Eine besondere Mischung von Mikroorganismen soll ein wichtiger Faktor bei der Gesunderhaltung von Pferden sein, angefangen bei Verdauungsbeschwerden über Hautprobleme bis hin zur Stall­hygiene. Und das auf ganz natürliche Art und Weise.

 

Müssen Sie sich auch unwillkürlich kratzen, wenn Sie an Bakterien, Hefen, Pilze und andere winzige Einzeller denken, die auf Ihrer Haut und in Ihren Schleimhäuten leben? Auf allen Lebewesen sitzen wesentlich mehr Mikroben, als wir Körperzellen haben. Auch alle Pflanzen und unsere Umgebung sind dicht besiedelt. Wären Mikroorganismen rot, würde unser ganzer Planet in Signalfarbe leuchten. Na, juckt es schon?

Das sollte es nicht, denn ohne Mikroorganismen gäbe es kein Leben. Sie ernähren sich von lebensfeindlichen Stoffen wie Stickstoff oder Schwefelwasserstoff und produzieren dafür Sauerstoff. Mikroorganismen haben das Leben auf der Erde in seiner heutigen Form erst möglich gemacht: Sie haben die ursprünglich lebensfeindliche Atmosphäre unseres Heimatplaneten mit lebenswichtigem Sauerstoff angereichert. Mikroorganismen sind an unzähligen Umwandlungsprozessen in der Natur beteiligt und dadurch unverzichtbar für das biologische Gleichgewicht auf unserer Erde. Sie befinden sich auch in großer Zahl im Boden, wo sie Nährstoffe für das Pflanzenwachstum bereitstellen.

Bei Mensch und Tier spielen Mikroorganismen eine wichtige Rolle für Stoffwechselvorgänge und das Immunsystem. Eine gesunde Haut- und Schleimhautflora, insbesondere die Darmflora, ist mit einer ausgewogenen Mischung von Mikroorganismen besiedelt, welche vor krankmachenden Erregern schützt. Ein gesunder Darm ist wiederum Voraussetzung für ein gutes Immunsystem. Wird die normale Schleimhautflora verdrängt, etwa durch eine Behandlung mit Antibiotika, wird der Körper anfälliger für Magen-Darm-Beschwerden, Erkrankungen der Haut, Allergien und Infekte.

Die Bedeutung von Mikroorganismen für Mensch, Tier und Natur ist unbestritten. In den letzten Jahren hört man allerdings immer wieder von der positiven Wirkung sogenannter Effektiver Mikroorganismen – auch EM genannt. Das ist eine spezielle Mischung von Mikroorganismen, die helfen soll, wann immer das natürliche Gleichgewicht der Populationen gestört wird, etwa wenn Böden ausgelaugt oder die Darmflora geschwächt werden. Der gezielte Einsatz von EM soll dann die „guten“ Mikroorganismen unterstützen und so das Gleichgewicht wieder herstellen.

„Im Prinzip können Effektive Mikroorganismen in allen Bereichen des Lebens eingesetzt werden, in denen organische Materialien verarbeitet oder aufgebessert werden“, sagt Sabine Zerlett, Fachberaterin Pferd im Unternehmen Emiko, das seit gut zwanzig Jahren Marktführer für EM-Produkte in Deutschland ist. „Zur Verbesserung der Wasserqualität in Teichen und Gewässern genauso wie als Bodenverbesserer und Wachstumsförderer im Garten.“

Darm: Starkes Immunsystem

Rund ums Pferd sollen EM bei Verdauungsbeschwerden, Hautproblemen und der Stallhygiene helfen. „Effektive Mikroorganismen können nachhaltig das Milieu im Verdauungstrakt, in der Umgebung und auf der Haut verbessern“, erklärt Zerlett. „Sie werden in flüssiger Form oder als festes Ergänzungsfutter ‚Bokashi‘, das ist fermentierte Getreidespelze, genutzt. Man kann EM auch äußerlich als Fellkur anwenden oder den EM-Stallreiniger versprühen.“

Ein mit EM angereichertes Zusatzfutter für Pferde enthält in der Regel organische Bestandteile, zum Beispiel Getreidespelze oder Kräuter, die von Effektiven Mikroorganismen fermentiert wurden. Dabei bilden die Kleinstlebewesen, die nur unter dem Mikroskop erkennbar sind, Vitamine, Spurenelemente, Enzyme und Antioxidantien. Das funktioniert im Prinzip wie bei Sauerkraut.

