Pferde fördern unsere mentale Gesundheit. Dabei spielen viele verschiedene Faktoren eine Rolle. So hilft Ihr Pferd Ihnen, Stress zu reduzieren, die Selbstwahr­nehmung zu verbessern und Depressionen ­vorzubeugen.

 

Kennen Sie die Momente, wenn die Welt um Sie herum völlig vergessen und die Zeit still zu stehen scheint? Dann sind da nur Sie und Ihr Pferd, vertrauensvoll miteinander verbunden – und alle Probleme und der Stress des Alltags meilenweit entfernt. Sie fühlen, wie Sie zur Ruhe kommen, wie zufrieden und glücklich Sie sind. Das kann ein gemeinsamer Ausritt sein, gemütlich im Schritt oder im kraftvollen Galopp, wenn Ihnen der Wind um die Ohren weht und die Felder an Ihnen vorbeistreifen. Oder eine Trainingseinheit, in denen Ihr Fokus voll und ganz auf Ihrem Pferd liegt. Ebenso liegt in der Ruhe die Kraft: Wenn Ihr Vierbeiner sie freudig begrüßt und Sie ihm sanft über den Kopf streicheln. Wenn Sie das weiche Fell berühren und den Atem Ihres Pferdes spüren.

Heilend für die Seele

Pferde sind anmutige, stolze und kraft­volle Tiere, die uns jedoch auch ihr Vertrauen schenken und ihre sanfte Seite zeigen. So mancher Vierbeiner würde alles für seinen Menschen tun. Diese besondere Verbindung kann heilend für die Seele sein. Wir leben in einer hektischen Welt, in der wir tagtäglich mit Eindrücken überflutet werden. Leistung ist das, was zählt, und es herrscht ein regelrechter Optimierungswahn. Das ist mit einem unglaublichen Druck und Stress verbunden. Unser Körper und unsere Psyche sind aber nicht unendlich belastbar. Auch wenn wir versuchen, „stark“ zu sein, haben wir unsere (individuellen) Grenzen. Das Thema Mental Health wird immer wichtiger und kann nicht genug Aufmerksamkeit bekommen. Die Forschung beschäftigt sich zunehmend damit, wie Tiere auf die Psyche wirken, und Studien zeigen, dass sie dazu beitragen können, Stress zu reduzieren.

Pferde urteilen nicht

Sie kommen nach einem anstrengenden Arbeitstag nach Hause und ziehen sich Ihre Reitsachen an. Wenn Sie am Stall sind, können Sie in eine andere Welt eintauchen. Durch den Kontakt zu Tieren kann nachweislich der Blutdruck gesenkt werden, und auch unser Puls wird ruhiger. Gleichzeitig steigt die Stimmung, da Glückshormone wie zum Beispiel Endorphine ausgeschüttet werden. Pferde beurteilen uns nicht. Sie nehmen uns, wie wir sind. Dabei können sie auch Dialogpartner sein, wenn wir ihnen einfach mal etwas ins Ohr flüstern und uns unsere Probleme von der Seele reden. Pferde kritisieren nicht. Zwar sind sie unser Spiegel, aber für sie sind wir gut so, wie wir sind. Es sind nicht immer nur die guten Zeiten oder die wunderschönen Momente, die uns Kraft schenken, sondern eben auch die Krisen, die wir gemeinsam mit unseren Vierbeinern meistern und aus denen wir am Ende gestärkt rausgehen.

