Schöner Kragen
Nicht immer rosig
Ein langer Tag im Büro geht zu Ende, und ich bin froh, dass ich jetzt in meinem Auto Richtung Heimat sitze. Die meiste Zeit arbeite ich aus dem Homeoffice, und nur ein bis zwei Mal im Monat sehe ich meine Kollegen im Verlag, alle im Bündel. Es ist dunkel, und es regnet, während ich durch den späten Abend meinen 400 Kilometer langen Weg antrete, bewaffnet mit Podcasts, Tee und mit einem warmen Hintern – dank Sitzheizung.
Doch was ist das plötzlich?
Ein Ruckeln geht durch mein Auto, und ich ahne schon Böses, als die Warnkontrollleuchte im Bordcomputer erst gelb und dann rot blinkt. Ich lenke mein Fahrzeug auf einen Rasthof, der zum Glück nach wenigen Kilometern auf der Autobahn erscheint. Der erste Blick von außen auf mein Auto gibt mir Klarheit: Ein Platten mit einem dicken Loch ziert meinen Reifen. Na super! Hier stehe ich jetzt, alleine, ohne Ahnung, wie es jetzt weitergehen soll, und ziemlich erledigt von dem anstrengenden Arbeitstag, 350 Kilometer von zu Hause entfernt. Doch das soll noch nicht genug sein: Morgen früh steht auch ein wichtiges Fotoshooting an.
Genervt versuche ich, mich um ein Abschleppunternehmen und einen Ersatzwagen zu kümmern. Nach drei Stunden, die ich nun wartend an der Raststätte verbracht habe, wird klar, dass ich mich privat abholen lassen muss, denn mein Reifenschaden hat so lange gewartet, bis die nächstgrößere Stadt zu weit weg ist, als dass ein Mietwagen „mal eben“ zu mir gebracht werden könnte. Weitere vier Stunden später bin ich dann endlich zu Hause und stelle fest, dass ich gleich auch schon wieder am Stall sein muss. Puh, was für ein Tag!
Ein Wiehern holt mich, mit umfasster Thermoskanne in den Händen, ein wenig aus meiner Müdigkeit. „Wow. Das habe ich früher jedes Wochenende getan? Die Nächte durchgemacht und danach das Pferd versorgt?“, denke ich plötzlich. Ich kann es mir kaum mehr vorstellen, so platt bin ich von der Odyssee des letzten Tages.
Ich sattle das Pferd, und als würde er es spüren, ist der Wallach an diesem Morgen ganz entspannt – kein „Generve“ und unruhiges Gezappel am Putzplatz. Er steht einfach da, beobachtet mich bei meinen Bemühungen, ihn sauber zu kriegen, und spitzt die Ohren, wenn ich mich seinem Kopf nähere. „Ach Mensch“, denke ich weichgespült. Es hätte doch auch deutlich schlechter laufen können mit der Heimfahrt gestern … Was wäre gewesen, wenn ich ein Pferd im Hänger gehabt hätte? Oder mir was passiert wäre? Oder, oder … Und so ein Problem ist das wenige Schlafen doch auch eigentlich nicht. Schließlich ist bald schon wieder Wochenende. Und das Auto? Na ja, das hole ich dann einfach die Tage ab – genügend Podcast-Folgen habe ich ja auch noch.
Es läuft nicht jeden Tag alles rosig, aber wir können versuchen, die positiven Dinge in den Vordergrund zu stellen. Und ich finde, unsere Pferde helfen uns oft dabei, das Glas halb voll zu sehen statt halb leer.
Und falls Sie wissen möchten, welche Bilder wir unter anderem an jenem Tag geschossen haben, dann schauen Sie doch mal ab Seite 72 nach. Diese super Prämie ist auf jeden Fall auch ein Grund für gute Laune an einem grauen Tag.
Viel Spaß beim Lesen der neuen Ausgabe!
Lara Wassermann
Leitende Redakteurin Mein Pferd
Schöner Kragen
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