Headshaking beim Pferd bringt den Reiter zum Verzweifeln und beeinträchtigt die Lebensqualität der Pferde. Seine Ursachen sind vielfältig – von unpassender Ausrüstung über Allergien bis hin zu Nervenreizungen. Eine Heilung ist nicht immer möglich

Krankheitsbild

Headshaker zucken oder schlagen ohne erkennbaren Reiz mit dem Kopf. Nur selten handelt es sich dabei um eine Untugend, häufiger sind gesundheitliche Mängel die Ursache.

Die Krankheit heißt nicht umsonst „Headshaking“, auf Deutsch: Kopfschütteln, denn sie äußert sich vornehmlich in Kopfbewegungen, die von einem einfachen hektischen Zucken bis hin zum heftigen Schlagen reichen. Diese Bewegung findet zumeist in vertikaler Richtung – rauf und runter – statt, sie kann aber auch horizontal oder kreisend verlaufen.Kopfschlagen ist zwar generell ein normales Verhalten; Pferde zeigen es, wenn sie von Insekten gestört werden oder aufgeregt sind. Tritt das Kopfschlagen jedoch ohne erkennbaren äußeren Reiz auf, handelt es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um das Headshaking-Syndrom. Pferde können es sowohl bei der Nutzung – dem Reiten und anderer Arbeit – als auch im Stall oder auf der Weide zeigen. Häufig ist das Ausmaß auch saisonal verschieden. Manches Pferd shakt sogar so heftig, dass eine Nutzung – zum Leid des Reiters – unmöglich wird.

Früher hatte man das Verhalten lediglich als Untugend abgetan. Heute differenziert man zwischen: Kopfschlagen als gesundheitlicher Mangel, als Verhaltensstörung und als Zeichen eines Reiterfehlers oder fehlerhafter Ausrüstung. In vielen Fällen ist eine Reizung des Trigeminusnervs – des fünften Gehirnnervs – schuld. Bis heute ist das Headshaking- Syndrom medizinisch jedoch immer noch nicht völlig umgrenzt, obwohl die Symptomatik in der Literatur bereits um 1809 auftaucht.Betroffen sind Pferde aller Rassen und jeden Alters. Gehäuft beobachtet man die Erkrankung aber ab einem Alter von sieben Jahren beziehungsweise bei Wallachen.

Headshaking beim Pferd
Das komplexe Krankheitsbild erfordert die Diagnose eines Tierarztes

Headshaking beim Pferd:Ursachen

Oftmals führt eine Trigeminusreizung zum Headshaking-Syndrom Headshaking kann verschiedenste Ursachen haben. Rund 70 gesundheitliche Mängel sind bekannt. Viele betreffen den Pferdekopf, etwa das Auge, die Maul- oder Nasenhöhle, den Gehörgang oder Hals. Möglich sind Zahnprobleme, Flüssigkeitsansammlungen in den Nasennebenhöhlen, Verletzungen der Halsmuskulatur oder Pilzinfektionen des Luftsacks. Zudem kommen Allergien ausgelöst z. B. durch Pollen, Schimmelpilze oder Insekten –, Rückenprobleme und Lahmheiten als Ursache in Betracht. Häufig ist eine Reizung oder Schädigung des Nervensystems Schuld. Betroffen ist vor allem der Trigeminusnerv, welcher sich über den gesamten Pferdekopf erstreckt. Wird er geschädigt, kommt es zu einer Überempfindlichkeit, und der Patient reagiert auf leichteste Berührungsreize, wie Wind, Staub, Pollen oder Schneeflocken. Es juckt oder schmerzt.

Eine Verbindung des Trigeminusnervs mit dem Sehnerv kann ebenfalls zum Headshaking führen. Es führt zu einer Lichtempfindlichkeit (photisches Headshaking). Nervenschädigungen können durch Viren (z. B. Herpesviren), Bakterien (wie Borreliose) oder zufällig degenerative Veränderungen (abweichend von der Norm) ausgelöst werden. Einige Pferde shaken ohne gesundheitlichen Schaden. Fehlerhaftes Zaumzeug, ein unpassender Sattel, starke Reitereinwirkung, Stress oder schlechte Haltungs- und Futterbedingungen können hier die Auslöser sein.

Symptome

Auffälligstes Merkmal des Headshakings ist mehr oder weniger heftiges Kopfschlagen oder -schütteln. Dazu kommt starkes Schnauben oder Ausschlagen der Vorhand.

Typischstes Symptom des Headshaking- Syndroms ist das plötzliche, stoßweise und zwanghaft wirkende Schlagen mit dem Kopf – in den meisten Fällen rauf und runter. Kreisende oder horizontale Kopfbewegungen sind aber auch möglich. Oft lässt sich das Verhalten durch nichts unterbrechen. Die Intensität, Dauer, das Auftreten und weitere Begleitsymptome variieren je nach Ursache und in einigen Fällen je nach Jahreszeit. So beginnt bei einigen Pferden die Erkrankung immer im Frühjahr, während sie im Winter weitgehend symptomfrei sind.