Gemeinschaftsgefühl

Ein weiterer wichtiger Punkt sind ­soziale Kontakte. Wenn die Psyche leidet, fällt es nicht selten schwer, Freundschaften zu pflegen. Viele Menschen ziehen sich dann zurück. Am Stall aber begegnen wir in der Regel, ob wir wollen oder nicht, anderen Personen, und das hilft, sich nicht ganz abzuschotten, sondern noch das Gefühl zu haben, Teil einer Gemeinschaft zu sein. Mit etwas Abstand zum Alltag fällt es dann leichter, wieder ins Gespräch zu kommen und vielleicht auch wieder gemeinsam zu lachen, sich unbeschwert zu fühlen und neue Kontakte außerhalb des beruflichen oder familiären Umfelds zu knüpfen. Reitsport ist Teamsport, denn wir bilden eine Einheit mit unserem Pferd, und gutes Reiten gelingt nur, wenn ein klarer, harmonischer Dialog möglich ist. Durch den Umgang mit dem Pferd kommt Bewegung ins Leben. Nicht nur auf körperlicher, sondern auch auf mentaler Ebene. Ein wichtiger Punkt ist die Selbstreflexion, die auch dazu beiträgt, sich seiner mentalen Stärke bewusst zu werden. Damit Pferde gerne und motiviert mit uns zusammenarbeiten, müssen wir zwar konsequent, aber dabei innerlich ruhig und emphatisch sein. Wir werden immer wieder aufgefordert, uns mit uns selber auseinanderzusetzen. Das ist häufig nicht leicht, bringt uns aber am Ende des Tages auf mentaler Ebene deutlich weiter.

Ein sensibles Zusammenspiel

Bedenken Sie, dass die Beziehung zu Ihrem Pferd ein sensibles Zusammenspiel ist, bei dem jede Partei die andere beeinflusst. Ihr psychischer Zustand kann sich auf das Verhalten und die Leistung des Pferdes auswirken. Umgekehrt können Pferde tolle Mentaltrainer für ihre Menschen sein. Durch den Umgang mit dem Pferd lernen wir uns selbst also besser kennen. Das bedeutet auch, wieder einen Kontakt zu den eigenen Gefühlen herzustellen. Hinzu kommt die Zeit an der frischen Luft beziehungsweise in der Natur. Ein wunderbares Mittel, um Stress abzubauen, die psychische Gesundheit zu fördern sowie das Immunsystem zu stärken. Bereits 25 Minuten Bewegung am Tag helfen, das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu senken. Das Schöne am Reitsport beziehungsweise dem Leben mit Pferden, es hat so viele Facetten. Nicht jeder Reiter wünscht sich sportlichen Erfolg und einen entsprechend sportlichen Partner auf vier Beinen. Für manche Menschen ist es genau richtig, ein zuverlässiges Freizeitpferd zu haben oder sich um ein älteres Pferd zu kümmern und zum Beispiel einfach nur spazieren zu gehen. Da jedes Pferd einen individuellen Charakter hat, können wir den Vierbeiner finden, der zu uns passt. Wer zum Beispiel mit Ängsten zu kämpfen hat, dem wird vielleicht eher ein sehr ruhiges Pferd guttun. Das lässt sich nicht pauschalisieren, und manchmal ist es auch einfach so, dass sich Mensch und Pferd zufällig finden und zu einem Team werden.

Keine Ausreden

Als Pferdebesitzer tragen wir die Verantwortung für unsere Vierbeiner, und zwar jeden Tag. Pferde sorgen automatisch für Struktur im Alltag. Wir müssen Zeit einplanen, um in den Stall zu fahren und unser Pferd zu pflegen und zu bewegen. Je nach Stallform fallen auch noch weitere Arbeiten an. Diese Struktur kann sehr hilfreich für die Psyche sein. Der innere Schweinehund hat keine Chance, auch wenn er noch so laut bellt. Egal ob kalter Winter oder graues Regenwetter – Ausreden zählen nicht. Das kann zum Beispiel unter anderem bei der so bekannten Winterdepression helfen, die bei vielen Menschen dazu führt, dass sie nur noch ungern aus dem Haus gehen. Wer dennoch an die frische Luft geht, wird einen neuen Aufschwung erleben, was auch die Stimmung hebt. Wenn möglich, versuchen Sie, etwas Tageslicht und Sonne zu tanken. Wenn Sie lange arbeiten, ist das unter der Woche leider nicht immer möglich. Dann nutzen Sie die Wochenenden am Stall, und planen Sie hier ruhig etwas mehr Zeit ein. Studien belegen, dass Licht und Bewegung depressiven Verstimmungen vorbeugen können. Eine gute Prävention für Depressionen ist nicht nur regelmäßige Bewegung, sondern eben auch Licht, Vitamin D und Sauerstoff. Neben dem Körper wird auch das Gehirn besser durchblutet, was dazu führt, dass wir uns aktiv und zufrieden fühlen.

 

Text: Aline Müller, Bild: slawik.com

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