Heu, Kraftfutter, Ergänzungsfutter: Wie lagere ich meine Futtermittel richtig? Oftmals erscheint es als Balanceakt, die Futtermittel korrekt aufzubewahren. Welche Futtermittel haben welche Bedürfnisse? Wer ist am empfindlichsten? Welche Fehler werden immer wieder bei der Lagerung gemacht? Wie lange kann welches Futtermittel überhaupt verwendet werden?
Wir geben Antworten auf die wichtigsten Fragen rund um das Thema Aufbewahrung von Futtermitteln fürs Pferd. Zur Seite standen uns dabei Dr. Julia Mack, Fütterungsexpertin und Tierärztin, sowie Dr. Dorothe Meyer vom Futterhersteller iWEST.
Heu sorgenfrei nutzen
Die Lagerung des Grundfuttermittels Heu steht ganz oben für Pferdehalter. Neben der Tatsache, dass stets qualitativ hochwertiges Heu fürs Pferd genutzt werden sollte, muss dieses selbstverständlich auch korrekt gelagert werden. Sechs bis acht Wochen sollten laut Expertin Dr. Julia Mack auf jeden Fall vergehen, bis das Heu nach der Ernte Verwendung findet. Erst dann würden keinerlei natürliche Gärungsprozesse mehr ablaufen. Dies ist vor allem zu beachten, wenn das Heu vom Pferdehalter selbst hergestellt wird. Früh im Jahr geerntetes Heu benötigt eine längere Zeit zur Trocknung, als wenn dieses aus später im Jahr geschnittenem Gras hergestellt wird.
Die Qualität des Futtermittels steht über allem, wenn es um die Vermeidung von ernsten Erkrankungen geht. „Besonders beachten sollte der Pferdehalter dabei Heu und Stroh sowie jegliche Art der Einstreu und deren Qualität. Staub und seine Bestandteile – feinste Partikel von Futtermitteln, Stroh, Kot oder Sand, Bakterien, Hefen, Schimmelpilze, Milben, Giftstoffe bakteriellen Ursprungs, chemisch aktive Substanzen wie z.B. Ammoniak, Haare, abgeschilferte Hautpartikel von Tier oder Mensch – gehören zu den größten Belastungsfaktoren für den Atmungsapparat“, erklärt Mack, die viele Jahre im Bayerischen Haupt- und Landgestüt Schwaiganger arbeitete. Insbesondere Schimmel kann durch falsche Lagerung das wertvolle Grundnahrungsmittel Heu angreifen. Wer sich bezüglich der Lagerung seines Heus oder Heulage unsicher ist, der sollte vor der Fütterung eine Heuanalyse bei einem entsprechenden Labor in Auftrag geben und danach die Lagerung optimieren.
Kühl und gut durchlüftet
Die optimale Lagerung sollte an einem kühlen und zu allen Jahreszeiten gut durch- lüfteten Ort erfolgen. „Wichtig ist zudem, dass keine direkte Sonneneinstrahlung vorhanden ist“, betont Dr. Julia Mack. „Diese heizt das Heu auf und kann zur Bildung von Schimmel und Bakterien führen.“ Ein häufiger Fehler ist laut der Veterinärin die Lagerung auf dem falschen Boden. Beton, wie er häufig Verwendung findet, macht das Heu anfälliger für die Bildung von Schimmel. „Allerdings ist Beton natürlich ein exzellenter Untergrund, und man kann nicht leicht einfach etwas daran verändern“, weiß die Expertin. „Daher rate ich dazu, das Heu beispielsweise auf Europaletten zu lagern. Diese bieten zudem eine deutlich bessere Luftzirkulation. Sie sind eine günstige und dennoch sehr effektive Lösung.“ Auch eine Strohschicht unterhalb des Heus kann Abhilfe schaffen, sodass dieses nicht von unten feucht wird.
