Text: Inga Dora Schwarzer      Foto: Sandra Reitenbach/ Kosmos 

Die Fitness des Pferdes richtig einzuschätzen ist oft schwierig. Doch es gibt fünf Faktoren, anhand derer jeder Reiter den Leistungsstand ermitteln kann. Ist die aktuelle Kondition bekannt, helfen ein individueller Trainingsplan und eine objektive Pulskontrolle, die Fitness gezielt zu verbessern

Haben Sie schon mal ein Fitnessstudio besucht? Dann wissen Sie, dass zunächst ein gründlicher Gesundheitscheck durchgeführt wird, bevor Sie Gewichte stemmen, sich aufs Rudergerät setzen oder auf dem Crosstrainer ins Schwitzen kommen. Denn erst, wenn die aktuelle Leistungsfähigkeit ermittelt ist, kann ein effektiver Plan für das Training erstellt werden. Für das Pferd gilt dasselbe. Ist die Startposition gut definiert, lässt sich seine Fitness planmäßig steigern. Das oberste Ziel dabei ist, die physiologischen Grundlagen und den Stoffwechsel so zu entwickeln, dass Ihr vierbeinige Sportpartner den gewünschten Anforderungen bei minimiertem Verletzungsrisiko problemlos standhält.

Motorische Fähigkeiten

„Wenn wir ein Pferd in unserer Obhut haben und es sportlich nutzen, ist es unsere Aufgabe als Reiter, dafür zu sorgen, dass es gesundheitlich fit bleibt und die zusätzliche Belastung als Reitpferd aushält, ohne Schaden zu nehmen – psychisch wie physisch. Viele Probleme lassen sich durch ein kontinuierliches, zielgerichtetes und ganzheitliches Fitnesstraining lösen, wenn nicht sogar präventiv vermeiden“, meint die Pferdephysiotherapeutin Katrin Obst aus Mettmann in Nordrhein-Westfalen.

Fitness beschreibt den aktuellen Zustand der körperlichen Leistungsfähigkeit in den Bereichen Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit, Beweglichkeit und Koordination. Kondition bezieht sich auf das Zusammenspiel dieser fünf motorischen Grundfähigkeiten. Im Fitnesstraining geht es um eine gezielte Belastung von Muskelgruppen, um diese in ihren Fähigkeiten an ansteigende Anforderungen anzupassen und somit das individuelle Leistungsniveau zu erhöhen. „Für ein rundum gesundes und fittes Pferd müssen wir jedem Bereich die Aufmerksamkeit geben, die er braucht, dabei aber die individuellen Besonderheiten unseres Vierbeiners berücksichtigen“, erklärt die Expertin. Je nach Ziel kann der Hauptfokus mehr auf dem einen oder dem anderen Aspekt liegen. „Das kann der Aufbau von mehr Ausdauer sein, die Verbesserung von Lektionen durch mehr Kraft und Beweglichkeit, aber auch die Gewichtsreduktion“, berichtet Katrin Obst.

Doch nicht jede Fähigkeit lässt sich gleich gut erhöhen. So ist beispielsweise die Schnelligkeit am stärksten genetisch vorgegeben und nur bedingt zu steigern. „Es ist festgelegt, wie viele Muskelzellen Ihr Pferd hat und welchem Typ sie überwiegend entsprechen“, sagt sie und erläutert in ihrem Buch „Fit mit Obst“ den Unterschied zwischen Kalt- und Vollblüter. „Da diese Pferde für unterschiedliche Einsatzgebiete gezüchtet wurden, haben sie genetisch fixiert auch unterschiedliche Anteile an Muskelfasern. Der Kaltblüter kann ausdauernde und schwere Arbeit verrichten, der Vollblüter ist auf kurze, schnelle Belastung ausgelegt. Niemand würde auf die Idee kommen, mit einem Shire Horse Distanzsport zu reiten oder mit einem Araber Holz zu rücken.“ Anders sieht es mit den Komponenten Kraft und Ausdauer aus. Sie lassen sich durch Training bei jedem Pferd deutlich verbessern.

Abhängigkeiten im Training

Wie weit der Reiter die spezielle Kondition seines Pferdes trainieren kann, hängt auch vom Alter sowie vom jeweiligen Gesundheitszustand und Ausbildungsstand ab. „Ein junges, noch nicht gerittenes Pferd ist vielleicht konditionell fit, wenn es tagtäglich auf großen Wiesen läuft und viel mit Artgenossen spielt. Aber Koordination und Kraft sind noch nicht gut entwickelt. Nach einer Kolik-Operation kann ein erwachsenes Pferd nach einem halben Jahr möglicherweise wieder als fit bezeichnet werden. Wenn man es aber mit einem gesunden Pferd gleichen Alters vergleicht, ist es weniger fit. Bei alten Pferden heißt es oft: Für einen 20-Jährigen ist der noch richtig fit“, nennt die Expertin ein paar Beispiele. Fitness wird also individuell verschieden definiert.

Mehr Informationen zu diesem Thema finden Sie in der neuen Mein Pferd- Ausgabe.

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