verdauung an – das beginnt schon im Mund: Durch den bitteren Geschmack werden Magen, Leber, Gallenblase und Bauchspeicheldrüse dazu angeregt, vermehrt Verdauungssäfte und -enzyme zu produzieren. Der Darm wird auf diese Weise besser durchblutet, und die Darmbewegung wird gefördert. Wichtige Nährstoffe aus dem Futter können besser aufgenommen und verwertet werden, außerdem wird die Leber entgiftet. Bitterstoffe helfen somit bei Krämpfen, wirken entzündungshemmend, antibakte­riell sowie gegen Pilze.

Sammeln oder kaufen

Heilpflanzen kann man bei Kräuterexperten ebenso wie bei Futtermittelherstellern kaufen. Manche werden einzeln angeboten, andere als Mischung aus vielen verschiedenen Kräutern, die gegen ein spezielles Problem helfen sollen – zum Beispiel Brennnesselkraut, Birkenblätter, Gänsefingerkraut, Gold­ruten­kraut, Ackerschachtelhalm und Ginkgo gegen Hufrehe. „Kräutermischungen haben den Vorteil, dass man die Stärken der verschiedenen Pflanzen kombinieren kann“, weiß Ute Ochsenbauer.

Einige Pflanzen wie Gänseblümchen oder Löwenzahn sind für jeden gut zu erkennen und können im eigenen Garten oder auf unbelasteten Wiesen leicht selbst gesammelt werden – man sollte nicht alle Pflanzen ernten, um deren weitere Ausbreitung zu ermöglichen. Am Straßenrand oder am Rand von Getreide- oder Maisfeldern besser keine Kräuter zupfen, da diese mit Schad­stoffen belastet oder verunreinigt sein könnten.

Bei Pflanzen, bei denen eine Ver­wechslungs­gefahr besteht, sollte man sich entweder ganz genau auskennen oder lieber gleich die Finger von ihnen lassen. Manche Kräuter werden übrigens auch in der Küche genutzt und sind daher im Pflanzenmarkt erhältlich. Sie lassen sich leicht im Garten oder sogar auf dem Balkon anbauen.

Wann helfen Heil­kräuter?

Kräuter leisten gute Dienste, um Pferde bei langwierigen Krankheiten zu unterstützen, um sie danach wieder fit zu bekommen oder um ­Defizite vorzubeugen. Sie eignen sich aber nicht als einzige Therapie für ­akute Krankheiten, außer dies wurde mit dem Tierarzt abgesprochen. Dieser sollte immer als Erstes um Rat gefragt werden, was das Pferd hat und ob der Einsatz von Kräutern schaden könnte. So sind beispielsweise einige Kräuter nicht für trächtige Stuten geeignet. ­Andere Pflanzen können außerdem bei übermäßigem Verzehr auch negativ wirken. Heilpflanzen können Allergien auslösen und sollten daher nicht zu lange gefüttert und bei empfindlichen Pferden erst langsam gegeben werden.

Wer Heilpflanzen selbst sammeln möchte, muss die Pflanzen ­sicher ­erkennen können, um nicht aus ­Versehen eine Giftpflanze zu sammeln. Eine Übersicht über Giftpflanzen:

▶ www.giftpflanzen-fuer-pferde.de

Bei Zweifeln, welche Kräuter sich gut eig­nen würden oder welche Mischung im konkreten Fall gut hilft, lassen Sie sich am besten von einem Tierheil­praktiker beraten.

 

Heilpflanzen füttern:

▷ Frisch

Eine Handvoll frisch gezupft zu jeder Mahlzeit geben.

▷ Als Tee

Eine Handvoll frischer Kräuter oder einen Esslöffel getrockneter Kräuter mit ­einem Becher heißen Wassers überbrühen. ­Frische Kräuter im Tee lassen, getrock­nete durchsieben und den lauwarmen Tee ­zweimal täglich übers Futter geben.

▷ Sirup

Kräuter mit etwas Honig in ein Glas ­füllen und über Nacht ziehen lassen – Honig entzieht Heilpflanzen die Wirkstoffe und nimmt sie auf. Flüssigkeit schon am nächsten Tag verfüttern, da sich Sirup nicht so lange hält!

▷ Tinktur

Eine Tinktur wirkt intensiver als Tee. ­Frische Kräuter in ein Glas geben – bei ­getrockneten Kräutern Glas nur bis zur Hälfte füllen – und darauf 40-prozentigen Alkohol geben (z. B. einen billigen ­Wodka). Für vier Wochen in ein warmes Zimmer (nicht in die Sonne) stellen und ziehen lassen. Einmal täglich schütteln. Nach einem Monat filtert man die Flüssigkeit durch ein Baumwolltuch oder einen Kaffeefilter und füllt sie in ein kleines ­Gefäß. Von ­dieser Tinktur gibt man seinem Pferd zweimal täglich drei bis zehn Tropfen – langsam beginnen und das Pferd beobachten. Zeigt das Pferd die gewünschte Reaktion, ist die passende Menge erreicht. Bei empfind­lichen oder chronisch kranken Pferden können auch drei Tropfen dauerhaft ­genug sein. Achtung: Nicht zu viele ­Tinkturen geben wegen des Alkohols!

▷ Öl

Beim Füttern von ätherischen Ölen ­sollte man sehr vorsichtig sein, da diese Öle hoch­konzentriert sind und reizen ­können. Zum Selbermachen sind sie aufgrund der ­nötigen Mengen zudem kaum ­geeignet. So benötigt man zum Beispiel für ein ­Kilogramm Rosmarinöl ca. 80 Kilogramm blühende Rosmarinspitzen.

 

Text: Kerstin Wackermann, Bild: iStock

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