Erfolgreiche Para-Athleten reiten auf höchstem Niveau – und finden das ganz normal. Sie verstehen es, ihre körperlichen Handicaps mit viel Körpergefühl und Know-how auszugleichen. Wie gesunde Reiter vom Blick über den Tellerrand profitieren, erklären zwei Experten aus dem Para-Sport
Seit 2006 ist Para-Equestrian die achte Disziplin im Weltreiterverband FEI. Die Reiter werden aufgrund der Schwere ihrer Handicaps in fünf sogenannte „Grades“ eingeteilt. Für die verschiedenen Startklassen existieren eigene Aufgaben. So soll sichergestellt werden, dass „vergleichbare“ Einschränkungen zu „vergleichbaren“ Leistungen führen. Bei der Beurteilung wird viel Wert auf das korrekte Reiten, die Linienführung, die Einwirkung des Reiters und die Losgelassenheit des Pferdes gelegt. In den Küren ist es in allen Startklassen möglich, höhere Dressurlektionen zu zeigen. Allerdings gibt es aus Sicherheitsgründen bestimmte Einschränkungen.
Para-Sport: Grade I
Hier reiten die am schwersten gehandicapten Reiter. Die Athleten sind hauptsächlich Rollstuhlbenutzer, entweder mit geringer Rumpfbalance oder mit begrenzten Arm- und Beinfunktionen. Athleten mit komplett fehlender Rumpfbalance bzw. Koordinationsfähigkeit, aber guten Armfunktionen sind ebenfalls in dieser Klasse startberechtigt. Geritten werden die Prüfungen ausschließlich im Schritt, dabei werden u. a. Volten, Zirkel, Halten und Mittelschritt verlangt.
Para-Sport: Grade II
Hier starten meistens Rollstuhlbenutzer mit starken Einschränkungen der Beinfunktionen und der Rumpfbalance. Meist sind auch die Funktionen bzw. Koordinationsfähigkeiten des Oberkörpers und/oder der Arme stark begrenzt. Die Prüfungen bestehen aus Schritt- und kleineren Trabsequenzen. Zu den Lektionen zählen z. B. Schritt-Trab-Übergänge, Volten, Zirkel, Schlangenlinien und Schenkelweichen.
Para-Sport: Grade III
Rollstuhlbenutzer mit Einschränkungen der Beinfunktionen und/oder der Rumpfbalance, aber mit guten bis nur leicht behinderten Armfunktionen starten in Grade III. Ebenso dürfen Athleten mit einseitiger Funktionseinschränkung in Arm, Rumpf und Bein in dieser Klasse an den Start gehen. In den Prüfungen wird Schritt und Trab geritten. Volten, Zirkel, Schlangenlinien, Schenkelweichen, Rückwärtsrichten, Kurzkehrt und Mitteltrab gehören zu den Standard-Lektionen. In der Kür sind weitere Lektionen wie beispielsweise Trabtraversalen und vereinzelte Galopplektionen erlaubt, jedoch keine Galopppirouetten.
Para-Sport: Grade IV
Die Athleten in Grade IV können in der Regel ohne Unterstützung gehen. Sie haben Behinderungen entweder an einem Arm oder einem Bein, mäßige Behinderungen an beiden Armen und Beinen oder schwere Behinderungen der Arme. Sportler, die blind sind oder mentale Einschränkungen haben, sind ebenfalls in dieser Klasse vertreten. Die Prüfungen bestehen aus Schritt-, Trab- und Galoppsequenzen und entsprechen in etwa den Anforderungen der Klasse A und L im Regelsport (u. a. Schlangenlinien, Schulterherein, Rückwärtsrichten, Kurzkehrt, versammelter Trab und Galopp, Mittelgalopp).
Para-Sport: Grade V
Reiter in Grade V haben Behinderungen nur in einer oder zwei Gliedmaßen oder eine eingeschränkte Sehfähigkeit. Eine Behinderung der Hand oder auch das Fehlen einer Hand berechtigt genauso zum Start in dieser Klasse wie das Fehlen eines Unterschenkels oder geschwächte Muskelfunktionen. Sie absolvieren Aufgaben vergleichbar zur Dressur der Klassen L bis M im Regelsport. Die Prüfungen bestehen aus Schritt-, Trab- und Galopptouren (u. a. versammelter und starker Trab, Außengalopp, einfacher Galoppwechsel, Schulterherein, Traversale). Die Kür darf auch schwere Lektionen enthalten, wie z. B. Dreier- und Vierer-Wechsel sowie halbe Galopppirouetten. Piaffe und Passage sind hingegen nicht erlaubt.
Mehr Infos:
Para-Turniere werden vom Deutschen Kuratorium für Therapeutisches Reiten organisiert. Der gemeinnützige Verein agiert deutschlandweit als Fachverband. Das DKThR ist Anschlussverband der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) und Spitzenverband für den Pferdesport im Deutschen Behindertensportverband (DBS). Wer mehr über den Para-Pferdesport erfahren möchte, ist hier an der richtigen Adresse: www.dkthr.de.
Text: Inga Dora Schwarzer Foto: Diana Wahl