80 Prozent der Schimmel entwickeln Melanome, wenn sie das 15. Lebensjahr erreicht haben. Eine erschreckende Zahl! Was hat es auf sich mit den Geschwülsten, die der Volksmund auch als Schimmelkrebs kennt?

 

Melanome sind Tumoren. Sie entstehen, wenn bestimmte Hautzellen, die Melanozyten, zu wuchern beginnen. Den Ergebnissen einer Studie in Schweden zufolge besteht ein direkter Zusammenhang zwischen dem Gen, das verantwortlich ist für das Ergrauen der Pferde – Schimmel werden bekanntlich als Füchse, Rappen oder Braune geboren und erst im Laufe der Zeit heller – und der Entstehung von Melanomen. Dr. Jessika Cavalleri von der Tierärztlichen Hochschule in Hannover (TiHo), erklärt: „An das Schimmelgen ist eine Mutation gekoppelt, die verantwortlich ist für das Wachsen der Tumoren.“ Früher hat man vier verschiedene Formen unterschieden: gutartige, oberflächliche Melanome, die bei jüngeren Pferden aller Farben vorkommen; bösartige Melanome, die bei älteren Pferden aller Farben auftreten und sehr häufig Metastasen bilden; und schließlich die beiden Formen, die man am häufigsten antrifft: Schwarze Knötchen auf der Haut, die erst mal keine Metastasen bilden und die bösartige Variante, die sich flächig ansiedeln und sehr wahrscheinlich streuen, also Metastasen bilden. Inzwischen geht die Forschung eher davon aus, dass es sich bei einem Melanom grundsätzlich um einen Tumor handelt, der sehr wahrscheinlich bösartig wird, und spricht daher eher von unterschiedlichen Stadien der Tumoren: Im Stadium 1 wächst der Tumor langsam, es ist nur ein einzelnes Melanom vorhanden. In Stadium 2 hat man es noch immer mit kleinen Tumoren zu tun, von denen zwar mehrere vorhanden sind, die jedoch nur langsam wachsen. Treten Metastasen auf, spricht man von einem Patienten in Stadium 3 oder 4.

Zu 80 Prozent treten Tumoren bei Schimmeln im Alter ab 15 Jahren auf. Im Anfangsstadium erkennt man bis zu walnuss-große schwarze Knötchen, die vor allen Dingen an den Genitalien, der Schweifrübe und den Ganaschen nach außen wachsen. Im Anfangsstadium sind sie geschlossen und mit Haut bzw. Fell überzogen, später können sie auch weich werden, aufplatzen und dann eine schwarze Flüssigkeit absondern. Diese Veränderung entsteht dadurch, dass der Tumor schneller wächst als die ihn versorgenden Blutgefäße, so dass es im Inneren zu einer Mangelversorgung kommt und die Zellen dort absterben. Dies ist bei bösartigen Tumoren möglich, aber kein sicheres Zeichen für Bösartigkeit. Beginnen die Knötchen zu wuchern, hat man es mitunter mit gut zehn Zentimeter dicken Geschwülsten zu tun. Es kommt auch vor, dass sie sich an Organen und selten auch der Wirbelsäule ansiedeln. Manche Pferde leben jahrelang mit vereinzelten Melanomen, deren Größe konstant bleibt. Bei anderen beginnen die Geschwüre rasch zu wachsen und streuen ihre Tumorzellen über die Lymph- und Blutbahnen im Körper. Viel häufiger als das Absondern von Tochtergeschwülsten in die inneren Organe kommt es vor, dass die Tumorballungen so dick werden, dass die Pferde z.B. keinen Kot mehr absetzen können, wenn die Melanome am After sitzen, sie nicht mehr urinieren können oder auch unter Atemnot leiden, wenn die Ganaschen befallen sind. Zunächst gut­artige Geschwülste können auch bösartig werden, etwa wenn sie gereizt werden, weil die Trense an ihnen scheuert.

Erfolgsaussichten

So lange Melanome gutartig sind und nicht metastasieren, kann das Pferd mit ihnen alt werden. Wenn sie aber zu wachsen beginnen, können sie dem Pferd das Leben je nach Lage schwer machen. Sehr selten streuen Melanome so stark, dass der Krebs dem Körper die Lebensenergie entzieht. Viel häufiger, so sagt Dr. Cavalleri, hat man das Problem, dass die Tumoren ungünstig liegen, beispielsweise um den After herum. Unter Umständen werden die Geschwülste so groß, dass das Pferd keinen Kot mehr absetzen kann und ihm der Darm platzt (eher selten). Oder dass es keine Luft mehr bekommt, weil die Ganaschen so stark mit Knoten befallen sind. Eine Therapie ist schwierig. „Viele Kollegen raten, den Tumor so lange wie möglich in Ruhe zu lassen“, weiß die Expertin von der TiHo. Das Argument ist dann, dass gutartige Tumoren bei Reizung bösartig werden. Dr. Jessika Cavalleri sieht das allerdings eher kritisch. Denn die Erfolgsaussichten sind umso höher, je früher man mit der Therapie beginnt. Doch sowohl ein chirurgischer Eingriff, bei dem die Wucherungen großflächig weggeschnitten werden, als auch eine Chemotherapie erweisen sich häufig als kompliziert, wenn die Geschwülste ungünstig liegen, beispielsweise an den Ganaschen. Dr. Cavalleri und ihre Kollegen haben an der TiHo Untersuchungen mit immunologischen Therapien gemacht, bei denen die Pferde sozusagen gegen den Tumor geimpft werden. Dabei wird die genetische Information eines Proteins des Tumors gespritzt und der Organismus damit auf „die Bedrohung“ vorbereitet, so dass er Antikörper produzieren kann. „Einen in Nordamerika für Hunde zugelassenen Impfstoff hat man dort auch an Pferden mit Melanomen therapeutisch getestet – mit Erfolg.“ Noch ist diese Therapie nicht reif für den Markt, aber sie stellt eine Hoffnung für die Zukunft dar, ist Dr. Cavalleri überzeugt. Besitzern von betroffenen Pferden rät sie, schnellstmöglich einen Tierarzt zu Rate zu ziehen und sich eine Einschätzung zu holen, ob und wie man therapieren kann. Denn die Erfolgsaussichten dabei sind einerseits abhängig von der Größe des Tumors und andererseits vom Beginn der Therapie.

 

Foto: slawik.com

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