Schenkelhilfen funktionieren über antrainierte Bewegungsreflexe. In unserer großen Serie mit Olympiasieger Klaus Balkenhol wird die Reitkunst verständlich wie noch nie erklärt: Die Mein Pferd Reitstunde.

Pferde sind keine Schnitzel. Man muss sie nicht kräftig klopfen, damit sie gut werden. Leichter Schenkeldruck reicht. Zumindest, wenn sie gut ausgebildet sind. Doch wieso ist das eigentlich so? Gibt es am Pferdebauch einen Knopf, den die Reiterschenkel aktivieren? Oder ein angeborenes Wissen über Schenkelhilfen? Nein. Dafür aber jede Menge Lernbereitschaft.Diese funktionieren über antrainierte Bewegungsreflexe. Das bedeutet: Über kurz oder lang versteht jedes Pferd, dass es sich bei beidseitigem Druck der reiterlichen Unterschenkel in Bewegung setzen soll. Schließlich folgt die Belohnung sofort. Der Druck lässt nach, sobald es antritt.

Bleibt es stehen, verstärkt der Reiter den Schenkelimpuls oder setzt zusätzlich die Gerte an der Kruppe ein. Das Anreiten erfolgt über vorwärtstreibende Schenkelhilfen. Das ist die erste Variante der insgesamt drei Schenkelhilfen. Dabei liegen die Unterschenkel des Reiters direkt am Sattelgurt oder kurz dahinter.

Schenkelhilfen
Treiben im Schritt: Die Schenkel werden wechselseitig eingesetzt

Schenkelhilfen erklärt

Im Schritt wirken die Schenkel abwechselnd, der Schrittbewegung folgend, ein. Was nicht heißt, dass erst das rechte und dann das linke Bein schwungvoll vor den Pferdebauch prallt. Verschwendete Energie. Das Pferd holt sich ganz von selbst die vorwärtstreibende Schenkelhilfe ab. Im Schritt schwingt der Pferdebauch von einer Seite zur anderen. Besonders gut zu sehen bei trächtigen Stuten. Aber auch schlanke Pferde wölben den Rumpfbereich und drängen dadurch auf einer Seite stärker gegen den Schenkel des Reiters. Der muss gar nicht mehr machen, als die Beine ruhig und ohne Druck am Sattelgurt zu halten. Im Trab und im Galopp schwingen Pferde nicht so ausgeprägt von einer Seite zur anderen.

In diesen Gangarten erfolgt der vorwärtstreibende Schenkeldruck beidseitig. Das gilt natürlich nicht für die zweite Variante der Schenkelhilfen. Es ist die vorwärts-seitwärts- treibende Schenkelhilfe. Sie ist immer einseitig. Der Schenkel arbeitet hierbei aktiv eine Handbreit weit hinter dem Sattelgurt. Manchmal sind es auch zwei Handbreit. Abhängig von Satteltyp, Beinlänge des Reiters und Lektion. Dabei darf der Schenkel nicht hochgezogen werden. Aber was bewirkt nun der seitwärts treibende Schenkel? Ganz einfach: Treibt der rechte Schenkel, bewegt sich das rechte Hinterbein des Pferdes nach links. Setzt der Reiter den linken Schenkel ein, dann tritt das linke Hinterbein nach rechts.

Schenkelhilfen
Im Trab wird gleichzeitig mit beiden Schenkeln getrieben.

Hier kommt nun auch die dritte Schenkelhilfe, die verwahrende Schenkelhilfe, ins Spiel. Auch hierbei liegt der Schenkel ein bis zwei Handbreit hinter dem Gurt. Und zwar passiv. So erfüllt diese Hilfe gleich zwei Funktionen: Sie kann den Schwung des seitwärts- treibenden, aktiven Schenkels abfangen und dafür sorgen, dass die Hinterbeine des Pferdes beispielsweise auf dem Zirkel der Spur der Vorderbeine folgen. Ohne die verwahrende Schenkelhilfe würde die Hinterhand des Pferdes ausfallen, das heißt: nach außen driften. Freiwillig biegen sich Pferde nicht gerne. Das ist, wie bei uns Menschen, schließlich anstrengend. Eine an- gemessene Biegung ist aber wichtig, um ihren Körper auf gesunde Weise zu gymnastizieren.

Und die Sporen?

Zum Schluss noch ein Wort zum Reiten mit Sporen: Ein richtiger Reiter kommt nicht ohne aus, denken viele Anfänger. Tatsächlich sieht man Berufsreiter selten ohne. Warum? Weil Sporen die Schenkelhilfen ergänzen und eine noch feinere Hilfengebung ermöglichen. Aber nur, wenn sie richtig eingesetzt werden. Bedingung ist ein ausbalancierter Sitz. Genau wie Sensibilität und Präzision. Erst wenn er dies be- herrscht, hat sich ein Reiter die Sporen verdient.

Probleme und Lösungen

Schenkelhilfen
Häufige Fehler. Segelfüße entstehen, wenn der Reiter das Gesäß zu sehr anspannt

Treibende Hilfen beschleunigen das Pferd nur dann, wenn sie im richtigen Moment erfolgen: Dann, wenn das Hinterbein, das sich auf derselben Seite wie der treibende Schenkel befindet, entlastet ist. Schließlich kann dieses Bein nicht schwungvoll vorgreifen, wenn es gerade 600 Kilogramm Gewicht aufnimmt. Das gilt für alle Gangarten. Es gibt eine gute Übung, um ein Gespür für den richtigen Moment zu entwickeln: Bügel überschlagen und Beine locker hängen lassen. Sich nun auf die Berg- und Talfahrt des eigenen Beckens konzentrieren. Hebt sich die rechte Seite, nimmt das rechte Hinterbein des Pferdes Traglast auf. Senkt sie sich, ist das die Entlastungsphase des Beins und genau der Moment, in dem die Schenkelhilfe erfolgt. Auf der linken Seite funktioniert es ebenso.

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