Heulage sollte ebenfalls sechs bis acht Wochen vor der Nutzung gelagert wer- den. Durch das Einpacken des Heus kann dieses aber unkomplizierter und draußen gelagert werden. Dennoch: Direkte Sonne ist fehl am Platz und kann zu gefährlichen Gärprozessen im Inneren führen. „Trocken und nicht unter direkter Sonneneinstrahlung sollte der Lagerplatz sich hier befinden“, erläutert Dr. Julia Mack. „Je schattiger, desto besser. Lagerplätze im Norden, welche die Sonne nicht oder kaum erreicht, sind am besten geeignet. Besonders wichtig ist auch, dass sich in der Umgebung keine Feuchtigkeit ablagert. Wasseransammlungen fördern Schimmel.“
Eine Gefahr bei der Lagerung von Heulage, insbesondere in den Außenbereichen, stellen Mäuse dar, welche Schadstoffe in das Futtermittel einschleusen, aber vor allem durch das Aufreißen die Schimmelbildung und Gärung fördern. „Dies gilt im Übrigen auch für Vögel“, so Mack. „Regelmäßige Kontrollen, ob die Planen noch einwandfrei verschließen, gehören zum Alltag dazu, wenn man Heulage fürs Pferd nutzt. „Mit Netzen über der Planen-Verpackung kann diese gut zusätzlich geschützt werden.“
Hafer und Kraftfutter nicht vernachlässigen
Während bei der Lagerung von Heu bzw. Heulage oft sorgfältig vorgegangen wird, fällt manches Mal eben jene Sorgfalt bei Kraftfutter geringer aus. Das ist ein groß- er Fehler, denn hierauf muss ebenso viel Augenmerk gerichtet werden, um unnötige Erkrankungen zu vermeiden. „Die korrekte Lagerung ist sehr wichtig, um Prävention in Sachen Erkrankungen zu vermeiden“, betont Dr. Julia Mack. „Durch Schimmelpilze, Bakterien, Hefen, Toxine, aber auch Vorratsschädlinge kann der Organismus Pferd empfindlich angegriffen wer- den. Obendrein können Infektionen durch Schadnager-Ausscheidungen bei korrekter Lagerung vermieden werden. Der Verderb der Futtermittel wäre der schlimmste Fall, welcher in der Folge Erkrankungen oder Allergien auslösen kann.“
Ein weiteres Problem ist nicht derart augenfällig. Denn bei falscher Lagerung kann auch Nährstoffabfall und -umbau die Folge sein. „Das wirkt sich selbstverständlich negativ auf den Organismus aus. Außerdem kann es Akzeptanzprobleme bei den Futtermitteln geben, wenn diese von den Tieren über ihre Sinne als verändert wahrgenommen werden“, so Dr. Julia Mack. Die korrekte Lagerung der Futtermittel beginnt bereits bei der Anlieferung, erklärt Dr. Mack. „Gleich bei der Anlieferung sollte der Pferdehalter die Futtermittel auf Qualität, das bedeutet Staub, Feuchtigkeit, bakterieller Verderb, Schimmel, Milben- befall und so weiter, kontrollieren. Erst danach sollten die Futtermittel eingelagert werden.“ Sie betont, dass die Restfeuchte in Hafer maximal 14 Prozent betragen sollte.
