Griffelbein – was ist das eigentlich? Der Begriff scheint ein wenig seltsam 
zu sein und führt schnell in die Irre. Denn eigentlich handelt es sich hierbei um die zurückgebildeten zweiten und vierten Zehen des Pferdes

Was versteht man unter dem Begriff „Griffelbein“?

Das Griffelbein befindet sich am Mittelfuß des Pferdes. Dieser besteht aus drei Knochen: Da ist zum einen das Röhrbein, das auch – da es der tragende Knochen ist – als Hauptmittelfuß bezeichnet wird. Außerdem gibt es zwei Griffelbeine, die innen und außen an diesem Röhrbein liegen und als Nebenmittelfuß bezeichnet werden. Sie sind etwa bleistiftdicke, längliche Knochen und haben keine tragende Aufgabe. Die Griffelbeine sind nur am oberen Ansatz, dem Griffelbeinköpfchen, mit dem Vorderfußwurzelgelenk an den Vorderbeinen und dem Sprunggelenk am Hinterbein verbunden. Der untere Teil des Griffelbeins wird als Griffelbeinknöpfchen bezeichnet.

Evolutionsbedingt sind die Griffelbeine die zurückgebildeten zweiten und vierten Zehen des Pferdes. Das Röhrbein ist übrigens die einzige nicht verkümmerte Zehe des Tieres und trägt das gesamte Gewicht.

Ein Beinbruch bedeutet oft das Todesurteil für das Pferd. Wieso ist dies beim Bruch des Griffelbeins nicht so?

Es kommt verhältnismäßig oft zu Griffelbeinfrakturen. Das liegt an dem geringen Umfang des Knochens. Bei einer Fraktur wird zwischen der proximalen und der distalen Fraktur unterschieden. Erstere ist ein Bruch im oberen Drittel des Griffelbeins. Hier handelt es sich entweder um einen geschlossenen Bruch ohne Haut- und Weichteilinvolvierung oder um einen offenen Bruch. Hierbei werden Haut und/oder Weichteile verletzt. Bei einem solchen offenen Bruch ist die Gefahr einer Infektion deutlich erhöht, bei der eine Entzündung im schlimmsten Falle auch den Knochen und das Gelenk betreffen kann. Eine proximale Griffelbeinfraktur entsteht meist durch äußere Einflüsse, wie beispielsweise durch den Tritt eines anderen Pferdes.

Liegt ein Bruch im inneren Bereich des Griffelbeins vor, spricht man von einer distalen Fraktur. Dies ist meist ein geschlossener Bruch, und er entsteht in der Regel durch eine starke Belastung bei hohen Geschwindigkeiten. Aus diesem Grund wird diese Art von Bruch auch häufig als Ermüdungs- oder Belastungsbruch bezeichnet und kommt vor allem bei älteren Renn-, Distanz- oder Vielseitigkeitspferden vor. 
Da das Griffelbein nur über das Griffelbeinköpfchen mit dem breiteren Röhrbeinknochen verwachsen ist, entwickelt dieses bei einer länger anhaltenden hohen Geschwindigkeit eine Art Eigendynamik und -bewegung. Dies kann schlussendlich zu einer Griffelbeinfraktur führen. Diese Fraktur äußert sich durch eine leichte bis hochgradige Lahmheit, Schwellungen oder eine hohe Schmerzempfindlichkeit im betroffenen Bereich. Durch Abtasten kann der Tierarzt eine Verdachtsdiagnose stellen. Zweifelsfrei diagnostizieren lässt sich ein Griffelbeinbruch nur anhand eines Röntgenbildes. Außerdem empfiehlt sich eine Ultraschalluntersuchung, um auszuschließen, dass der Fesselträger ebenfalls betroffen ist.

Wie kann eine Fraktur behandelt werden, und wie sind die Prognosen bei einer solchen Diagnose?

Am häufigsten kommt die distale Griffelbeinfraktur, also ein einfacher Bruch, vor. Hier gibt es zwei Behandlungsmöglichkeiten: Befindet sich das Knochenfragment noch an der richtigen Stelle, kann der Bruch durch Boxenruhe und Ruhigstellen durch einen stabilisierenden Verband zur Heilung führen. Die Alternative ist eine Operation, die nötig wird, wenn die Fragmente verschoben sind. Bei der Operation wird das Fragment entfernt und – in manchen Fällen – der verbleibende Griffelbeinstumpf leicht abgeschrägt. Eine Operation wird empfohlen, um Knochenzubildungen während einer Boxenruhe zu vermeiden. Bei einem proximalen Bruch wird oftmals eine Operation mit einer Knochenverschraubung notwendig.

Bei einer Fraktur im unteren Griffelbeinbereich ist die Prognose vielversprechend. Meist bestehen nach einer erfolgreichen Operation und einer angemessenen Rekonvaleszenzzeit keinerlei Einschränkungen in der Leistungsfähigkeit des Pferdes. Meist sind die Tiere nach vier Monaten wieder einsatzbereit. Bei einem Bruch im oberen Bereich des Griffelbeins sind die Heilungschancen und die spätere Prognose sehr individuell.

Text: Nora Dickmann          Foto: www.Slawik.com

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