60 Prozent aller Turnierpferde leiden an Magengeschwüren. Das ist eine erschreckende Zahl. Die Hauptursachen sind eine falsche Fütterung und Stress. Am wenigsten leiden Pferde darunter, die viel Weidegang haben. Das können Sie tun, um Magenprobleme zu vermeiden

Magengeschwüre gelten mittlerweile als Volkskrankheit. „Rund 90 Prozent der Galopprennpferde im Training leiden darunter, und auch bei Turnierpferden wird die Zahl der betroffenen Tiere auf rund 60 Prozent geschätzt“, weiß Sandra Löckener. Doch weit gefehlt, wer denkt, dass nur Sportpferde Magengeschwüre haben. Die Wissenschaftlerin, die zum Thema Pferdegesundheit forscht und ihr Wissen auf der Homepage www.vomkrankenzumgesunden-pferd.de zur Verfügung stellt, sagt: „Magengeschwüre kommen bei allen Rassen vor, in allen Disziplinen und Altersgruppen. Am wenigsten leiden Pferde darunter, die viel Weidegang haben“, so die Biologin.

Überall nur Stress

Die beiden Hauptauslöser für Magengeschwüre sind eine falsche Fütterung und Stress. Und der kann überall auftreten. Denn stressig sind für Pferde nicht nur Transporte, ungewohnte Umgebungen und Turniereinsätze, sondern auch krankheitsbedingte Stehzeiten, Bewegungsmangel oder Änderungen in ihrer sozialen Struktur. „Pferde bilden starke emotionale Bindungen zu ihren Stallgefährten. Wenn sie getrennt werden, kann das sehr schlimm für sie sein“, erklärt Sandra Löckener. So ist zum Beispiel auch das Absetzen für Fohlen extrem belastend. Durch den Stress des Absetzens leiden schon Fohlen unter Magenproblemen, ohne dass sie klinische Symptome zeigen. So bleibt das Problem oft unerkannt und unbehandelt. Durch einen neuartigen Blutzuckertest kann bei Absetzern tatsächlich erkannt werden, ob ein Magenproblem vorliegt.

Allerdings lässt sich so nur das Vorhandensein eines Problems feststellen, nicht aber, ob es sich lediglich um eine leichte Verletzung der Magenschleimhaut oder um ein schwerwiegendes Magengeschwür handelt. Dieser neue Test soll nun endlich die Möglichkeit bieten, schnell, einfach und schonend zu überprüfen, ob ein Magenproblem vorliegt und eine Gastroskopie zur weiteren Analyse benötigt wird. Im Zuge dieser Untersuchung fanden die Wissenschaftler auch heraus, dass insgesamt etwa 98 Prozent aller Absetzer ein Magenproblem aufweisen. Ihre Schlussfolgerung: Die Häufigkeit von Magengeschwüren hängt mit dem Stress des Absetzens zusammen. Ein plötzliches Absetzen löst am meisten Stress aus. Besser ist es, das Fohlen langsam zu trennen und es zunächst in seiner gewohnten Herde zu belassen. Um den Stress zu mindern, eignet sich außerdem die Fütterung von Heu (ganztägig) und Weidegras.

„Ein oft unterschätzter Faktor ist auch mangelnde Ruhe“, weiß die Wissenschaftlerin. „Wenn Pferde in der Herde ständig Druck durch andere Tiere erfahren oder wenn sie nicht genug schlafen können, setzt sie das unter Dauerstress. Aber auch wenn der Nachbar ständig mit seinem Spielzeug klappert oder beim Fressen herübergiftet, kann das für dauernde Unruhe sorgen.“ Auch Schmerzen können auf den Magen schlagen. „Eine Studie hat Freizeitpferde mit Magengeschwüren untersucht, welche den ganzen Tag über Heu zur Verfügung hatten – also eigentlich ideale Bedingungen für den Magen“, erzählt Löckener. „Auffällig war, dass rund 80 Prozent Barhufer waren. Daher wird davon ausgegangen, dass andauernde Fühligkeit oder sogar Schmerzen beim Laufen zu den Magengeschwüren führten.“

Aber was löst Stress im Magen eigentlich aus? „Bei Stress werden die Zellen in der Magenwand nicht mehr ausreichend durchblutet und bilden weniger schützenden Schleim“, erklärt die Biologin. „Dann ist die Magenschleimhaut der Magensäure ausgesetzt.“ Auch Medikamente, die das Pferd über einen längeren Zeitraum benötigt, können die Magenschleimhaut reizen – beson- ders nicht-steroidale Entzündungshemmer (NSAID). „Vor allem ein Magengeschwür im drüsenhaltigen Teil hat seine Ursache oft in der Gabe von Medikamenten“, sagt Löckener. „Ein Befall mit Magendasseln oder verunreinigtes Futter können ebenfalls für Magenprobleme verantwortlich sein.“

Extreme Schmerzen

Magengeschwüre sindextrem schmerzhaft,die rechtzeitige Erkennung ist deshalb wichtig.Doch die Symptome sindnicht leicht zu erkennen.„Es sind oft nur kleine Veränderungen im alltäglichen Verhalten, die Hinweise auf ein beginnendes körperliches Problem geben. Daher ist es wichtig, dass Pferdebesitzer ganz genau wissen, welches Verhalten für ihr Pferd normal ist und welches nicht“, sagt Löckener. Denn: „Es gibt Pferde, die laufen ihr Leben lang mit mehr oder weniger schlimmen Magenproblemen herum, ohne dass es bemerkt wird.“ Das liegt daran, dass Pferde Schmerz extrem unterschiedlich ausdrücken. „Die einen leiden stumm, andere flippen regelrecht aus“, erklärt die Wissenschaftlerin. „Deshalb gibt es keine sicheren Schmerzanzeichen, sondern der Pferdebesitzer muss das Verhalten seines Tieres individuell interpretieren.“

Besteht das Problem länger, stellen sich aber meistens nach und nach auch deutliche Symptome ein, die auf ein Magengeschwür hinweisen können. Dazu gehören Unmutsäußerungen beim Gurten, häufiges Leerkauen, Gähnen oder Flehmen, Fressunlust oder wechselnder Appetit, Gewichtsabnahme, negative Wesensveränderungen, Durchfall, wiederkehrende Koliken sowie ein allgemeiner Leistungsabfall, oft verbunden mit Widersetzlichkeiten, die sich im Training regelmäßig bemerkbar machen. „Ein sehr deutliches Indiz ist auch Aufstoßen“, sagt Sandra Löckener. „Dabei macht das Pferd Rülpslaute.“ Da die Anzeichen so unterschiedlich sein können, sollte man schon beim geringsten Verdacht einen Tierarzt hinzuziehen. Mittels Gastroskopie kann dieser eine genaue Diagnose stellen. Zur Therapie werden Medikamente eingesetzt, welche die Produktion der Magensäure reduzieren. Der am häufigsten verwendete Wirkstoff ist Omeprazol (GastroGard). „Dieses Medikament ist als Notfallmaßnahme sehr gut. Es hemmt die Säureproduktion und bringt dem Pferd sofortige Erleichterung“, erklärt Sandra Löckener.

Text: Redaktion     Foto: www.Slawik.com

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