Text: Aline Müller | Foto: Holger Schupp
Erste Springerfahrungen sollten Pferde ohne Reitergewicht machen. So fällt es ihnen leichter, den komplexen Bewegungsablauf zu lernen und die Balance zu finden. Freispringen ist jedoch nicht nur als Vorbereitung auf die Springausbildung sehr wertvoll, sondern bringt auch Abwechslung in den Trainingsplan von Dressurpferden.
Mit gespitzten Ohren schaut sich Merlin in der Reithalle um. An der langen Seite steht eine kleine Gymnastikreihe. Während Lea, seine Besitzerin, den vierjährigen Reitponywallach an der Longe aufwärmt, platziert eine Freundin noch ein paar Trabstangen und ein Cavaletti ohne Kreuze auf dem Zirkel. Merlin schnaubt zufrieden und hat dabei die bunten Stangen stets im Blick. „Wir haben vor drei Monaten mit dem Freispringen einmal pro Woche angefangen und Merlin Schritt für Schritt an die Hindernisse herangeführt“, sagt Lea und fügt hinzu: „In der kurzen Zeit hat er sehr viel Selbstbewusstsein bekommen, und man merkt ihm die Freude am Springen richtig an. Ich kann jedem nur raten, junge Pferde mit dem Springtraining nicht zu überfallen, sondern ihnen Zeit zu geben, Erfahrungen ohne Reitergewicht zu sammeln.“
Die richtigen Vorbereitungen treffen
Freispringen ist nicht nur eine gute Vorbereitung auf das Springtraining, sondern bringt auch Abwechslung in den Trainingsalltag. Je nach Pferdetyp, Alter, Größe und Temperament können die Hindernisse und Aufgaben entsprechend gestaltet werden. Am Anfang sollte das Training regelmäßig, am besten einmal pro Woche, stattfinden. Dazu sind mehrere Helfer nötig, die auch gemeinsam vor dem ersten Freispringen die Hindernisse in der Halle komplett aufbauen. Anschließend werden die Stangen seitlich neben die Ständer gelegt und alle Auflagen entfernt, damit sich das Pferd nicht daran verletzt. Nutzen Sie Trassierband, um die Ständer zu verbinden. So entsteht eine Gasse. Denken Sie daran, vor dem ersten und nach dem letzten Hindernis noch jeweils drei bis fünf Meter mit dem Band abzutrassieren. So stellen Sie sicher, dass Ihr Pferd gerade über das erste Hindernis springt und am Ende nicht abrupt abwendet. Nicht jede Reithalle verfügt über Bandenständer. Falls diese nicht vorhanden sind, muss der Freiraum zwischen Bande und Ständer ausgefüllt werden. Dazu können Sie beispielsweise eine Stange nutzen. Gerade für junge oder unerfahrene Pferde ist es wichtig, dass der Weg versperrt und ein Ausbrechen verhindert wird. Vielen Pferden fällt es anfangs leichter, Richtung Eingang zu springen.
Niemals ohne Warm-up
Ein Kaltstart kann schwere Verletzungen nach sich ziehen. Aus diesem Grund sollte das Pferd vor dem Freispringen immer ausreichend aufgewärmt werden. Beginnen Sie mit zehn Minuten im Schritt. Sie können Ihr Pferd führen oder direkt mit der Longenarbeit anfangen. Anschließend nehmen Sie Trab und Galopp hinzu– auch hier reichen in etwa zehn Minuten. Für einige Pferd ist es hilfreich, vor dem Springen den Übermut abzubauen. Sie können Ihr Pferd auch frei laufen lassen, jedoch haben Sie dabei weniger Kontrolle, weshalb ein Aufwärmen an der Longe meist sinnvoller ist. Übergänge oder Tempo unterschiede erhöhen die Aufmerksamkeit. Junge, unerfahrene oder ängstliche Pferde sollten Sie zunächst im Schritt und Trab durch die Gasse beziehungsweise anschließend auch über ein Bodenrick führen. Lassen Sie sich Zeit und erlauben Sie Ihrem Pferd, die neue Umgebung zu erkunden. Nun folgt der nächste Schritt: Das Bodenrick wird erhöht und mit einer Absprungstange versehen. Das Pferd lernt nun, allein darüber zu springen. Wiederholen Sie den Vorgang auf beiden Händen, wobei die Absprungstange entsprechend gewechselt werden muss.
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