Das Pferd als bester Therapeut
Ich sitze im Auto und habe meine Lieblingsmusik laut gestellt, das Fenster einen Spalt geöffnet, sodass eine frische Brise Luft hineinweht, ohne dass der Lärm des Windes durch den Fahrtwind zu ohrenbetäubend wird. Auf dem Weg von der Arbeit in den Feierabend kommen mir 1.000 Ideen, Gedanken und zu erledigende Aufgaben, die mir während des Tages im Büro oder auf einem Termin irgendwie abhanden gekommen sind. Die Abfahrt, die ich jeden Tag nehme, ist nicht die in Richtung meines Zuhauses, sondern die in Richtung des Stalls, an dem mein Pferd steht (warum eigentlich steht? Lebt wäre doch viel passender). Ich fahre durch die Allee, vorbei an Weiden mit Kühen, die gemütlich vor sich hingrasen. Ich stelle mein Auto auf dem Hof ab und öffne die Fahrertür. Sofort umgibt mich der typische Stallgeruch, und meine letzten Gedanken an Arbeit und Stress werden, genau wie meine bis dato gut sitzende Frisur, hinweggeweht. Spätestens der Blick meines Pferdes, welches aus seinem Fenster wiehert, holt mich in die Ponyhof-Welt und lässt mich alles andere vergessen. Es ist wie eine Therapie für die Seele. Doch warum braucht man vom normalen Alltagsstress eigentlich eine Therapie? Im Reitsport sehen manche Wissenschaftler ein Beispiel dafür, wie ein Freizeitvergnügen „medikalisiert“ wird: wie die klare Grenze zwischen Patienten der Psychotherapie, die zum therapeutischen Reiten geschickt werden, und vermeintlich „Gesunden“, die sich privat ein Pferd halten, verschwimmt. Klar ist aber wohl, dass Pferde eine besondere Wirkung auf Menschen haben. Der Reiter ist nicht nur mit sich im Reinen, wenn er bei seinem Pferd ist, das Pferd und das Reiten tragen auch zur Persönlichkeitsbildung des Reiters bei. „Der enge Kontakt mit dem Tier erfordert ein hohes Maß an Einfühlungsvermögen und Sensibilität für die feine Körpersprache der Pferde. Diese Fähigkeiten kommen Reitern im Umgang mit anderen Menschen zu Gute“, sagt Soenke Lauterbach, Generalsekretär der FN.
Diese Fähigkeiten sind vielleicht Fluch und Segen zugleich, denn häufig habe ich das Gefühl, dass sich Reiter im Alltag mehr Gedanken um Zwischenmenschlichkeit, das Klima im Büro und die Kommunikation mit anderen Menschen machen als Nicht-Reiter. Reiter hören gut zu, analysieren und interpretieren andere und handeln dementsprechend überlegt. Wenn sie dann Zeit mit ihrem Pferd verbringen, seine Körpersprache lesen und ihm das geben, was es braucht, ist das einfacher, als den Kollegen, den Freunden und der Familie gerecht zu werden. Pferde lassen sich leichter lesen, haben weniger Facetten, die erkannt werden müssen – lassen weniger Handlungsspielraum zu. Pferde zeigen häufig klar, was sie zum Glücklichsein brauchen. Diese Kommunikation mit dem für Nicht-Reiter nicht verständlich handelnden Pferd macht uns zufrieden, und diese echte, offene Art – in all dem Wust von komplexen Verhältnissen – macht einen glücklich.
Sind wir jetzt Freaks, die mit Menschen und den alltäglichen Problemen nicht klarkommen? Ich denke nicht. Wir haben einfach einen guten Weg gefunden, das Leben zumindest in unserer Freizeit noch von der leichten, unkomplizierten Seite zu sehen.
Egal ob Therapie oder nicht – tun Sie, was Sie glücklich macht, und hören Sie genau hin, was Ihr Pferd glücklich macht. Denn so therapiert der eine den anderen.
Herzliche Grüße
Lara Wassermann
Leitende Redakteurin Mein Pferd
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