Dr. Dorothe Meyer, die Gründerin der Futtermittelfirma iWEST, kann dem nur zustimmen und ergänzt: „Neben dem Wassergehalt an sich ist die Wasseraktivität, der sogenannte Aw-Wert, entscheidend, um einschätzen zu können, ob ein mikrobielles Wachstum von Hefen, Schimmelpilzen und Bakterien wahrscheinlich ist oder nicht. Dabei wird das frei verfügbare, nicht gebundene oder aktive Wasser gemessen, welches als potenziell wachstumsfördernd für Keime zur Verfügung steht und einen Verderb begünstigen kann. So lässt sich die Lagerstabilität abschätzen.“ Gegebenenfalls kann dies stichprobenartig überprüft werden. Eine sorgfältige Trocknung nach der Ernte ist in jedem Fall essenziell, da sonst im Futtermittel noch bakterielle Umsetzungsprozesse stattfinden. „Die Lagerung des Hafers und des Kraftfutters selbst sollte dann in einem geschlossenen Raum erfolgen“, so die Exper- tin. Dann haben Nager und andere Futterschädlinge wie Käfer deutlich schlechtere Chancen. „Auch hier gilt, ähnlich wie bei Heu, dass der Raum trocken sein sollte. Das Futtermittel nimmt sonst Feuchtigkeit aus der Umgebung auf. Wichtig ist zudem eine gute Belüftung sowie der Schutz vor Witterungseinflüssen und großen Temperaturunterschieden, die ebenfalls ein Risiko für Kondensierung von Wasser auf der Futtermitteloberfläche darstellen“, erklärt Dr. Julia Mack. „Wichtig ist zudem, dass die Lagerung abseits von anderen Stoffen, wie zum Beispiel Saatgut, Dünger oder Pflanzenschutzmitteln, aber auch Futtermitteln für andere Tierarten und so weiter, stattfindet, um Verwechslung oder Kontamination zu vermeiden“, betont Dr. Mack. „Das gilt selbstverständlich in gleichem Maße für alle anderen Futtermittel des Pferdes.“ Hygiene ist außerdem in den Lagerräumen das A und O. Die regelmäßige Reinigung der Räumlichkeiten sorgt dafür, dass sich Vorratsschädlinge gar nicht erst aus- breiten können.
Haltbarkeit beachten
Die Haltbarkeit variiert in Sachen Kraftfutter nicht unwesentlich, betont unsere Expertin. „Gepresste und pelletierte Futtermittel sind in der Regel um die neun Monate lang lagerfähig, wenn verhindert wird, dass sie Feuchtigkeit aufnehmen“, erzählt Dr. Mack. „Melasse, Milchpulver und ähnliche Bestandteile in der Futtermischung reduzieren die Lagerfähigkeit, weil Zucker Wasser bindet bzw. aus der Umgebung zieht. Insbesondere stark fetthaltige Futtermittel, wie zum Beispiel aufgefettete Mischungen für Hochleistungssportler, aber auch Futtermittel mit Leinsamenschrot unterliegen zudem Oxidationsprozessen, die wir ganz allgemein als „Ranzigwerden“ kennen. Ebenso können bei vitaminisierten und mineralisierten Futtermischungen, die damit eine zusätzliche Mineralfuttergabe überflüssig machen, bei längerer Gabe die Vitamingehalte absinken. Außerdem kann bei längerer Lagerung die Verdaulichkeit des Proteins im Produkt reduziert sein.“ Und bei ganz normalem Hafer? Dieser ist in seiner Urform am besten haltbar. „Die Lagerfähigkeit bei verarbeitetem Getreide, sprich gequetscht oder geschrotet, ist deutlich reduziert. Das bedingt die vergrößerte Oberfläche, denn diese bietet den Nährboden für eine erhöhte Anfälligkeit zum Verderb und für eine erhöhte Staubbindung“, so Dr. Mack. Daher sollte Hafer möglichst frisch gequetscht oder geschrotet werden. Maximal sollte seine Lagerdauer in diesem Zustand eine Woche betragen.