Manche Pferde zeigen nur kurzweilig ein leichtes Zucken, andere wiederum heftiges, anhaltendes Schlagen mit dem Kopf. Es ist in der Bewegung – unter dem Reiter, beim Longieren oder beim Freilauf, meist in gesteigerter Gangart –, aber auch in der Box oder auf der Weide möglich. Die Pferde sind unkonzentriert und gestresst. Patienten mit einer Trigeminusreizung reiben zudem gerne ihre Nüstern an den Vorderbeinen, der Wand oder auf dem Boden. Sie schnauben stark und häufig, schlagen reflexartig mit der Vorhand oder verstecken ihren Kopf unter dem Schweif anderer Pferde.

Headshaking beim Pferd
Viele betroffene Pferde reiben ihre Nüstern an den Vorderbeinen

Diagnose beim Headshaking

Weil das Krankheitsbild eines Headshakers so komplex ist, ist eine genaue Diagnose schwierig und langwierig. Deshalb sollte zwingend ein Tierarzt zu Rate gezogen werden. Am Anfang steht stets eine ausführliche Berichterstattung durch den Pferdebesitzer. Er informiert den Tierarzt über seine Beobachtungen im Hinblick auf Verhalten, Verlauf, Zeitpunkt und Ort, schildert die Haltungs- sowie Fütterungsbedingungen und trägt damit zu einer genauen Diagnose bedeutend bei.

Tritt das Kopfschlagen nur in den Sommermonaten oder das ganze Jahr, bei der Arbeit oder auch in Ruhe auf? Können Sonne, Staub oder Pollen eine Rolle spielen? Oder Sattel, Zaumzeug und Gebiss ungeeignet sein? Diese und weitere Fragen sollten geklärt werden. Darauf folgt eine klinische Rundum -Untersuchung durch den Tierarzt. Er beobachtet das Pferd im Stehen sowie in der Bewegung, begutachtet und untersucht unter anderem Augen, Ohren, Maul und Nasengang; röntgt Hals, Wirbelsäule und Beine. Er kann den Trigeminusnerv betäuben, einen Allergietest durchführen und das Blut auf eventuelle Viren untersuchen lassen. Schritt für Schritt werden so mögliche Ursachen ausgeschlossen und die Auslöser für das Kopfschlagen eingekreist. Je nach Diagnose folgen unterschiedliche Therapiemethoden.

Behandlung

Die Therapien reichen von Zahnkorrekuren über eine Beruhigung der Nerven bis hin zu technischen Hilfsmitteln

Unterschiedlichste Behandlungsmethoden kommen in Betracht, sie richten sich je nach der Ursache. Eine vollständige Beseitigung der Headshaking-Auslöser ist jedoch nicht immer möglich. Deshalb zielen die Therapien vielmehr darauf, die Auslöser weitgehend zu minimieren. Bei vielen betroffenen Pferden sind mehrere Maßnahmen gleichzeitig einzusetzen. Sind zum Beispiel organische Erkrankungen im Maul-, Nasen- oder Ohrenbereich, Lahmheiten oder Rückenprobleme die Ursache für das Kopfschlagen, richtet sich die Behandlung jeweils nach der Grunderkrankung.

Eine entzündete Zahnwurzel bedarf zum Beispiel einer Zahnbehandlung, und Flüssigkeit in den Nasennebenhöhlen muss abgeleitet werden. Beruht das Headshaking auf einer Allergie, sind Allergene wie Staub, Pollen oder Pilzsporen zu vermeiden. Achten Sie auf einwandfreie Einstreu, füttern Sie nasses Heu und orientieren Sie sich an speziellen Pollenflugkalendern. Ist ein Nerv gereizt, so kann er medikamentös beruhigt werden. Verwendet werden dazu Arzneimittel wie Carbamacepin aus der Humanmedizin.

In vielen Fällen kann dem Headshaker aber auch bereits mit Nasennetzen oder Ähnlichem wesentlich geholfen werden. Denn sie rufen mit ihrer ständigen Berührung eine Überstimulierung des Trigeminusnervs hervor und schirmen gegen äußere Reize wie Wind ab. Seit dem 28. April dieses Jahres sind Nasennetze (Abbildung siehe LPO) in allen LPO-Prüfungen über Hindernisse erlaubt. Weiterhin nicht zugelassen sind sie jedoch in Dressurprüfungen. Der photische Headshaker kann mit einer dunklen Gesichtsmaske vor direkter Sonneneinstrahlung geschützt werden. Zudem befinden sich auch abgedunkelte Kontaktlinsen für Pferde im Test.

Ungeeignete Ausrüstung, wie Gebiss oder Sattel ist so schnell wie möglich zu ersetzen, eine fehlerhafte Reitweise zu verbessern. Hilfreiche Begleittherapien sind zudem Akupunktur, Chiropraxis und Osteopathie. Generell sollte die Arbeit mit dem Pferd während der Behandlung vorläufig eingestellt werden. Stress ist in allen Formen zu vermeiden und die Haltungsbedingungen sind zu optimieren, das heißt: viel Weidegang, ausreichend Raufutter und Sozialkontakt.

