Kommen Sie mit uns vom Hölzchen auf’s Stöckchen: Mit Stangen und Cavaletti lässt sich so viel anstellen! Immer neu und clever kombiniert bringen die Hölzer Schwung in die Winterarbeit und fördern das Pferd körperlich und geistig
Husten, Schnupfen oder doch Fieber?
Nein, im Reiterwinter ist eine ganz andere Krankheit am meisten gefürchtet: der Hallenkoller. Pferd und Reiter sind bereits lustlos, wenn sie die Reithalle betreten, sie kommen im Training nicht mehr voran und scheinen sich im wahrsten Sinne des Wortes nur noch im Kreis zu drehen. Zum Glück gibt es eine einfache und sehr wirkungsvolle Medizin. Das Zauberwort heißt „Abwechslung“. Mit Stangen- und Cavaletttiarbeit können Sie frischen Wind in die Reithalle bringen und ganz nebenbei neue körperliche und geistige Herausforderungen für sich und Ihr Pferd schaffen. „Deswegen ist Stangenarbeit so toll: Sie ist vom Grand-Prix- bis zum Freizeitpferd für alle Tiere geeignet, völlig unabhängig von der Reitweise“ erklärt Rolf Grebe (www.rolf-grebe.de). Heute wurden auf dem Gestüt Platte (www.platte.de) für Rheinländerin Lilli und Westfale Colonel die bunten Stangen zu vielfältigen Kombinationsmöglichkeiten zusammengelegt. Der Pferdewirtschaftsmeister baut Stangen- und Cavalettiarbeit etwa einmal pro Woche in das Training ein.
Fotocredit IMAGO/ManfredGrebler
Auf Abwechslung kommt es an
Alle Übungen mit Stangen und Cavaletti lassen sich sowohl im Dressursitz als auch im Entlastungssitz reiten. „Denn selbst ein Satz über eine Stange ist ja nichts anderes als ein verlängerter Galoppsprung“, erklärt Rolf Grebe. „Variieren Sie immer wieder in Ihrer Haltung.“ Das gilt auch für die Zügel- führung. „Sowohl relative Aufrichtung – das ist die Aufrichtung eines Pferdes, das sich selbst trägt – als auch Dehnungshal- tung sind richtig und sinnvoll, solange sie immer wieder abgewechselt werden.“ Natürlich sollten Sie sich an Ausbildungs- stand, Trainingszustand und Alter Ihres Pferdes orientieren. Unerfahrenere, jüngere Pferde tun sich zu Beginn meist in Dehnungshaltung und mit einem Reiter im Entlastungssitz leichter. Angehende Profis gehen auch in Anlehnung und mit einem Reiter im Dressursitz ganz entspannt über die Stangen. „Bei Jungpferden beginne ich schon recht früh mit der Stangenarbeit an der Hand und der Longe. Unter dem Sattel sollte das Pferd in jedem Fall sicher Ganze Bahn und Zirkel gehen und problemlos alle drei Grundgangarten beherrschen“, rät Rolf Grebe. Die von uns vorgestellten kombinierten Aufgaben können Sie bei Bedarf immer in einfacher Variante reiten oder in Einzelübungen zerlegen. Gestalten Sie die Trainingseinheiten lieber kurz und knackig. „Ich empfehle 25 bis 45 Minuten, nicht länger“ sagt, der Experte „Selbst wenn die Pferde körperlich noch mitmachen, lassen die meisten mental nach.“
Lassen Sie der Fantasie freien Lauf
Unsere Übungen sind Anregungen, aber natürlich sollten Sie auch selbst kreativ werden! Legen Sie die bunten Stangen immer wieder neu zusammen und setzen Sie im Training verschiedene Schwerpunkte. Mit dieser Medizin im Gepäck beugen Sie dem Hallenkoller effektiv vor, und Husten und Erkältung bleiben die einzigen Krankheiten, die Sie eventuell fürchten müssen.
PLATZ DA!
