Die Weidesaison ist eröffnet, die Pferde können es kaum abwarten, endlich zum langersehnten Grün zu kommen. Da wird der Gang Richtung Koppel oft zur Zerreißprobe, denn viele Pferde bedrängen den Menschen oder versuchen, sich loszureißen. Hier hilft nicht eine schärfere Ausrüstung sondern eine grundsolide Ausbildung. Mit unseren Übungen wird Ihnen Ihr Pferd am lockeren Strick mir respektvollem Abstand zur Weide folgen
Text und Fotos: Ilja van de Kasteele

Ein Pferd zur Weide führen? Über das Thema könnte ich höchstens zwei Seiten schreiben“, ist die eindeutige Aussage einer Kollegin. Eingeplant waren aber sechs Seiten. Nicht ohne Grund: Wer jemals einen Hengst, ein extrem ängstliches oder ein selbstbewusstes Pferd mit Strick und Halfter geführt hat, weißt, dass unterwegs zahllose Herausforderungen warten – rossige Stuten, die Gespenster im Gebüsch oder eben das saftige Grün zu Beginn der Weidesaison. Wer ein Pferd wirklich führen kann, braucht keine Meditation, denn ein Pferd zu führen erfordert Konzentration und Konsequenz, Aufmerksamkeit und stete Präsenz, innere Sammlung und absolute Gelassenheit.
Viele Menschen versuchen ein Pferd dabei physisch zu kontrollieren, durch den Einsatz von Gerten, Peitschen oder sogenannten Horsemansticks. Sie schnallen Führketten und Steiger-Gebisse ein. Aber ein Pferd geht durch alles durch, wenn seine innere Verfassung und/oder die äußeren Umstände es erfordern. Selbst der stärkste Mensch der Welt ist einem Pferd hoffnungslos unterlegen, wenn er nur seine Muskeln spielen lässt. Auf eine Kraftprobe muss man es auch nicht ankommen lassen, denn es ist viel einfacher, ein Pferd so zu führen, dass es für alle Beteiligten entspannend und sicher ist. Denn Pferde wollen ihrer Natur gemäß nur eins: folgen. Wer führt, trägt unglaublich viel Verantwortung. Er muss ständig wachsam sein, Entscheidungen zum Wohl aller treffen, auf sich selbst nahezu verzichten. Wer folgt, hat es wesentlich einfacher. Pferde lernen das Folgen sehr früh: Das Fohlen folgt seiner Mutter, die Mutter folgt der Herde, die Herde folgt dem Leittier.

Entspannt zur Weide

Möchten Sie Ihr Pferd entspannt zur Weide oder wo auch immer führen, müssen Sie lediglich zum „Leittier“ werden. Das ist im Grunde gar nicht schwer. Aber es erfordert ein radikales Umdenken und den Bruch mit vielen Gewohnheiten. Pferde sind keine Diplomaten – sie verhandeln nicht. Für sie gibt es nur ja oder nein, kein vielleicht. Sie müssen also bei den vorgestellten Übungen immer klar sein. Klar in Ihrer inneren Haltung und in Ihrer Körpersprache. Pferde leben immer im Hier und Jetzt. Sie denken nicht daran, was gestern passiert ist und welche Auswirkungen das morgen haben wird. Das hört sich furchtbar kompliziert an, ist es aber nicht. Sie sparen das Geld für Yoga- oder Selbstfindungsseminare, wenn Sie sich bei so etwas vermeintlich Einfachem wie dem Führen eines Pferdes wirklich auf die Sache einlasen.

Fehler sind erlaubt

Was wichtig ist: Fehler sind erlaubt. Versuchen Sie nicht, sich selbst oder ihr Pferd immer wieder darauf zu kontrollieren, ob es gut klappt. Korrigieren Sie nicht jeden kleinsten Fehler und ärgern Sie sich nicht darüber. Der Abstand zwischen Ihnen und Ihrem Pferd muss nicht immer auf den Zentimeter genau gleich sein.
Pferde sind keine Dogmatiker, sie verzeihen sehr viel. Entscheidend bei allen Dingen, die Sie mit Ihrem Pferd machen, sind folgende Punkte: 1. Werden Sie niemals persönlich. Egal, was Ihr Pferd macht, es meint niemals Sie als Individuum sondern würde auf jeden Menschen, der sich wie Sie verhält, gleich reagieren. 2. Werden Sie niemals zornig. Wenn etwas nicht sofort gelingt, fragen Sie sich, woran es liegen könnte. Geben Sie sich und Ihrem Pferd Zeit. 3. Üben Sie niemals Dauerdruck aus – das verstehen Pferde nicht. 4. Üben Sie niemals Druck in Richtung des Pferdekörpers aus.

… den gesamten Artikel finden Sie in unserer aktuellen Ausgabe Mein Pferd 05/2017!

Hier ein hilfreiches Video, wie Sie Ihr Pferd zur Weide führen.

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