Headshaking beim Pferd
Mit dunklen Gesichtsmasken kann man photischen Headshakern herlfen

Prognose

Je genauer die Diagnose, desto besser stehen die Chancen. Einige Pferde können später wieder problemlos geritten werden

Eine Aussicht auf Heilung ist nicht immer gegeben. Sie ist aber bedeutend besser als vor Jahren. Denn während früher die Euthanasie häufig in Betracht gezogen wurde, können heute einige Pferde nach erfolgreicher Therapie sogar wieder ohne Probleme geritten werden. Bei anderen Pferden lassen sich die Symptome mit einer Behandlung wenigstens so weit reduzieren, dass sie wieder gut leben können, das heißt, ihre Lebensqualität kann weitgehend wieder hergestellt werden. Je genauer die Beobachtung des Pferdebesitzers und die Diagnose durch den Tierarzt, umso besser stehen die Chancen für ein angenehmes Pferdeleben. Wie viel Zeit Diagnose und Therapie in Anspruch nehmen, ist je nach Ursache individuell. Wichtig: Geben Sie Ihrem Vierbeiner die Zeit, die er braucht.

 

Vorbeugung

Vermeiden Sie Stress, unpassende Ausrüstung und schlechtes Futter

Die beste Vorbeugung ist eine artgerechte Haltung mit ausreichend Bewegung, Futter und Artgenossen. Sie trägt zur Gesunderhaltung bei und vermeidet Verhaltensstörungen. Jedes Pferd sollte artgerecht gehalten werden, so sieht es auch das Tierschutzgesetz vor. Darüber hinaus sind unnötiger Stress und Allergene wie Pollen, Staub, Sporen und Insekten zu vermeiden. Achten Sie also stets auf staub- und schimmelfreies Heu bzw. qualitative Einstreu. Bei herpesinfizierten Pferden ist eventuell auf eine Herpesimpfung zu verzichten. Denn die künstliche Infektion kann die innewohnenden Herpesviren aktivieren. Das Immunsystem wird geschwächt oder geschädigt. Und die Anfälligkeit für neue Erkrankungen wird damit erhöht. Manches Pferd shakt bei unpassendem Zaumzeug oder Sattel und scharfen Gebissen, die Druck auf das Pferd ausüben. Dem können Sie mit regelmäßigen Kontrollen durch ein geschultes Auge wie das eines Sattlers vorbeugen. Reiterfehler, wie scharfe Zügeleinwirkung, lassen sich zudem mit einer stetigen Kontrolle durch einen Ausbilder vermeiden.

Headshaking beim Pferd
Für Zufriedenheit und innere Ruhe sind Weidepartner wichtig

Unsere Tipps für Sie

• Beobachten Sie Ihr Pferd genau und unterscheiden Sie zwischen einem normalen Kopfschütteln und den Symptomen des Headshaking-Syndroms. Jedes Pferd kann durch äußerliche Reize wie eine Fliege mit dem Kopf zucken oder schlagen. Bei Headshakern tritt das Symptom aber ohne erkennbaren Auslöser gehäuft und immer wiederkehrend auf.

• Häufig stellt man als Ursache für das Kopfschlagen eine Störung des Wohlbefindens fest. Der Auslöser liegt dann haltungsbedingt zumeist in einem zu hohen Allergen- Kontakt. Oft sind aber auch die Ausrüstung oder die eigene Reitweise fehlerhaft. Deshalb sind eine artgerechte Haltung und qualitative Reiter- bzw. Pferdeausbildung eine gute Methode, um dem Headshaking-Syndrom vorzubeugen.

• Ist Ihr Pferd dennoch betroffen, so empfehle ich ein gezieltes Ausschlussverfahren durch den Tierarzt. Veterinäre haben Erfahrung mit erkrankten Pferden. Deshalb können sie häufig schon durch die Art und Weise des Kopfschlagens und durch die Vorgeschichte auf mögliche Ursachen schließen und diese dann abklären. Nur kleinste Probleme wie spitze Haken ganz hinten in der Maulhöhle, Entzündungen der Nasennebenhöhlen oder Luftsäcke können die Ursache sein. In solchen Fällen kann den Pferden schnell geholfen werden. Und spielen mehrere Ursachen eine Rolle oder sind Allergien beteiligt, können Sie die Symptome mithilfe eines optimierten Haltungsmanagements häufig bereits deutlich reduzieren.

• Bei genauer Diagnose und konsequenter Behandlung kann vielen betroffenen Pferden geholfen werden. Je länger das Headshaking- Syndrom jedoch besteht, desto schwieriger erscheint es, das Kopfschlagen aus dem Verhalten des Pferdes später wieder herauszubekommen.

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