Ergänzungsfutter lagern
Auch die zahlreichen Ergänzungsfuttermittel, die heutzutage erhältlich sind, müssen korrekt gelagert werden. Expertenstatus auf diesem Gebiet hat die Firma iWEST von Dr. Dorothe Meyer. „Für die Einschätzung der Lagerstabilität von Ergänzungsfuttermitteln müssen mehrere Parameter herangezogen werden. Neben sogenannten abiotischen, das heißt nicht lebenden Faktoren wie Wassergehalt und Wassseraktivität, Rohnährstoffe wie Fett oder Zucker und Konservierungsmittel, müssen auch biotische, das heißt belebte Faktoren, wie die Zugänglichkeit für Schadnager, kritisch geprüft werden.“ Ergänzungsfuttermittel gehören zu den sogenannten trockenen Futtermitteln mit einer Restfeuchte von weniger als 14 Prozent. „Sie weisen je nach Rohstoffzusammensetzung und Herstellungsprozess spezifische Haltbarkeitszeiten auf. Die Messung des bereits erwähnten Aw-Wertes nutzen Hersteller, um das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) ihrer Produkte festzulegen“, so Dr. Meyer. „Zudem werden die Stabilität der Fette, zum Beispiel die Peroxid- bzw. Säurezahl, sowie die Gehalte der Nährstoffe zur Ermittlung der Haltbarkeit herangezogen. Manche Hersteller nutzen darüber hinaus Konservierungsmittel zur Stabilisierung ihrer Produkte. Diese müssen nach europäischem Recht zugelassen und im Register für Futtermittelzusatzstoffe gelistet sein.“ In der Firma iWEST werden die empfindlichen Inhaltsstoffe durch das Dragieren – ein spezielles, sehr aufwendiges Verfahren, bei dem eine Art Schutzmantel auf das Pellet aufgebracht wird – geschützt. „Diese vielschichtige Ummantelung schützt die Nährstoffe vor dem oxidativen Abbau und garantiert, dass auch nach langer Lagerung noch alle gewünschten Nährstoffe wie zum Beispiel sauerstoffempfindliche Vitamine in gewünschter Konzentration enthalten sind“, so Dr. Dorothe Meyer.
Das Mindesthaltbarkeitsdatum definiert jeder Hersteller selbst. Er gibt den Zeitpunkt an, bis zu dem er aufgrund von Analysen und Produktkontrollen garantieren kann, dass das ungeöffnete Futtermittel bei durchgehend sachgemäßer Lagerung seine spezifischen Eigenschaften, wie Geruch, Geschmack und Nährwert, behalten. Das MHD liegt bei trockenen Ergänzungsfuttermitteln meist zwischen drei bis neun Monaten. Ergänzungsfuttermittel wie beispielsweise Mineralfutter mit weniger als zehn Prozent Restfeuchte sind unter Beachtung einer entsprechend kühlen, trockenen und hygienischen Lagerung in der Regel neun Monate ab Herstellungsdatum lagerfähig. „Die Lagerstabilität von Getreide und Nebenprodukten der Getreide- und Ölmühlen, wie etwa Weizenkleie und Sojaextraktionsschrot, ist etwas anders einzuschätzen“, ergänzt Dr. Meyer. „In der Regel sind es hier zwischen drei bis sechs Monate. Derartige Futtermittel sollten trocken und geschützt vor Insekten oder Schadnagern gelagert werden. Dringen Insekten wie Milben oder Kornkäfer ins Futterlager ein, werden wert- volle Nährstoffe wie Stärke und Zucker abgebaut. Zudem hinterlassen die Tiere allergenwirkenden Kot und tragen auch Schimmelsporen vom einen zum anderen Lagerort.“ Ergänzungsfuttermittel sollten kühl und trocken gelagert werden. Dazu eignet sich die Lagerung im vom Hersteller mitgelieferten verschließbaren Eimer am besten. Alternativ können Ergänzungsfuttermittel in geschlossenen Behältern vor den bereits genannten im Stall all- gegenwärtigen Einflüssen von außen gut geschützt werden. Oft geben die Hersteller auf dem Futtermittelbehälter selbst konkrete Hinweise zur Lagerung. „Die kühlen Temperaturen im Winter begünstigen eine stabile Lagerung. Allerdings sollten auch im Winter starke Temperaturschwankungen in der direkten Umgebung des Futtermittels vermieden werden. Sogenannte Wärmebrücken – hohe Temperaturunterschiede zwischen Futter und Umgebung – können die Bildung von Kondenswasser begünstigen“, erklärt Dr. Dorothe Meyer. „Saugt das Futtermittel das Wasser auf, ist ein schneller Verderb wahrscheinlich. Besonders hygroskopische Bestandteile, das heißt wasserziehende Inhaltsstoffe eines Futtermittels, können die Lagerfähigkeit begrenzen, wenn nicht auf eine trockene Lagerung geachtet wird.“ Auch im Sommer sollte durch die Vermeidung einer direkten Sonneneinstrahlung eine stabile Lagertemperatur unterhalb von 25 Grad Celsius angestrebt werden.