Der japanische Agrarwissenschaftler Professor Higa hat sich bei der Entwicklung von EM tatsächlich vorwiegend mit Mikroben-Kulturen befasst, wie sie auch bei der Herstellung milchsaurer Lebensmittel, zum Beispiel Sauerkraut, verwendet werden. Das Ausgangsprodukt, in diesem Fall Weißkohl, wird durch die Stoffwechselprodukte der Mikroben bei der Fermentation aufgewertet: Es reichert sich mit Vitaminen, Spurenelementen, Enzymen und Anti­oxidantien an. Durch diesen Fermentationsprozess wird das Sauerkraut letztlich für die Ernährung so wertvoll. Genau nach diesem Prinzip funktionieren auch die EM. Achten Sie aber darauf, nur Produkte mit Futtermittel-Zulassung zu kaufen! „Ein ganz zentraler Bereich zur Gesundheitsvorsorge ist ein funktionierender Darm“, erklärt Sabine Zerlett und ergänzt: „Ein gesundes Darmmilieu bedeutet ein intaktes und funktionierendes Immunsystem.“ Die Ursache für viele Probleme unserer Pferde sind eine gestörte Darmflora, meist durch zu viel Stress, Fehler in der Fütterung und häufigen Medikamenten-Einsatz.“ Ihrer Erfahrung nach hilft die Fütterung von EM dem Pferd wunderbar an diesem wunden Punkt. „Das bringt eine Vielzahl positiver Mikroorganismen in den Darm und kann das Pferd daher sinnvoll unterstützen. Eine Vielzahl der regenerativen Mikroorganismen passieren den Magen und können das Milieu bis weit in den Dickdarm hinein positiv beeinflussen. Besonders in Zeiten erhöhter Belastung wie im Fellwechsel, nach der Wurmkur, bei Futterumstellung oder in der Rekonvaleszenz ist eine Unterstützung des Darmmilieus sinnvoll.“

Haut: Säureschutzmantel stärken

Auch äußerlich kann man die Mikroorganismen anwenden. Die Haut ist aus mehreren Schichten aufgebaut. Für uns sichtbar und unmittelbaren Umwelteinflüssen ausgesetzt, ist die äußere Hautschicht, die Epidermis. „Auf ihrer Oberfläche lebt eine Vielzahl nützlicher Mikroorganismen“, erklärt Zerlett. „Rund zwölf verschiedene Bakterien- und circa 30 Pilzarten hat man bislang auf der Haut und im Fell des Pferdes gezählt, wobei dies wohl nur ein Bruchteil der tatsächlich vorhandenen Mikroorganismen darstellt.“ Zusammen mit einem feinen Schutzfilm, der von den Talgdrüsen und Hautzellen gebildet wird, bilden die Mikroorganismen den natürlichen Säureschutzmantel der Haut.

Das Problem: Pferde in menschlicher Haltung haben viel kleinere Lebensräume zur Verfügung als ihre frei lebenden Artgenossen. Unsere Tiere halten sich also immer in derselben Umgebung auf und kommen deshalb vermehrt mit negativen oder einseitig zusammengesetzten Mikroorganismen-Populationen in Kontakt, die das Hautmilieu stören können. Denn selbst das beste Haltungssystem kann es dem Pferd nicht ermöglichen, seine Kot- und Urinstellen komplett zu meiden. Hier kommen die Effektiven Mikroorganismen ins Spiel. „In der EM-Fellpflege sind verschiedenste Mikroorganismen enthalten, die überall in der Natur vorkommen,“, erklärt Zerlett. „Sie sorgen für ein Milieu auf der Haut, das schädigenden Keimen und Pilzen den Nährboden entzieht. Durch die von den Mikroorganismen produzierten Stoffe werden das natürliche Gleichgewicht des Hautmilieus und der Säureschutzmantel unterstützt.“

Effektive Mikroorganismen verhindern außerdem die Vermehrung schädlicher Keime. „Daher sind sie besonders zur Vermeidung von Huf- und Fesselproblemen geeignet, die durch Bakterien oder Pilze verursacht werden“, sagt die Expertin. „Insbesondere in den Wintermonaten ist der Kontakt zu Keimen durch den vermehrten Aufenthalt im Stall und auf feuchten Ausläufen höher als im Sommerhalbjahr. Zwar fehlt vielen Mikroorganismen in den Wintermonaten die nötige Temperatur, um sich stark zu vermehren. Die Population negativer Keime im feuchten Boden sollte trotzdem nicht unterschätzt werden.“ Im Sommer riecht man Fäulnis, Urin und Kot, die auf negative Bakterien hinweisen, sehr deutlich. Im Winter fehlt der schlechte Geruch als Hinweis. „Die Keime sind dennoch da und können sich auf der warmen Pferdehaut und im Huf wunderbar vermehren“, so Zerlett. „Die Effektiven Mikroorganismen nehmen ihnen jedoch den Raum – und einige verbreiten sich auch bei niedrigen Temperaturen.“

