Text: Nora Dickmann Foto: www.Slawik.com
Sind Pferde von der equinen rezidivierenden Uveitis (ERU), auch bekannt als periodische Augenentzündung, betroffen, sehen sie teilweise nur auf einem Auge, manche sehen verschwommen, manche sind irgendwann blind. Doch wie kommt es dazu?
Was genau versteht man unter der Krankheit ERU?
Typisch für die Krankheit ist eine wiederkehrende Entzündung der mittleren Augenhaut (Uvea) in unspezifischen Intervallen. Die Uvea besteht aus drei Abschnitten: der Aderhaut, der Regenbogenhaut (Iris) und dem Ziliarkörper. Die Folgen dieser wiederkehrenden Entzündung führen zu Schädigungen in Nachbargeweben, z. B. in der Netzhaut. Leider kann man die ERU meist nicht in der Frühphase erkennen, da die erste Entzündung meist ohne deutliche äußere Schmerzsymptomatik verläuft. Oftmals tritt die Krankheit schleichend auf, und betroffene Pferde können trotz wiederholter Krankheitsschübe oft noch jahrelang sehen. Auf der anderen Seite können auch schnell aufeinanderfolgende Schübe – mit oder ohne Schmerzerscheinung – zu Netzhautablösungen führen. Daraus entsteht Blindheit. Bei schwerem Verlauf kann schon in kurzer Zeit eine Schrumpfung des Augapfels auftreten. Früher oder später – nach Monaten oder Jahren – kann auch noch das zweite Auge erkranken. Weltweit leiden fast zwölf Prozent der Pferde unter ERU.
Welche Symptome zeigt das Pferd im akuten Entzündungsstadium?
Je nach Schweregrad der Entzündung sind die Symptome unterschiedlich. Heftige Lidkrämpfe, Lidschwellungen, Tränenfluss, Lichtscheu, rauchige Hornhauttrübung, gerötete Bindehaut oder (Blut-)Ablagerungen in der vorderen Augenkammer sind typisch. Aber auch eine Pupillenengstellung, Verletzungen im Kopf- oder Augenbereich und trübe Glaskörperflüssigkeit können auftreten. Vor allem bei jungen Pferden führt die ERU zu heftigen Schmerzen im Auge, die wiederum in den Kopf ausstrahlen können. Migräne ist daher eine häufige Folge.
Was ist die Ursache für diese Erkrankung des Auges, und welche Folgen hat sie für das Pferd?
Bei der periodischen Augenentzündung spielen Leptospiren in Europa eine entscheidende Rolle. Diese werden von Mäusen über Urin im Heu, Stroh und auf der Weide ausgeschieden und gelangen so zum Pferd. Die Bakterien können dabei zeitgleich, oder aber auch unabhängig voneinander in ein oder in beide Augen gelangen. Mehr als 80 Prozent der Pferde infizieren sich, erkranken jedoch nicht. In Deutschland fallen rund 40 bis 80 Prozent der Proben positiv aus. Auch wird eine genetische Veranlagung vermutet. Vor allem bei bestimmten deutschen Warmblutpferden und Appaloosa tritt die Augenerkrankung auf. Die Symptomatik führt zu Veränderungen im Auge, wie dauerhafte Hornhaut-, Linsen- und Glaskörpertrübung, Verklebung der Regenbogenhaut und auch zur Schrumpfung des Augapfels. Bei den meisten Pferden ist irgendwann das ganze Auge betroffen, was zur Zerstörung und anschließender Blindheit führt. Allerdings erblinden nur 65 Prozent der erkrankten Warmblüter, wovon rund 35 Prozent der erkrankten Tiere auf beiden Augen blind werden. Beim Appaloosa sind es sogar 72 Prozent; hier sind sehr häufig beide Augen betroffen.
Wie wird das Pferd behandelt?
Leidet das Pferd unter ERU, gibt es verschiedene Behandlungsmöglichkeiten. Die medikamentöse Behandlung ist teuer und zeitaufwendig und kann das Wiederauftreten der Entzündung meist nicht verhindern. Trotzdem gilt das Pferd bei einem akuten Schub als Notfall. In der Regel werden Atropin-Augensalbe zur Weitstellung der Pupille und Unterdrückung des Lidkrampfes verabreicht. Auch werden entzündungs- und schmerzhemmende Präparate und Kortisonaugensalbe verordnet.
Wieso wird die Krankheit auch als „Mondblindheit“ bezeichnet?
Die für die Krankheit typischen Symptome wurden bereits in der Antike aufgezeichnet. Plinius der Ältere soll einer der Ersten gewesen sein, der sie beschrieb. In spätrömischer Zeit wird in dem veterinärmedizinischen Werk „Digesta Artis Mulomedicinae“ des Flavius Vegetius Renatus erstmals der Begriff Oculus lunaticus für die Krankheit verwendet. Damals vermutete man Einflüsse des Mondzyklus und sah einen Zusammenhang zwischen der periodischen Augenentzündung und der abnehmenden Mondphase. Daher hat die equine rezidivierende Uveitis ihren Namen erhalten.
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