Text: Dominique Wehrmann          Foto: Vanessa Pokorra

Früher war das Reiten mit nur einer Hand die normalste Sache der Welt. Heute ist es aus Dressuraufgaben verschwunden und auch im Training in Vergessenheit geraten. Schade, denn es ist eine sehr wertvolle Hilfe

Was aber, wenn es nicht klappt? Ann-Kathrin Lindner hat die Erfahrung gemacht, dass selbst ihre Grand-Prix-Pferde sich anfangs heraushoben. Das sei normal, tröstet Bundestrainerin Theodorescu. „Das passiert mir auch! Aber man muss ja nicht immer nur das machen, was zu 100 Prozent klappt!“ Zumal schon der Versuch sich positiv auswirkt, wie die Grand- Prix-AusbilderinUta Gräf immer wieder feststellt. Sie unterrichtet auch die Idee gekommen, regelmäßig mit nur einer Hand zu reiten. Aber jetzt ist es für sie sozusagen ihr täglich Brot, die Selbsthaltung ihrer Pferde immer wieder zu überprüfen, indem sie ab und zu eine Hand vom Zügel nimmt.

Sonderfall Working Equitation

Gräfs Mann Stefan Schneider hat als Working-Equitation-Reiter hingegen gar keine andere Wahl. Er muss bei seinen Turnieren stets einhändig reiten. Und zwar, anders als oben erläutert, immer mit derselben Hand. Würde er die Hand während der Prüfung wechseln, würde er disqualifiziert. Da er Rechtshänder ist, hat er die Zügel in der linken Hand, um die rechte frei zu haben zum Toreöffnen, Ringeaufspießen und was sonst noch so verlangt wird von den Working-Equitation-Reitern, deren Disziplin sich, wie der Name schon sagt, aus der Arbeitsreiterei entwickelt hat und die sich zunehmender Beliebtheit erfreut. Schneider unterrichtet auch.

Wenn seine Schüler das Reiten mit einer Hand lernen sollen, sollen sie damit beginnen, zunächst beidhändig die Hände so eng wie möglich zu führen. Dann lässt er sie gewissermaßen ein Viereck im Viereck reiten, also immer auf dem zweiten oder dritten Hufschlag, um sicherzugehen, dass die Pferde sich auch ohne die Anlehnung an die Bande ausbalancieren. Eine andere Möglichkeit ist es, immer an den Mitten der Seiten, also bei A, C, B und E abzuwenden und auf die nächste Seitenmitte zuzureiten. Wenn das auch bei enger Zügelführung gut klappt, geht es auf den Zirkel. Der soll – noch immer mit beiden Händen am Zügel – nun möglichst nur mit Gewichtshilfen verkleinert werden, und die Hände sollen eng beieinander über dem Widerrist bleiben. Funktioniert auch das, nimmt der Reiter die Zügel in eine Hand. Stefan Schneider: „Das Pferd darf dabei keinen Unterschied merken.“ Am besten beginnt man damit auf geraden Linien und nimmt dann nach und nach Wendungen und Seitengänge dazu. Stefan Schneiders Erfahrung nach dauert es ca. ein halbes Jahr, bis man alle dem Pferd bekannten Lektionen nur mit einer Hand reiten kann – vorausgesetzt, das Pferd ist auf zwei Zügeln korrekt ausgebildet worden und lässt sich mit feinen Hilfen und gleichmäßiger Anlehnung durchs Genick reiten.

In der Working Equitation ist nicht nur vorgeschrieben, dass man die Zügel immer in derselben Hand halten muss. Auch die Anzahl der Finger, die zwischen den Zügeln liegen dürfen, ist limitiert. Stefan Schneider rät dazu, die Zügel anfangs mit vier Fingern Platz laufen zu lassen. In seiner Disziplin sind später nur noch zwei Finger erlaubt. Aber je mehr Finger man hat, desto einfacher ist es für den Anfang, noch mal differenziert den linken oder rechten Zügel zum Einsatz zu bringen.

Doch wie Julia Thut ja bereits anmerk- te: Auf Trense sollte man sowieso nur so lange die zweite Hand vom Zügel nehmen, wie das Pferd sicher in Takt, Tempo, Anlehnung, Stellung und Biegung bleibt. Noch ein Tipp von Uta Gräf für die Vorbereitung: die Zügelbrücke. „Damit kann ich gar nicht anders, als die Hände auf einer Höhe zu lassen und eben auch nicht zu breit zu führen.“ Man beginnt damit, die Hände wie üblich beidseitig des Mähnenkamms zu führen, und macht die Zügelbrücke immer ein Stückchen schmaler, bis man schließlich die Hände zusammenhalten kann und die Zügelhilfen nur noch mit den Fingern gibt. Dann ist der Schritt bis zum einhändigen Reiten nicht mehr groß. Einfach mal ausprobieren, wenn sich das Pferd gut anfühlt und man innen schon problemlos überstreichen kann!

Den kompletten Artikel finden Sie in der aktuellen Mein Pferd- Ausgabe.

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