Das Equine Sarkoid ist immer wieder ein Thema unter Reitern. Von Warzen, Tumoren, ja sogar von Hautkrebs ist da die Rede. Von gutartigen und bösartigen Hautgeschwulsten. Von Ansteckung durch beißende Pferdebremsen. Aber was ist wirklich gefährlich am Equinen Sarkoid?

Und plötzlich war es walnussgroß!“ Marina blickt angeekelt in die Runde, während sie zum besseren Verständnis mit Daumen und Zeigefinger einen Kreis formt. Dabei hatte alles als kleine Hauterhebung an der Innenseite des hinteren Oberschenkels ihrer Stute begonnen. „Ein kleiner Pickel, ein entzündeter Bremsenbiss, dachte ich“, erzählt die 32-Jährige. Sie desinfizierte die Stelle, rieb sie mit einer heilenden, beruhigenden Salbe ein und wartete ab. Vergeblich. Denn der Bereich verheilte nicht. Schlimmer noch: Der vermeintliche Pickel wuchs, und das sogar recht schnell. Drei Monate später baumelte bereits ein haselnussgroßer Knubbel an der veränderten Hautstelle. „So etwas hatte ich noch nie zuvor gesehen. Der Hautknoten hing an einer Art Stiel“, erinnert sich Marina, die nun von einer Warze ausging. Doch die anderen im Stall schlugen Alarm. Ob es ein Tumor sein könnte? Vielleicht Krebs? Vielleicht auch eine ansteckende Krankheit? Unsicherheit machte sich breit, und Marina entschloss sich, nun doch den Tierarzt zu rufen. Der musste nur einen einzigen Blick auf den hässlichen Störenfried zu werfen: „Das ist zu 99 Prozent ein Equines Sarkoid. Eine genaue Diagnose könnten wir mithilfe einer Biopsie, einer Gewebeprobe, erstellen. Aber ich schlage vor, das Ganze einfach mit einem Gummiring abzubinden“, beschloss der Tierarzt und griff im selben Moment zu einem Spezialgerät, mit dem er in Sekundenschnelle einen kleinen, harten Gummiring um den Stiel ziehen konnte. Fertig. „Und jetzt einfach abwarten.“

Hoher Leidensdruck

In den nächsten Tagen galt Marinas Blick beim täglichen Putzen ihrer Stute jedes Mal zunächst der Innenseite des Oberschenkels. Da prangte das Hautanhängsel auch nach drei Tagen noch unverändert prall. Doch dann veränderte sich langsam die Farbe. Sie wechselte von Tiefschwarz zu Grau, die Hautoberfläche wurde schuppig, und der Knubbel schrumpelte zusehends ein. Schließlich fiel er ab. Heute, drei Jahre später, erinnert nur noch eine kleine rosafarbene Hautstelle an den Knoten. Das Sarkoid wuchs nicht wieder nach. Doch das war reines Glück. Oft ist es mit reinem Abbinden alleine nämlich nicht getan. Und das, was Marina bei ihrer Stute entdeckte, ist fürwahr kein seltener Gast in Reitställen. Ein Eindruck, den ein kurzer Spähtrip ins Internet bestätigt: Es gibt sogar einschlägige Foren, in denen sich Besitzer betroffener Pferde austauschen. Sie diskutieren persönliche Erfahrungen mit verschiedensten Behandlungen. Die Tipps reichen von Salben und Cremes über die Chemotherapie bis hin zur Geistheilung. Ein kunterbuntes Sammelsurium, das vor allem eines zeigt: der Leidensdruck ist groß. Sehen wir uns einmal die Fakten an.

Meistens juckt und schmerzt es nicht, aber es kann faustgroß werden – erschreckend! Und es ist nicht selten in Pferdeställen anzutreffen. Das Equine Sarkoid ist sogar der häufigste Bindegewebstumor bei Pferden, und es wartet gleich in sechs unterschiedlichen Formen auf. Manchmal ist es klein und unscheinbar, dann wieder unübersehbar, ja fast unerträglich hässlich. Einige Formen sind harmlos, andere weitaus gefährlicher. Auslöser ist ein Virus. Immer wieder rücken zwei Typen des Bovinen Papillomavirus (BPV) in den Fokus. Diese Viren dringen durch kleinste Wunden in den Körper ein. Sie vermehren sich in der Haut, und dann setzen virale Proteine, also Eiweiße, unkontrollierte Zellwucherungen in Gang.

Doch ob das Equine Sarkoid tatsächlich ansteckend ist oder nicht, darüber reden sich Tiermediziner nach wie vor die Köpfe heiß. Vielleicht sind beißende und stechende Insekten als Überträger im Spiel. Immerhin sprießen Sarkoide genau an jenen Körperstellen, welche geflügelte Lästlinge mit Vorliebe aufsuchen. Oder liegt es einfach in der Familie, wenn die Haut verrückt spielt?

Text: Gabi Metz und Lara Wassermann    Foto: Veterinärmedizinische Universität Wien     

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