Stall: Kein Gestank, keine Fliegen

Im Stall sollen EM für ein besseres Klima sorgen und Fliegen fernhalten. „Auch dort ändern die Effektiven Mikroorganismen das Milieu, sodass die ‚guten‘ Bakterien überwiegen und Fäulnis, Gerüche und Ammoniakgas eingedämmt werden“, erklärt Zerlett. „Die EM verstoffwechseln schädliche Keime und Bakterien. Das regelmäßige Aussprühen des Stalles, der Box, ihrer Wände und natürlich der Einstreu mit dem EM-Stallreiniger reduziert deshalb Fäulnis und die Gesamtmenge schädlicher Mikroorganismen, die sich in einem abbauenden Milieu wohlfühlen.“

Angenehmer Nebeneffekt: Es gibt auch weniger Fliegen im Stall. Denn die fühlen sich durch üble Gerüche von im Abbau befindlicher organischer Substanz, also Fäulnis und Verwesung in unterschiedlichen Stadien, angezogen. „Fliegen ernähren sich von totem oder in Zerfall befindlichem organischem Material. EM stoppen die Fäulnisprozesse, der Gestank verschwindet – und mit ihm die Fliegen“, sagt Sabine Zerlett. „Kot, verunreinigte Einstreu und Futterreste bieten optimale Bedingungen für die Entwicklung von Larven – der EM-Stallreiniger entzieht ihnen die Lebensgrundlage.“

Die Menge an Fliegen im Stall kann man nur reduzieren, indem man Abbauprozesse entweder verhindert, oder beschleunigt. „Die Effektiven Mikroorganismen sorgen für schnelle Abbauprozesse organischer Substanz, ein Rotteprozeß ohne Fäulnis wird angeregt“, erklärt Zerlett. „So wird die durch Kot und Urin typische Bildung von Ammoniak verhindert, und Fliegen fühlen sich vom Stallgeruch weniger angezogen, denn sie erkennen ihn nicht als idealen Lebensraum.“ Und noch ein Punkt ist interessant: „Durch den schnellen Abbau der organischen Substanz finden Maden keine optimalen Lebensbedingungen mehr vor.“

Weide: Artenreicher Bewuchs

Auch auf der Weide soll der Einsatz von Effektiven Mikroorganismen einiges bewirken. „Das natürliche Futter unserer Pferde wird immer nährstoffärmer“, so Zerlett. „Durch Überdüngung und einseitigen Anbau fehlen im Bodenmilieu wertvolle und oft wichtige Mikroorganismen. Mit Hilfe von EM kann der bestehende Mangel langfristig ausgeglichen werden.“ So sollen sich durch den Einsatz von Effektiven Mikroorganismen die Lebensbedingungen aller Pflanzen verbessern. „EM ergänzen die bereits im Boden befindlichen Mikroorganismen und aktivieren das Bodenleben“, erklärt Sabine Zerlett. „Die Nährstoffversorgung aller Pflanzen wird verbessert und Bodenverdichtungen werden langfristig aufgelöst. Die Durchlüftung des Bodens und sein Wasserhaltevermögen verbessern sich. Gleichzeitig erhöht sich die Trittfestigkeit; die Neigung zu Staunässe nimmt ab. Schädliche Unkräu­ter werden in Kombination mit guter Weidepflege verdrängt, der Aufwuchs kräftig und gehaltvoll. Der Boden kann wieder vielfältige Nährstoffe für einen artenreichen Bewuchs mit verschiedensten Gräsern und Kräutern liefern.“

Das klingt ja fast zu schön, um wahr zu sein. Sind Effektive Mikroorganismen also ein Allheilmittel? „Nein, das nicht“, sagt Zerlett unmissverständlich. Denn Effektive Mikroorganismen können langfristig weder die Lebensbedingungen noch Fütterungs- und Haltungsfehler ausgleichen. „Wenn das Pferd ein Problem hat, muss der Besitzer immer die Ursache dafür herausfinden und abstellen, also die Lebensbedingungen des einzelnen Pferdes optimieren“, sagt sie ganz klar. „Doch zusätzlich zu einer möglichst artgerechten Haltung und Fütterung können Effektive Mikroorganismen das Pferd in vielerlei Hinsicht unterstützen.“ Und das ist gar nicht teuer. „Die Fütterung eines 600-Kilogramm-Pferdes mit Bokashi kostet im Monat etwa 20 Euro“, versichert die Expertin. „Gefüttert werden sollte je nach Bedarf zwischen ein und sechs Monate, eventuell auch dauerhaft.“

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