Text: Inga Dora Schwarzer Foto: www.Slawik.com
„Hilfe, mein Pferd ist zu dick!“ Gras ist Dickmacher Nummer eins. Schnell wird aus einem rundlichen Pferd ein XXLSchwergewicht. Wir zeigen, wie Sie Übergewicht erkennen und welche Abnehmtipps dicken Pferden wirklich helfen.
Im Sommer zieht das frische, saftige grüne Gras die Pferde magisch an. Stundenlang schlingen die Tiere das schmackhafte Grün in sich hinein. Leider ist Gras der Energielieferant Nummer eins der Pferde. Das Resultat: unübersehbare Fettpolster besonders an Bauch, Mähnenkamm und Kruppe. Das Problem? Überschüssige Pfunde belasten Gelenke, Sehnen, Bänder und das gesamte Skelett, was zu nachhaltigen Schäden führen kann. Übergewicht wirkt sich zudem nachteilig auf Herz, Lunge und Stoffwechsel aus. Störungen der Schilddrüse, Hypophyse und Nebennieren können auftreten. Viel gefährlicher sind die daraus resultierenden Krankheiten wie Hufrehe, das Cushing-Syndrom (Hormonstörung) oder das Equine Metabolische Syndrom (Störung des Zuckerstoffwechsels, der eine Insulinresistenz zur Folge hat). Eine fortschreitende Verfettung kann ebenso zu einer krankhaften Fettsucht (Adipositas) führen. Häufig bildet sich Muskelschwäche aus, die durch Mangel an Bewegung noch gesteigert wird. Bekannt ist auch, dass Hauterkrankungen wie das Sommerekzem bei dicken Pferden eher auftreten als bei schlanken. Sie werden mit der Zeit immer träger und fauler, nehmen noch mehr an Gewicht zu. Das Leistungsvermögen und die Leistungsbereitschaft der Tiere sinken immer weiter.
Zu viel Fettgewebe
Doch wann bringt ein Vierbeiner zu viel auf die Waage? Ob ein Pferd zu dick ist, lässt sich am einfachsten mittels einer Waage feststellen. Pferdebesitzer können aber auch ihren Blick für das Übergewicht des Vierbeiners schulen. Dafür müssen sie wissen, wo sich Fettdepots am Pferdekörper bilden. Pferde haben nämlich – wie wir Menschen auch – ihre Problemzonen. Dazu zählen v.a. der Mähnenkamm, der Widerrist mit Übergang zur Sattellage, die Kruppe, die Areale links und rechts entlang der Wirbelsäule, der Schweifansatz, die Schulterpartie, der Bereich der Rippen sowie die Hüft – und Sitzbeinhöcker. Wer Schwierigkeiten hat, die Speckpölsterchen im Stand ausfindig zu machen, sollte sein Tier im Trab frei laufen lassen. Denn das in den Fettzellen eingelagerte Fett besitzt gegenüber dem ansonsten lockeren Bindegewebe eine größere Trägheit. In der Bewegung schwabbelt ein verfetteter Mähnenkamm oder Bauch daher gut erkennbar hin und her. Ob ein Vierbeiner zu viele Pfunde hat, lässt sich auch anhand des Body Condition Score (BCS), einer Art Body-Mass-Index für Vierbeiner, überprüfen. Dieser gilt für Pferde ab anderthalb Jahren. Anhand einer Skala von 1 (extrem mager) bis 9 (extrem fett) kann festgestellt werden, ob das Pferd Über-, Normal- oder Untergewicht hat. Ein BCS von 5 ist dabei erstrebenswert. Bei Dressurpferden, die sehr viel Kraft in Hinterhand und Rücken brauchen, aber keine extremen Ausdauerleistungen vollbringen müssen, ist jedoch ein BCS von bis zu 6 noch in Ordnung. Für Zuchtstuten gilt wegen der verbesserten Fruchtbarkeit dasselbe. Ein BCS von 7 oder mehr sollte aber im Hinblick auf die Gesundheit vermieden werden.
Gute Futterverwerter
Aber wie kommt es überhaupt zu den überschüssigen Kilos? In der Regel gibt es vier Ursachen: zu viel Rau- und Kraftfutter, übermäßige Grasaufnahme, Bewegungsmangel und gute Futterverwertung. Von guter Futterverwertung oder auch leichtfuttrigen Pferden spricht man, wenn ein Pferd mit wenig Futter gut auskommt. Das ist meist bei den sogenannten Robustrassen oder Nordpferden (u. a. Norweger, Isländer oder Shetland-Ponys) der Fall. In den Ursprungsländern fanden die Tiere oft nur karges Gras. Darauf hat sich ihr Stoffwechsel eingestellt. Sie benötigen daher nur wenig Energie für ihren Erhaltungs- und Leistungsbedarf. Stehen sie auf Weiden mit üppigem Gras, legen sie daher oft Fettdepots an. Die Folge: Gewichtszunahme. Kommt keiner der genannten Gründe für das Übergewicht infrage, sollte ein Tierarzt abklären, ob eine Erkrankung (Schilddrüsenunterfunktion, hormonelle Probleme) die Ursache ist. Hat Ihr Pferd zu viel Pfunde auf den Rippen, ist Diät angesagt. Aber die goldene Abnehmregel „FdH“ (Friss die Hälfte) gilt nicht für die Vierbeiner. Sie müssen auch bei einer Diät ausreichend und angepasste Mengen Raufutter bekommen. Lange Fresspausen sollten daher vermieden werden. Denn die Vierbeiner sind von Natur aus Dauerfresser. Als Steppentiere zogen sie gemächlich über das Weideland und nahmen bis zu 18 Stunden am Tag kleine Mengen strukturreiches Futter auf. Gräser, Blätter, Baumrinden und Kräuter gehörten zum Speiseplan. Heute noch ist ihr Verdauungstrakt auf diese Situation eingestellt. Daher gilt: Auch bei einer Diät muss eine ausreichende Versorgung mit gutem Raufutter gewährleistet sein – zumal Heu und Stroh geringe Energielieferanten sind. Energiearmes Raufutter sollte kontinuierlich über den Tag hinweg in kleineren Mengen gefüttert werden. Am besten eignet sich dafür spät geerntetes Heu (zweiter oder dritter Schnitt), das mit Futterstroh gemischt wird, um den Energiehaushalt zu reduzieren. Für ein 600 Kilogramm schweres Pferd könnte z.B. eine Mischung aus sechs Kilogramm Heu und zwei Kilogramm Futterstroh angesetzt werden. Zu viel Stroh darf es aber auch nicht sein, denn das schwer verdauliche Raufutter kann sich negativ auf die Verdauung auswirken. Bewährt haben sich bei einer Diät ebenso engmaschige Heunetze oder Fresskörbe, damit die Vierbeiner länger mit Fressen beschäftigt sind.
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