Text: Kerstin Niemann      Foto: Jacques Toffi 

Reitlehrer haben ein großes Repertoire an Sprüchen, um dem Reiter klarzumachen: Das kannst du besser! Doch sind Korrekturen wie „Kopf hoch, Hacken tief!“ wirklich hilfreich? Was steckt hinter diesen Kommandos, und wie gelingt es dem Reiter, seinen Sitz zu verbessern?

Kreuz anspannen, Oberkörper zurück!

Dreh- und Angelpunkt des guten Sitzes ist die Mittelpositur. Sie muss locker sein und den Bewegungen des Pferderückens folgen. Doch wie viel Spannung ist gut?

So bringen Sie „Schwung in die Sache“

Das Ziel aller Anweisungen für die Mittelpositur ist es, dass der Reiter mit positiver Spannung den Bewegungen des Pferdes folgt. Wenn die Reitermitte fest ist, wird auch der Pferderücken fest. Eine wesentliche Maßnahme kann sein, dass der Reiter sein Selbstbild überprüft: Wie sitzt er auf dem Pferd, sieht sein Reiten so aus, wie es sich anfühlt? Dr. Julia Schmidt weist darauf hin, dass „zu viel muskuläre Spannung aus dem beruflichen Alltag zu Dysbalancen führt, die auch die Mittelpositur steif werden lassen.“ Für gute Vorbereitung plädiert Janine Weber: „Man kann sich beim Putzen von einem Bein aufs andere stellen, Kniebeugen beim Bürsten der Beine einbauen und so weiter“, beschreibt sie. Oder sich schon tagsüber mal für ein paar Minuten auf den sogenannten Balimo setzen.

Das ist gemeint

Das Reiterbecken muss den Bewegungen des Pferdes in sechs Richtungen folgen: nach vorne und hinten, rechts und links sowie nach oben und unten. Dies nennt man dreidimensionales Bewegen. In der Mittelpositur nimmt der Reiter die Bewegungen des Pferdes auf und lässt sie durch seinen Körper in Richtung Absatz und Kopf hindurchfließen. „Kreuz anspannen“ ist leider eine typisch abgekürzte Formulierung, die auch das Gegenteil auslösen kann, das heißt, der Reiter verkrampft. Besser ist es, darauf hinzuweisen, dass der Reiter „reaktiv“ reiten muss, das heißt, er muss mitmachen, was das Pferd vorgibt. Dieses Gefühl zu schulen sollte im Vordergrund jeder Korrektur stehen.

Aufwärmen ist verpönt

„Man muss anerkennen, dass sich Aufwärmtraining im freizeitlichen Reitsport einfach nicht durchsetzt“, ist sich Dr. Julia Schmidt sicher. Die Ärztin hat trotzdem ein Trainingsprogramm entwickelt, bei dem man nach zehn Wochen Effekte spüren sollte: „Der Rückenstrecker, der Hüftbeuger und die Adduktoren stehen im Mittelpunkt.“ Gleichgewicht und Ausdauer werden ebenfalls mit speziellen Übungen trainiert. Sie will mit diesem Pilotprojekt herausfinden, ob durch gezieltes Training die reiterlichen Fähigkeiten sichtbar verbessert werden können. Mehr Infos und Termine dafür finden Sie unter www.uke-athletikum.de.

Sofortmaßnahmen für eine mitschwingende Mittelpositur

• Nutzen Sie die bereits gesicherten Erkenntnisse aus der Bewegungslehre und lockern Sie Ihr Becken während des Schrittreitens, indem Sie sich auf eine Franklin-Rolle setzen.

• Wenn Ihr Pferd dafür brav genug ist (sonst lassen Sie sich für drei bis fünf Runden führen): Werfen Sie Bälle oder Handschuhe in die Höhe und fangen Sie sie wieder auf. Die Konzentration darauf lässt Sie ganz locker und entspannt den Bewegungen des Pferdes folgen, und zwar ganz unbewusst!

• Bringen Sie Ihren eigenen, eventuell festgefahrenen Rhythmus auf verschiedene Arten durcheinander: Traben Sie mal für eine lange Seite oder auch eine Runde auf dem falschen Fuß leicht. Sitzen Sie rhythmisch drei Trabtritte aus, und dann stehen Sie einmal nicht für nur einen, sondern auch für zwei oder drei Trabtritte auf. Oder Sie reiten in der Lösungsphase „Leichttraben im Galopp“ – Ihrer Kreativität und Experimentierfreude sind keine Grenzen gesetzt!

Mehr dazu erfahren Sie in der aktuellen Mein Pferd- Ausgabe.

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