Schluss mit Schief
Reitanfänger?
„Bin in zehn Minuten da“, ist das Letzte, was ich schreibe, bevor ich endlich auf dem idyllisch gelegenen Hof im Münsterland ankomme. Meine Freundin und ich kennen uns schon ewig durch die Reiterei, aber sehen uns wegen der vorhandenen Entfernung unserer Wohnorte leider viel zu selten. Wir verbinden unsere Besuche beieinander dann meistens mit einem gleichzeitigen „Pferdegucken“, sodass ich sie heute wieder bei ihrer Stute besuche. Ein Schecke mit Reiterin kommt mir entgegen, während ich Richtung Halle gehe. Die lächelnde Reiterin sitzt auf einem spanischen Sattel, und ihr Pferd trottet entspannt gen Wald. Von der Bande aus sehe ich dem entspannten Treiben im Inneren zu: Eine Spingreiterin ist in Dehnungshaltung auf dem Zirkel unterwegs, ein weiteres Warmblut wird gerade auf dem zweiten Hufschlag im versammelten Galopp gearbeitet, und auf dem hinteren Zirkel entdecke ich meine Freundin mit ihrem Pony. Sie hat nur Stiefeletten statt Stiefel an, keine Sporen und keine Gerte und sitzt auf einem Reitpad, während sie ihre Stute mit erhöhter Hand zum Kauen und zur Stellung animiert. Sie reitet ihre Stute mit dem Dressurkonzept der Légèreté, was mir vor ein paar Jahren noch total unbekannt war. Die Idee ist: eine Schule der Leichtigkeit, die Pferd und Reiter zu höchsten Dressurlektionen führen kann, aber auch im Basisbereich funktioniert. Der Reiter der Légèreté soll mit feinsten Hilfen reiten, und das Pferd soll in Leichtigkeit zu Bein und Hand reagieren. Das hört sich für mich klasse an und sieht bei den beiden auch so aus. „Probier’s doch auch mal“, sagt meine Freundin zu mir, und ehe ich es mir anders überlegen kann, wirft sie mich auch schon gekonnt aufs Pferd. Ihre empfindliche Stute scheint leicht verwirrt, gibt dann aber ihr Bestes, um mich zu verstehen. Nur leider ist vieles von dem, was für mich als Englisch Reiterin selbstverständlich ist, für „Kaluna“ gar nicht klar. So tue ich mich mit der hohen Handhaltung schwer, und auch das Bein, das ich nicht viel nutzen soll, bringt mich aus dem Konzept. Damit ich nicht weiter für Verwirrung sorge, beenden wir meine unfreiwillige Probestunde vorerst.
Schon eine Woche später sitzt meine Freundin bei ihrem Besuch bei mir auf meinem Wallach. Er wirkt auch irritiert und konzentriert sich auf die Hilfen, die ihm jedoch fremd scheinen. „Hände runter und Bein“, höre ich mich rufen, während das Warmblut versteht und in Anlehnung weiterläuft. „Ah, so funktioniert der“, sagt meine Freundin lachend.
Das Reiten des anderen Pferdes war für uns beide wie der Ritt auf einem fremden Tier – die Bedienung stimmte einfach nicht, obwohl wir beide das Gleiche erreichen möchten: ein durchlässiges, rittiges Pferd, das lange gesunderhaltend geritten wird und auf feine Hilfen reagiert. Der Blick über den Tellerrand kann dabei allerdings nur hilfreich sein. So hat jede Reitlehre etwas, das man sich für das eigene Reiten abschauen kann, um so noch besser zum Ziel zu kommen. Ich werde auf jeden Fall einige neue Ideen mitnehmen, und vielleicht kommunizieren die kleine Stute und ich dann beim nächsten Mal schon etwas besser miteinander.
Lara Wassermann
Leitende Redakteurin Mein Pferd
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