Ein Pony braucht bei der Stangenarbeit andere Abstände als ein Kaltblut. Auch Gangart und Gangkraft des Pferdes bestimmen den Platz zwischen den Stangen. Hier finden Sie als Orientierungshilfe die Abstände für ein durchschnittlich großes Warmblut: am äußeren rand des Stangenfächers werden die tritte verlängert Schritt: 80 Zentimeter Trab: 110 bis 130 Zentimeter Galopp: 240 bis 350 Zentimeter
Rhythmus & Balance
Legen Sie in der linken, oberen Ecke der Halle vier Stangen zu einem Quadrat zusammen. Auf dem unteren Zirkel verteilen Sie jeweils gegenüberliegend zwei Stangen und zwei Cavaletti an X und A sowie an den Zirkelpunkten. Sie starten, indem Sie im Schritt auf der rechten Hand über das Quadrat auf die kurze Seite zureiten. Bei A traben Sie an und reiten die lange Seite im Schulterherein hinunter. „Wem das noch zu schwierig ist, der kann das Schulterhe- rein im Schritt versuchen“, empfiehlt Rolf Grebe. Galoppieren Sie bei C an und gehen Sie eine Runde Ganze Bahn, wobei Sie an der langen Seite die Galoppsprünge verlängern und an der kurzen Seite das Tempo herausneh- men. Wenn Sie wieder an das untere Hallenende gelangen, galoppieren Sie eine Zirkelrunde über die Stangen und Cavaletti. Hier kommt es darauf an, den richtigen Rhythmus zu finden, damit das Pferd problemlos und punktgenau über die Stangen setzen kann. „Die Pferde tun sich meistens anfangs leich- ter, wenn sie einen möglichst großen Zirkel gehen dürfen, das heißt, am äußeren Ende der Stangen und Cavaletti galoppieren. Der Schwierigkeitsgrad steigt, wenn man einen engeren Zirkel galoppiert, weil das Pferd sich versam- meln und die Sprünge verkürzen muss“, sagt der Trainer. „Wer es noch ein bisschen komplizierter haben möchte, kann die Cavaletti zunächst auf halbe, dann auf ganze Höhe aufstellen.“
Gebogen und Gerade
Bei X werden zwei Stangen zu einer Gasse nebeneinandergelegt. Bei E befindet sich eine Stange auf dem zwei- ten Hufschlag. Auf dem oberen Zirkel werden vier Stangen ebenfalls auf dem zweiten Hufschlag fächerartig platziert. Reiten Sie zwischen den beiden Stangen in der Hallenmitte ein und halten Sie Ihr Pferd genau bei X an. Traben Sie dann aus dem Stand an und reiten Sie durch die Mitte der Bahn geradegerichtet auf C zu. Biegen Sie dort auf die linke Hand ab und reiten Sie an der rechten langen Seite eine einfache Schlangenlinie, bei der Sie wieder durch die Stangengasse bei X kommen. Am oberen Hallenende drehen Sie eine große Runde auf dem Zirkel, bei dem Sie die Gasse als Trab- stangen einbeziehen und dann gestellt und gebogen über den Stangenfächer reiten. „Der Fächer ist deswegen so flexibel einsetzbar, weil man ihn den Fähigkeiten seines Pferdes anpassen kann, ohne die Stangen bewegen zu müssen“, sagt Rolf Grebe. „Pferde mit kleinem Rahmen können eher innen über die engeren Abstände laufen, Pferde mit großem Rahmen weiter außen. Fortgeschrittene Reiter und Pferde können den Fächer nutzen, um die Tritte ganz bewusst zu verkürzen oder zu verlängern.“
Wendungen
Spielen Sie Kombinationskünstler: An ein Stangenquadrat in der linken oberen Ecke können Sie noch zwei Stangen anlegen, so dass eine L-förmige Gasse entsteht. Auf der Viertellinie der rechten langen Seite legen Sie zwei Stangen zu einer schmalen Gasse zusammen, direkt daneben, nahe der Hallenmitte, einen kleinen Fächer aus vier Stangen.
Schritt und Galopp